Neu-Ulmer Zeitung

Ulm hat die Wahl

- VON SEBASTIAN MAYR

Politik 457 Kandidaten auf 13 Listen wollen in den Gemeindera­t einziehen. Viele sitzen seit Jahren im Gremium, nur wenige sind Frauen. Über Neulinge, Seitenwech­sler und Streithähn­e

Ulm Seit eineinhalb Jahren werben Ulmer Stadträtin­nen für ein großes Ziel: „Mehr Frauen in den Gemeindera­t“heißt das Projekt, das die örtlichen Politikeri­nnen und das Ulmer Frauenbüro zum dritten Mal angestoßen haben. Die Hürde ist hoch, denn schon jetzt ist die Quote der Frauen im Gremium höher als in jedem anderen Kommunalpa­rlament der Bundesrepu­blik. 18 von 40 Räten sind weiblich. Und ganz einfach dürfte es nicht werden, das Ziel zu erreichen. Denn auf den Listen der Parteien sind die Frauen deutlich unterreprä­sentiert. 154 der 457 Bewerber sind Frauen, ziemlich genau ein Drittel. Nur zwei der 13 Listen sind je zur Hälfte männlich und weiblich besetzt: die der SPD und die der Grünen. Und lediglich eine setzt mehrheitli­ch auf Frauen. Für die neue Liste „Ulm für alle“(UfA) treten 23 Kandidatin­nen an, an der Spitze die Ärztin Karin Hartmann.

Für UfA bewerben sich unter anderem auch Neu-Ulms Citymanage­r Florian Fuchs und Martin Denoix, der Ulmer Kreisvorsi­tzende des Bunds für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d. Auf ihren Plakaten wirbt die neue Liste für Verände„Zwei Amtszeiten sind genug“, heißt es dort unter anderem – eine Anspielung auf den seitdem nahezu unveränder­ten Gemeindera­t. Damit bildet UfA eine Ausnahme. Denn die meisten Plakate zeigen die Köpfe der Kandidaten und griffige, aber wenig konkrete Wahlsprüch­e.

Die meisten Parteien setzen auf Konstanz. Nur wenige Räte treten nicht mehr an: Sabine Schuler von der CDU, Katja Adler von der SPD, Hanni Zehender, Erwin Böck und Rüdiger Reck aus der Fraktion der Freien Wähler, Rose Goller-Nieberle von der FDP und Uwe Peiker von den Linken. Dazu kommen einige Wechsel: Birgit Schäfer-Oelmayer (früher Grüne) tritt für die CDU an, in deren Fraktion sie im Vorjahr übertrat. Ralf Milde, der kurz nach der vergangene­n Wahl von den Freien Wählern in die FDP-Fraktion gewechselt war, tritt nun direkt für die Liberalen an. Doris Schiele ist wieder Kandidatin der Linken. Weil ihre Partei zuletzt zu wenig Sitze für eine eigene Fraktion hatte, hatte sie sich den Grünen im Gemeindera­t angeschlos­sen. Für die Freie Wählergeme­inschaft Ulm tritt der Kriminalha­uptkommiss­ar Jürgen Kriechbaum an, der früher für die SPD im Gemeindera­t saß.

Die Freie Wählergeme­inschaft (FWG) ist eine von vier Listen, die sich traditione­ll zu einer Fraktion zusammensc­hließen: zu der der Freien Wähler. In der Kernstadt, in Söflingen, Wiblingen und im Ulmer Norden gehen jeweils eigene Listen mit eigenen Kandidaten ins Rennen. Diesen Weg scheinen diesmal auch die Grünen auszuprobi­eren. Denise Niggemeier, 2014 noch Kandidatin der Piratenpar­tei und nach der Wahl Stadträtin in der Grünen-Fraktion, steht an der Spitze des Bündnisses für Lebenswert­e Ortschafte­n (BLO), für das fast ausschließ­lich Bürger aus den Ulmer Ortschafte­n ins Rennen gehen.

Auf den vorderen Plätzen fast aller etablierte­r Listen sind auch etablierte Kandidaten. Nur wenige Neue haben es auf aussichtsr­eiche Positionen geschafft. Bei der Linken ist das die Kreisvorsi­tzende Eva-Maria Glathe-Braun (Platz 1), bei der FWG der Mechaniker­meister Klaus Kopp (Platz 2) und bei den Grünen die Studentin Julia Mies (Platz 3). Bei der FDP steht Stadtrat Ralf Milrungen. de nur auf Platz fünf hinter Fraktionsc­hef Erik Wischmann und drei beim letzten Mal schlechter positionie­rten Kandidaten. Knapp könnte es für die CDU-Räte Birgit SchäferOel­mayer und Siegfried Keppler werden, die auf den Plätzen 10 und 11 antreten. Derzeit hat ihre Fraktion zehn Sitze. Allerdings müssen sich die Wähler nicht an die vorgeschla­gene Reihenfolg­e der Listen halten. Sie können ihre Stimme nach Belieben auf die Kandidaten verteilen – ein Bewerber kann bis zu drei Stimmen erhalten.

Neu sind nicht nur einige Kandidaten, sondern auch drei Listen. Neben den bereits erwähnten UfA und BLO versucht erstmals auch die AfD, in den Gemeindera­t einzuziehe­n. Für die Rechtspopu­listen treten gerade einmal vier Kandidaten an. Denn nach einem Streit um Spitzenman­n Markus Mössle hatten sich acht weitere Bewerber zurückgezo­gen. Mössle hat sich früher für rechtsextr­eme Parteien engagiert und saß wegen bewaffnete­r Raubüberfä­lle auf drei Banken und einen Sex-Shop mehrere Jahre im Gefängnis. AfD-Kreischef Eugen Ciresa sagte unserer Redaktion nach dem Rückzug von acht Kandidaten: „Die AfD zerlegt sich selbst.“

Die Grünen setzen auf eine Strategie der Freien Wähler

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Fast 500 Kandidaten bewerben sich um einen Platz im Ulmer Gemeindera­t, die Plakate in der Stadt zeigen vor allem Gesichter und eingängige Wahlsprüch­e. Konkrete Forderunge­n und Ziele finden sich dagegen fast nirgends auf den Werbetafel­n.
Foto: Alexander Kaya Fast 500 Kandidaten bewerben sich um einen Platz im Ulmer Gemeindera­t, die Plakate in der Stadt zeigen vor allem Gesichter und eingängige Wahlsprüch­e. Konkrete Forderunge­n und Ziele finden sich dagegen fast nirgends auf den Werbetafel­n.

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