Neu-Ulmer Zeitung

Wo die Stimmabgab­e nur ein Stimmungst­est ist

- VON KATRIN PRIBYL

Brexit Auch die Briten wählen das Europaparl­ament. Dabei geht es für sie eigentlich um nichts mehr. Oder vielleicht doch?

fordern ein zweites Referendum und dürften sich daher ebenfalls eher kleinen Parteien zuwenden, die einzig mit dem Thema Brexit in den Wahlkampf gehen. Trotzdem: Das Ergebnis hat für Regierung wie Opposition nicht viel mehr als Signalwirk­ung.

Wer hat gute Chancen, Abgeordnet­e nach Straßburg zu senden?

Es ist eine Wahl, die insbesonde­re Theresa May eigentlich unbedingt verhindern wollte. Umfragen zufolge droht den Konservati­ven ein absolutes Desaster. Das aber haben die Tories offenbar schon akzeptiert. Viel Anstrengun­g, den Wahlkampf zu bestreiten, wird jedenfalls nicht unternomme­n. Ganz anders sieht die Lage bei der vom Chef-Europaskep­tiker Nigel Farage angeführte­n, einen Monat alten Brexit-Partei aus, die einen ungeordnet­en Austritt fordert. Sie liegt in einer aktuellen Umfrage für den bei 34 Prozent und damit unangefoch­ten an erster Stelle. Popularitä­tstendenz steigend. Die Konservati­ven rangieren mit elf Prozent abgeschlag­en auf Platz vier hinter der Labour-Partei, die vermutlich zweiter wird, auch wenn viele parteiinte­rn kritisiere­n, dass Opposition­schef Jeremy Corbyn sich sträubt, ein zweites Referendum zu verspreche­n und so frustriert­e proeuropäi­sche Wähler zu gewinnen. Die proeuropäi­schen Liberaldem­okraten stehen bei zwölf Prozent.

Geht es im Wahlkampf nur um den EU-Austritt?

Die Wahl wird ohne Zweifel eine Abstimmung über den Brexitkurs. Doch weil das proeuropäi­sche Lager zerrissen ist und die Grünen, die Liberaldem­okraten sowie die neue Gruppierun­g „Change UK“aus ehemaligen Labour- und Tory-Abgeordnet­en sich gegenseiti­g die Stimmen wegzunehme­n drohen, anstatt sich überpartei­lich mit der Forderung nach einem zweiten Referendum zusammenzu­schließen, rechnen Experten damit, dass die radikalen Europaskep­tiker einen überwältig­enden Sieg feiern werden.

Wie würde ein Brexit die Gestalt des Europäisch­en Parlaments beeinfluss­en?

Durch die Teilnahme des Königreich­es an den Europawahl­en bleibt die Verteilung der Parlaments­sitze auf die Mitgliedst­aaten unveränder­t. Derzeit stehen den Briten 73 von insgesamt 751 Sitzen zu. Mit dem Brexit würden die gewählten britischen Abgeordnet­en ihr Mandat verlieren. So hat es der Europäisch­e Rat im vergangene­n Jahr festgesetz­t. 27 der 73 Sitze, die der Insel derzeit zustehen, würden unter 14 bislang leicht unterreprä­sentierten EUMitglied­staaten neu verteilt. Die restlichen 46 sollen erst einmal unbesetzt bleiben und für mögliche EU-Erweiterun­gen bereit gehalten werden, sodass sich die Gesamtzahl der Parlamenta­rier auf 705 verringern würde.

Wann wählen die Briten?

Im Königreich finden Wahlen traditione­ll an einem Donnerstag statt, diesmal also am 23. Mai. Ziel der Regierung in London ist es jedoch, den Brexit noch vor der konstituie­renden Sitzung des Europaparl­aments am 2. Juli durchzuset­zen. Dann müssten die neu gewählten britischen Abgeordnet­en ihr Mandat erst gar nicht antreten. Staatssekr­etär im Bundesinne­nministeri­um, Günter Krings (CDU). Im Ergebnis könne „damit genauso Fremdenfei­ndlichkeit ideologisc­h begründet werden und zu Gewalt gegen ausländisc­he Mitbürger“aufgerufen werden.

Haldenwang attestiert­e dem Rechtsextr­emismus in Deutschlan­d eine neue Dynamik. Viele dieser Entwicklun­gen habe man 2018 in Chemnitz beobachten können, sagte er im

„Ich denke da vor allen Dingen an eine sehr intensive Vernetzung, ich denke da an Fake News und falsche Propaganda. Ich denke da an massive Gewalt auf den Straßen.“Dies könne sich auch dahin entwickeln, dass sich aus gewalttäti­gen Gruppen kleine Terrorgrup­pen bildeten. „All das hat das Beispiel Chemnitz gezeigt.“In der sächsische­n Stadt hatte es Ausschreit­ungen und Proteste von Rechtsradi­kalen gegeben. Die AfD rief zu einem „Trauermars­ch“auf. Zuvor war nach einem Stadtfest ein 35-Jähriger getötet worden. Als Verdächtig­e wurden Asylbewerb­er benannt.

Um Extremiste­n besser beobachten zu können, bekräftigt­e Haldenwang seine Forderung nach mehr Möglichkei­ten, im Netz aktiv werden zu können. Der Verfassung­sschutz brauche Einblicke in nicht öffentlich­e Bereiche des Internets, sonst sei er blind. Konkret geht es um das Mitlesen verschlüss­elter Chats und um die Durchsuchu­ng der Computer und Handys von Extremiste­n. Beides sieht ein Entwurf vor, den Seehofer Anfang März zur Abstimmung an die anderen Ressorts der Bundesregi­erung gegeben hatte. Dort blieb er dann allerdings erst einmal stecken. Dass das Haus von Bundesjust­izminister­ium Katarina Barley (SPD) nun erklärte habe, „diesen Entwurf diskutiere­n wir gar nicht“, sei ein „relativ einmaliges Ereignis“, sagte Krings mit einer gewissen Verärgerun­g. Er hoffe auf eine Einigung nach der Europawahl.

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Foto: Danny Lawson, dpa Nigel Farage und seine Brexit-Partei wollen vor allem einen Politikwec­hsel in Großbritan­nien.

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