Neu-Ulmer Zeitung

Ein Talent feiert seinen Durchbruch

- VON MILAN SAKO

Eishockey-WM Nicht nur wegen seines ersten WM-Treffers wird dem 18-jährigen Moritz Seider eine große Karriere vorhergesa­gt. Eine Premiere feierte der Verteidige­r in Augsburg

Kosice Wie er da steht im Bauch der Steel Arena mit dem Helm unter dem Arm, verschwitz­tem Lockenkopf und druckreif die Analysen formuliert, gewinnen die Journalist­en den Eindruck: Hier spricht ein alter Hase. Moritz Seider ist ein gefragter Mann. Schließlic­h erhält er nach dem ersten WM-Einsatz der DEB-Mannschaft die Auszeichnu­ng als bester Spieler.

„Wenn man in 20 oder 25 Jahren zurückblic­ken kann und da so ein schönes Präsent stehen hat, dann ist das schon etwas“, kommentier­t der WM-Neuling die Trophäe. Nun ja, die Zeit für Rückblicke ist in seinem Fall noch nicht gekommen. Seider hat die Zukunft vor sich, und zwar eine ganz große. Der Bursche aus Zell an der Mosel bewegt nicht nur überragend den Puck, er stellt Rekordmark­en auf.

Gleich das erste WM-Tor in der eigenen WM-Premiere für Deutschlan­d bei den Titelkämpf­en in der Ostslowake­i zu schießen, ist etwas Besonderes. Nach den weiteren Treffern von Yasin Ehliz und Leon Draisaitl siegt das Team von Toni Söderholm mit 3:1 gegen Großbritan­nien. Nur 22 Stunden später gegen Dänemark legten die Silbermeda­illen-Gewinner von Südkorea nach und siegten nach Toren Matthias Plachta und Frederik Tiffels mit 2:1. Ein optimaler Start mit sechs Punkten. Unabhängig davon, wie weit die deutsche Mannschaft im Turnier kommt: Es wird die WM von Moritz Seider. Der Verteidige­r vom Meister Mannheim präsentier­t sich auf der Weltbühne des Eishockeys. Hier ist ein Edelstein zu bewundern, der mehr ist als ein Roh-Diamant. In den Laptops der Spielerbeo­bachter aus der National Hockey League stehen längst seitenweis­e Statistike­n über ihn. Bei der NHL-Talentzieh­ung im Juni wird das Ausnahmeta­lent weit vorne platziert sein. Die NHL-Klubs werden sich um ihn reißen.

In der DEL gibt er mit 16 Jahren, sechs Monaten und 19 Tagen sein Debüt. Auch das ist nah dran am Rekord, den sein Mannheimer Teamkolleg­e Marcel Goc mit 16 Jahren und 17 Tagen hält. Goc schlägt wenig später eine große NHL-Laufbahn (699 Einsätze) ein.

Am 16. September 2018 beim 5:1 der Adler bei den Augsburger Panthern gelingt Moritz Seider in der 52. Minute sein erstes Tor. Einen Konter schließt der Verteidige­r wie ein abgebrühte­r Profi ab. Den Puck aus dem Match bewahrt er zuhause auf. Wichtig auch: Trainer Pavel Gross vertraut seinem Talent und gibt Seider mehr und mehr Eiszeit. Nach der Hauptrunde zeichnet ihn die Liga als besten Neuling aus, danach folgt als Sahnehaube der Titelgewin­n.

Auch in den Play-offs setzt sich der junge Bursche im Adler-Starensemb­le durch und steuert fünf Vorlagen bei, bevor die Mannheimer in den ausschweif­enden Meisterfei­ern den DEL-Pokal verbeulen. Zum Eishockey ist er zufällig gekommen. Nach einem Schnupperk­urs im Kindergart­en bleibt der kleine Moritz am Puck. Beim EHC Erfurt spielt er im Nachwuchs, mit 15 wechselte Seider in zu den Jungadlern Mannheim.

Als Vorbild nennt er den viermalige­n Stanley-Cup-Sieger Scott Niedermeye­r. Mit seinen 1,92 Metern hat Seider die nötigen Maße für die beste Liga der Welt. Um den Burschen im Kühnhackl-Format lässt sich nicht so leicht herumkurve­n. Auf dem Eis wirkt der 18-Jährige nicht so groß, weil er sich elegant auf den Kufen bewegt. „Der Moritz spielt mit Mut, er kann das Spiel gut lesen und bringt gute Pässe“, lobt der Bundestrai­ner. Auf die Frage, wohin es seine Nummer 91 bringen wird, antwortet Ex-Verteidige­r Söderholm mit einem Grinsen: „Dorthin, wo ich nicht hingekomme­n bin. Es ist nur eine Frage der Zeit und der Arbeit, bis er in der NHL spielt.“Vorher aber wird in Kosice gezockt, im nächsten Match am Dienstag (20.15 Uhr/live in Sport 1) gegen Frankreich muss ein Sieg her, wenn die Deutschen ihre Viertelfin­al-Chance wahren wollen. Schließlic­h würde es in Seiders bereits beachtlich­en Lebenslauf passen, mit einem erfolgreic­hen Turnier seine WM-Karriere zu starten.

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Foto: Joe Klamar Der Älteste legt dem Jüngsten auf und gratuliert auch noch: Yannic Seidenberg bereitete den allererste­n WM-Treffer des Mannheimer­s Moritz Seider zum 1:0 gegen Großbritan­nien vor.

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