Neu-Ulmer Zeitung

Seine Schweine haben Schwein gehabt

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Landleben Die Tiere von Andreas Thoma aus Ritzisried dürfen das ganze Jahr raus. Vor gut einem Jahr hat sich der Landwirt für diese ungewöhnli­che Öko-Haltung entschiede­n. Tierliebe war aber nicht der einzige Grund dafür

Ritzisried Mit ihren rosa Steckdosen-Schnauzen wühlen die Tiere in der Erde. Im Schweinsga­lopp geht es den Hang hinauf und wieder hinunter. Manchmal verstecken sie sich im Gebüsch und genießen es, der warmen Sonne im Schatten unter den Bäumen zu entkommen.

Während Kühe, die draußen auf der Weide stehen, für manche ein gewohntes Bild sind, ist der Anblick von Schweinen, die im Freien toben, in den vergangene­n Jahrzehnte­n selten geworden. Bei Landwirt Andreas Thoma aus Ritzisried ist das anders. Seine rund 50 Tiere hält er auf einer ehemaligen Wiese nahe Tafertshof­en. Ehemalig deshalb, weil die Schweine auf Futtersuch­e den Boden mit ihren Schnauzen innerhalb kurzer Zeit umgepflügt haben.

Der 49-jährige Landwirt verdient sein Geld bisher mit Milchkühen. Auf die Idee, auch noch Schweine zu halten, kam er durch ein ungewöhnli­ches Geburtstag­sgeschenk: eine Sau. Die hatte zunächst neben dem Wohnhaus des Landwirts einen besonders schönen Platz bekommen. Thoma konnte beobachten, wie wohl sich das Tier fühlte, das nicht im Stall eingesperr­t war. So entstand die Idee, eine Wiese, die wegen ihrer Hanglage ohnehin schwer zu bestellen war, zur Schweinewe­ide umzufunkti­onieren. Dort sind die Tiere nun ganzjährig draußen. Wenn es ihnen zu kalt wird, können sie sich in einen Stall zurückzieh­en, den Thoma mithilfe von Freunden in den Hang gegraben hat. Im Winter und Frühjahr ist es dort drinnen sogar warm genug für die kleinen Ferkel. Nur für die ganz Kleinen hängt der Landwirt eine Wärmelampe auf.

Thoma befindet sich mit seinem Betrieb gerade im zweiten Jahr der Umstellung auf Bio. Mit seiner Schweineha­ltung setzt der Landwirt voll auf Nachhaltig­keit. Die Schweine bekommen nur Futter aus eigenem biologisch­en Anbau. Alle Tiere stammen aus der eigenen Nachzucht. Bisher kann der Landwirt auf Medikament­e wie Antibiotik­a verzichten. „Ein Tier braucht gutes Futter, Wasser, Sonne, Bewegung und frische Luft. Wenn das alles passt, bleibt es in der Regel gesund.“

Tierliebe ist für den Landwirt jedoch nicht der einzige Grund, aus dem er sich für diese aufwendige ökologisch­e Haltung entschiede­n hat. Er will sich in gewisser Weise auch unabhängig machen vom Handel, der den Bauern sonst den Preis diktiert. Im Bezug auf sein Milchvieh sagt Thoma: „Mit der Milch verdienen alle Geld – außer der Landwirt.“Doch weil auch jammern nichts helfe, wolle er jetzt einen anderen Ansatz ausprobier­en. Er produziert hochwertig­e Ware, um deren Verkauf er sich dann selbst kümmert. Ein Kilogramm Schweinefl­eisch bietet Thoma für 16 Euro an. Es ist bei ihm in küchenfert­igen Päckchen zu je fünf, zehn oder 15 Kilo erhältlich. Darin enthalten sind unter anderem Steaks, Braten und Hackfleisc­h. Wer Interesse hat, kann sich telefonisc­h bei Thoma anmelden. Interessie­rte können sich nach Anmeldung auch selbst ein Bild von den Tieren und deren Haltung machen. Erst, wenn wieder genug Vorbestell­ungen da sind, wird geschlacht­et. Das übernimmt dann eine Illertisse­r Schlachter­ei für den Ritzisried­er Landwirt.

Der vergleichs­weise hohe Preis für sein Schweinefl­eisch sei durchaus angemessen, findet Landwirt Thoma. Er habe schließlic­h auch deutlich höhere Kosten für die Haltung, zum Beispiel allein dadurch, dass seine Tiere nicht einfach möglichst schnell „hochgemäst­et“würden, sondern langsam zunähmen und erst später, mit etwa einem Jahr, geschlacht­et würden. Das treibe jedoch die Futterkost­en in die Höhe.

Um seine Tiere so halten zu können, wie Thoma es jetzt tut, sei im Vorfeld eine enge Abstimmung mit den zuständige­n Behörden und dem Amtstierar­zt nötig gewesen. Es gebe eine Reihe von Auflagen, die der Bauer einhalten müsse. Das ist deutlich sichtbar: Am Eingang zu dem Gelände gibt es, wie in einem gewöhnlich­en Stall auch, eine Desinfekti­onsschleus­e. Die ganze Schweinewe­ide ist doppelt umzäunt – eine Vorschrift zum Schutz gegen die Schweinepe­st.

Doch, wenn der Landwirt jetzt auf dem Feld bei seinen Tieren ist, ihnen beim Herumwühle­n in der Erde und beim Spielen zuschaut, dann ist er sich sicher, dass das den ganzen Stress, die vielen Anträge und Behördengä­nge, Wert war. Nun stellt sich die Frage, ob die Verbrauche­r in der Region das genau so sehen. Bisher ist der Bauer einigermaß­en optimistis­ch. Das überaus erfolgreic­he Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“habe schließlic­h gezeigt, dass die Bürger großes Interesse an Themen wie Nachhaltig­keit, Ökologie und Tierschutz hätten. Ob sie aber wirklich bereit sind, einen so hohen Preis für regional und biologisch produziert­e Lebensmitt­el wie die von Thoma zu bezahlen, muss sich noch zeigen.

Kontakt Landwirt Andreas Thoma vertreibt das Fleisch seiner Tiere selbst, er informiert Interessie­rte auch über die Haltung, Telefon 0179/5383434.

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Fotos: Franziska Wolfinger Landwirt Andreas Thoma setzt künftig auf Nachhaltig­keit: Sein regional erzeugtes Schweinefl­eisch will er in der Region vermarkten.
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Auf der Schweinewe­ide haben die Ferkel viel Platz, um sich auszutoben. Rund 50 Tiere leben auf der doppelt eingezäunt­en Fläche.
 ??  ?? Muttersaue­n und Ferkel haben ihren eigenen Bereich. So kommen sich die Kleinen und die größeren Schweine nicht in die Quere.
Muttersaue­n und Ferkel haben ihren eigenen Bereich. So kommen sich die Kleinen und die größeren Schweine nicht in die Quere.

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