Er glaubt, er steht im Wald
Kinderkonzert Das Philharmonische Orchester spielt mit Unterstützung von Schauspieler Jakob Egger den „Freischütz“– so, dass auch die Jüngsten ihren Spaß an der Oper haben
Ulm Eine romantische Oper als Thema eines Konzerts für Grundschüler? Und ausgerechnet Carl Maria von Webers „Der Freischütz“? Doch, das funktioniert, und es funktioniert sogar sehr gut, wenn man so klug vorgeht, wie es Kapellmeister Michael Weiger für das Philharmonische Orchester der Stadt Ulm tat; und wenn man einen solchen wandlungsfähigen jungen Schauspieler hat, wie es Jakob Egger ist. Ein Schauspieler, kein Sänger? Auch das geht, denn Kapellmeister Weiger zieht das leicht gruselige Setting der Oper für Kinder im Podium ganz anders – und humorvoll – auf.
Es ist Mittwochvormittag am Theater Ulm, und ein Bläserensemble probt unter Leitung von Michael Weiger. Ein junger Dozent (Jakob Egger) betritt den Raum und fordert ihn für sich, will er doch im Proseminar Germanistik über die deutsche Romantik und die Rolle des Waldes referieren. Mittwochvormittag, wie sein Plan beweist. Aber halt – an der Uni Eichstätt sollte er gerade jetzt sein, nicht in Ulm. Welch ein Missgeschick, das ihm aber auch schon neulich passierte, als er in Lindau landete. Das mit den Linden, den Eichen und den Ulmen ist halt so eine Sache, wenn man sich mit dem deutschen Wald in der Romantik zwar auskennt, aber in der Praxis ein bisschen zerstreut ist.
Dabei sollte es am Theater in einem Konzert für Grundschüler gerade ebenfalls um die Romantik gehen – und weil der verpeilte Professor mit dem fundierten Fachwissen schon mal da ist, lässt er sich gern bitten, zu bleiben und die harmonische Musik mit Geschichten zu erwährend aus der Thermosflasche des Professors der Geruch nach Wald und Pilzen aufsteigt.
So erfahren die Kinder, mit Musikbeispielen untermalt, den Handlungsverlauf der Oper. Dass Max, der Liebe zur Försterstochter Agathe wegen, zum Jagdgehilfen bei deren Vater wurde, beim Wettschießen um die Würde des Schützenkönigs aber gegen den Bauernjungen Kilian verlor und nun im Dorf verklären, spottet wird. Max, der sich als Teil des Waldes begreift, muss am nächsten Tag während der fürstlichen Jagd seinen Probeschuss ablegen, um Agathe heiraten zu dürfen. Trifft er auch hier nicht, darf Agathe nicht seine Frau werden. Ein ungeheurer Druck lastet auf dem jungen Mann, der deshalb erstaunt, aber naiv das Angebot seines Rivalen Kaspar annimmt, ihm zu magischen Freikugeln zu verhelfen, die sicher treffen. Die Nacht ist mit allen Teufeln im Bunde, Unheimliches deutet sich an, und gespenstisch wird es in der Wolfsschlucht.
Weil viele Grundschüler mit vielen Begriffen und Redewendungen aus der Entstehungszeit der knapp 200 Jahre alten Oper nichts anfangen können, erklärt Egger nicht nur das Werk, sondern gerade auch solche Begriffe wie „Flöten gehen“in der Alltagssprache der Kinder und wird dabei sogar zum Reimer. Um in die verschiedenen Rollen zu schlüpfen, genügen einige wenige und geschickt gewählte Requisiten, und notfalls lackiert sich der Professor die Fingernägel, wenn er in die Rolle von Agathes Cousine Ännchen schlüpft.
Wie das mit der Liebe ist? Na ja, so ähnlich wie mit Vanilleeis. Wenn man Vanilleeis liebt, reizt das Angebot von Dinkelkeksen wenig, auch das erklärt der Schauspieler den Kindern. Und weil es so schön ist, gelingt es auch, den menschenfreundlich-aufklärerischen Schluss der Oper spannend zu verpacken.
Termine Weitere Aufführungen am 16., 19., 20. und 30. Mai. Karten gibt es an der Theaterkasse unter Telefon 0731/161-4444, oder auch online auf theater-ulm.de.