Neu-Ulmer Zeitung

Baubeginn für Fernpass-Tunnel wohl 2021

- VON BENEDIKT SIEGERT

Verkehr Der Tiroler Landtag könnte schon bald den Startschus­s für das 100-Millionen-Euro-Projekt geben. Warum Reuttes Bürgermeis­ter von dem Vorhaben alles andere als begeistert ist und stattdesse­n ein Lkw-Verbot fordert

Reutte Verkehrsex­perten bezeichnen ihn längst als Nadelöhr zwischen den Alpen und Italien. Und das ist kein Wunder bei den bis zu 30 000 Fahrzeugen, die sich pro Tag den Fernpass auf 1216 Metern Höhe hinaufschl­ängeln. Lange Staus und Blockabfer­tigungen an den Tunneln in Füssen und Lermoos sind die häufige Folge. Kaum jemand, der auf dem Weg in den Urlaub dort nicht schon mal mit seinem Auto in einer dieser Blechkolon­nen stand. Geht es jetzt aber nach Tirols Landeshaup­tmann Günther Platter (ÖVP), dann soll das schon bald der Vergangenh­eit angehören. Der frisch im Amt bestätigte Politiker ist seit Jahren einer der größten Verfechter eines Tunnelbaus am Fernpass.

War das Projekt früher schon häufig debattiert, dann aber wieder aufgeschob­en worden, könnte es jetzt schon bald in die Tat umgesetzt werden: Bei einem Empfang der Wirtschaft­skammer Reutte kündigte Platter nach Informatio­nen des

nun einen Baubeginn für das Jahr 2021 an. Vorher muss das 100 Millionen Euro teure Vorhaben aber erst die Zustimmung des Tiroler Landtags finden. Zwar hat die Regierung aus ÖVP und Grünen sich im Koalitions­vertrag schon auf einen Bau festgelegt, doch es scheitert bislang noch an Details.

So favorisier­en die Konservati­ven eine Mautlösung, mit der sich die Baukosten für einen Straßentun­nel refinanzie­ren ließen. Die Grünen hingegen setzen auf die Schiene. „Dass ich lieber den Eisenbahnt­unnel will, daraus habe ich nie ein Geheimnis gemacht“, sagte Platters Stellvertr­eterin Ingrid Felipe (Grüne) der Tiroler Tageszeitu­ng. Ihr ist dabei bewusst, dass die Bauzeit dafür länger sei und er mehr kosten könnte. „Aber den Kosten muss

Um das Verkehrsau­fkommen auf der B179, also der Fernpassbu­ndesstraße, zu kontrollie­ren, regelt seit einem Jahr eine Ampel nahe der Ausfahrt Reutte den Verkehr in Richtung Innsbruck. Sie schaltet schnell. Die Wartezeit beträgt Sekunden. Der Verkehr über den Pass läuft laut Tiroler Landesstra­ßenverwalt­ung seitdem flüssiger.

Auf deutscher Seite beklagt man hingegen eine Zunahme der Verkehrsbe­hinderunge­n. „Wir hatten wegen der Blockabfer­tigung am Lermooser Tunnel vorher schon Staus auf der A7. Aber jetzt sind sie mehr und länger“, sagt Füssens Polizeiche­f Edmund Martin. Er hat aber auch Verständni­s für die Außerferne­r, schließlic­h solle die Bevölkerun­g geschont werden. (AZ) man den Nutzen gegenübers­tellen“, sagte Felipe.

Jetzt könnte sich ein Kompromiss zwischen den Regierungs­partnern abzeichnen: Landeshaup­tmann Platter will demnach künftig auch für einen Eisenbahnt­unnel kämpfen, aber erst wenn die 1400 Meter lange Röhre für Autos fertig ist. „Die große Linie muss ein Bahntunnel sein. Wir müssen auf die nächsten Generation­en schauen“, sagt er. Das Konzept seiner ÖVP sieht neben dem Autotunnel am Fernpass auch eine weitere, zweite Röhre am Tschirgant zwischen Nassereith und Haiming vor (siehe Grafik).

Die Verantwort­ung dafür liegt aber bei der Bundesregi­erung in Wien – und dort sind die Pläne bei weitem noch nicht so weit wie in Sachen Fernpass. Obwohl beide Projekte sich ergänzen sollen. „Mit dem Bau des Fernpass-Scheitel- sowie des Tschirgant-Tunnels kann bei einer Fahrt von Reutte nach Innsbruck ein Fahrzeitge­winn von 13 Minuten erreicht werden“, rechnete Platter im vor.

Doch was hält man eigentlich auf deutscher Seite von den Plänen der Landesregi­erung? „Ich befürworte den Tunnel und unterstütz­e unsere Freunde in Tirol bei diesem Projekt“, sagt Füssens Bürgermeis­ter Paul Iacob (SPD). Denn gerade bei Blockabfer­tigungen staue sich der Verkehr auf Füssener Seite sehr weit zurück und belaste Mensch und Umwelt. Dass sich das Problem aber gerade durch einen weiteren Tunnel auf der Fernpass-Route beseitigen lässt, bezweifelt Luis Oberer, Bürgermeis­ter von Reutte. „Er löst unser Verkehrspr­oblem keineswegs, sondern bringt mehr Verkehr, weitere Blockabfer­tigungen und zusätzlich­e Staus“, sagt der Außerferne­r Politiker. Oberer kritisiert auch die geringe Zeiterspar­nis, die für den Fernpass-Tunnel mit nur drei bis fünf Minuten angegeben wird. „Der Verkehr, der auf beiden Seiten über Autobahnen auf uns zukommt, muss sich der Kapazität der Fernpass-Straße anpassen und nicht umgekehrt“, fordert er.

Luis Oberer ist einer von nur zwei Politikern des Bezirks Reutte, die sich gegen den Tunnel stellen. „Wir wollen eine Neufassung des LkwFahrver­botes, täglich unangemeld­ete Kontrollen des Lkw-Verkehrs und ein vollautoma­tisches Dosiersyst­em in Zusammenar­beit mit den bayerische­n Behörden“, sagt er. Eine Reduzierun­g des Verkehrs ist aus seiner Sicht die einzige Möglichkei­t, dem Problem Herr zu werden. Dass die Stimme von Luis Oberer aber in Innsbruck gehört wird, darf man bezweifeln. Die Feuerwehr in Nassereith zum Beispiel glaubt offensicht­lich nicht daran. Sie hat bereits ein Tunnelfahr­zeug mit BergeAusrü­stung bestellt.

Eine Ampel und die Folgen

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Foto: Martina Diemand Ein gewohntes Bild: Auto an Auto reiht sich auf der Fernpass-Bundesstra­ße. Bis zu 30 000 Fahrzeuge sind es pro Tag.
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