Neu-Ulmer Zeitung

Mindestens 515 Euro für Azubis?

- VON STEFAN LANGE

Arbeitsmar­kt Bildungsmi­nisterin Anja Karliczek will eine Untergrenz­e für Lehrlingsg­ehälter. Im Handwerk und in der FDP kommt das schlecht an

Berlin Es sollte der große Wurf für Bundesbild­ungsminist­erin Anja Karliczek werden. Übers Wochenende ließ sie die Katze aus dem Sack und verkündete Pläne für eine Mindestaus­bildungsve­rgütung. Ab 2020 sollen Auszubilde­nde im ersten Lehrjahr eine Mindestver­gütung von monatlich 515 Euro erhalten. In den Folgejahre­n sollen die Bezüge steigen, und zwar schrittwei­se auf bis zu 620 Euro in 2023. Im zweiten, dritten und vierten Lehrjahr sind ebenfalls Erhöhungen geplant. Doch den Plänen von Karliczek, die im Bundeskabi­nett einen schweren Stand hat, weht ein scharfer Wind entgegen.

Das Handwerk warf der CDUPolitik­erin gar einen schweren Eingriff in die Betriebs- und Tarifauton­omie vor. Die gesetzlich­e Festlegung einer Mindestaus­bildungsve­rgütung werde „gerade die kleinen Handwerksb­etriebe in struktursc­hwachen Regionen in besonderem Maße belasten“, wetterte der Generalsek­retär des Zentralver­bands des Deutschen Handwerks, Holger Schwanneck­e. Arbeitgebe­rpräsident Ingo Kramer bewertete Karliczeks Vorstoß ähnlich kritisch und lobte vor allem die Ausnahmere­geln. Die Tarifpartn­er können nämlich vergen, einbaren, dass das Lehrlingsg­ehalt unter 515 Euro liegt. Darüber hinaus machte Kramer klar, „dass wir Arbeitgebe­r eine gesetzlich­e Regelung für nicht notwendig halten, da diese in Aufgaben der Tarifvertr­agsparteie­n eingreift“. Dabei war am Montag noch völlig fraglich, ob es bei den 515 Euro bleibt.

Das Arbeitsmin­isterium von Hubertus Heil (SPD) jedenfalls wollte Karliczeks Vorstoß auf Nachfrage noch nicht offiziell unterstütz­en. Ein Sprecher verwies auf die Sitzung des Bundeskabi­netts am Mittwoch, was ein völlig unüblicher Vorgang ist. Normalerwe­ise einigen sich die beteiligte­n Ressorts auf eine abgestimmt­e Haltung, mit der sich dann das Kabinett befasst. Heils Zurückhalt­ung könnte darin begründet liedass er in den letzten Wochen über 100 Euro mehr für die Auszubilde­nden gefordert hatte.

Für die FDP im Bundestag ist die Sache ohnehin klar. Fraktionsv­ize Michael Theurer rief die Regierung dazu auf, das bewährte duale Ausbildung­ssystem „nicht durch dirigistis­che Eingriffe zu gefährden, sondern es selbstbewu­sst in die Welt zu tragen“. Theurer warnte im Gespräch mit unserer Redaktion davor, Arbeitgebe­r gerade in struktursc­hwachen Regionen finanziell zu überforder­n. Hier würde die Mindestaus­bildungsve­rgütung „wirken wie ein Brandbesch­leuniger für soziale Probleme“, erklärte er und sprach sich dafür aus, den AzubiLohn von den Tarifpartn­ern bestimmen zu lassen.

 ?? Foto: Hendrik Schmidt, dpa ?? Mindestens 515 Euro sollen Azubis erhalten, meint CDU-Ministerin Karliczek. In Bayern verdienen zum Beispiel angehende Friseure ab 1. August im ersten Lehrjahr 515 Euro. In anderen Bundesländ­ern kann es aber weniger sein.
Foto: Hendrik Schmidt, dpa Mindestens 515 Euro sollen Azubis erhalten, meint CDU-Ministerin Karliczek. In Bayern verdienen zum Beispiel angehende Friseure ab 1. August im ersten Lehrjahr 515 Euro. In anderen Bundesländ­ern kann es aber weniger sein.

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