Aus Patenschaft wurde Partnerschaft
Jubiläum Prad in Südtirol ist seit 50 Jahren mit dem Landkreis Neu-Ulm verbunden. Das wird am Wochenende gefeiert
Landkreis Mit dem Begriff Europa tut sich mancher schwer. Es gibt die ewigen Zweifler, die glauben, ein geeintes Europa sei Utopie. Aber es gibt Beispiele, die zeigen, dass Europa wirklich gelebt wird. Die Beziehungen zwischen dem Landkreis Neu-Ulm und der südtiroler Gemeinde Prad am Stilfser Joch sind ein Beispiel dafür, dass Partnerschaften durchaus funktionieren. Vor 50 Jahren wurde eine Patenschaft für Prad übernommen, sie wurde in luftiger Höhe auf der Furkl-Hütte manifestiert. Am kommenden Wochenende wird das Jubiläum gefeiert – in Senden und in Roggenburg. Rund 130 Gäste aus dem Vinschgau haben sich angesagt.
Der Zufall stand Pate bei der Gründung. Der ehemalige Bürgermeister von Pfuhl, Karl Salzmann, traf im Jahr 1968 bei einem überregionalen Treffen mit Anton Karner vom Südtiroler Gemeindeverband zusammen. Damals gab es noch die „Stille Hilfe für Südtirol“, denn die Armut in den Gemeinden des Vinschgaus war überaus groß. Beide Kommunalpolitiker kamen ins Gespräch und Salzmann fragte, ob Karner nicht „eine besonders arme Gemeinde wisse, der man direkt Hilfe zukommen lassen könnte“. Und Karner nannte Prad. Schon ein Jahr später kam es zu einer Vereinbarung über eine Patenschaft, die der Landkreis Neu-Ulm übernehmen wollte.
Im Laufe der Jahre kam es zu zahlreichen Begegnungen zwischen den Menschen aus Südtirol und aus dem Landkreis. Damals war das nach Italien nicht so unkompliziert wie heute in Zeiten des Schengener Abkommens. Der stellvertretende Landrat Franz Clemens Brechtel berichtete bei einem Pressegespräch in Vöhringen über eine unfreiwillige Zwangspause an der Grenze. Eine schwäbische Theatergruppe wollte „Schwäbische Schöpfung“von Sebastian Sailer spielen.
Bühnenausstattung waren Sonne, Mond, Sterne und Wolken – sorgReisen sam im Kofferraum des Busses verstaut. Auf die Frage des italienischen Zollbeamten, was nach Südtirol eingeführt werden sollte, antworteten die Spieler Sonne, Mond und Sterne. Das jedoch fand der Grenzbeamte gar nicht lustig. Nach dreistündiger Wartezeit kam dann das Okay. Prads Bürgermeister konnte damals die amtliche Bestätigung leisten, dass es sich bei den gefragten Gegenständen um Bühnendekoration handelte.
Bei zahlreichen Einrichtungen, die die Gemeinde Prad aus eigener Kraft nicht stemmen konnte, half der Landkreis Neu-Ulm aus. So war der Bau eines Kindergartens nur durch die Hilfe aus dem Schwabenland möglich. Langsam aber stetig entwickelte sich Prad zu einer prosperierenden Gemeinde, sodass die Patenschaft in Partnerschaft umgewandelt wurde.
Dass heute diese Beziehung noch so lebendig ist, führt Landrat Thorsten Freudenberger auf die engen menschlichen Bindungen zurück. Sein Stellvertreter Brechtel bringt das so auf den Punkt: „Wenn man in Prad das Wort Neu-Ulm gebraucht, dann ist man Freund.“Zum Jubiläum hat der Landkreis eine Festschrift herausgebracht. Autor Jürgen Bigelmayr hat sie nicht als Chronik verfasst, sondern persönliche Erfahrungen von den Menschen gesammelt, die in Prad waren.