Findelkind kämpft um sein Leben
Zustand des Babys ist nach wie vor kritisch
Dillingen Der Zustand des Säuglings, der am Montag auf einer Wiese in Unterglauheim (Kreis Dillingen) ausgesetzt wurde, ist nach wie vor kritisch. Das teilte Matthias Nickolai, Sprecher der Augsburger Staatsanwaltschaft, auf Anfrage mit. Der Bub ist offenbar nur wenige Stunden nach der Geburt alleine in kniehohem Gras zurückgelassen worden. Ein Polizeihubschrauber brachte ihn in die Augsburger Kinderklinik, wo er seitdem um sein Leben kämpft.
Noch am Montag fand die Polizei die Mutter in ihrer Wohnung in Dillingen und nahm die 31-Jährige fest. Am Dienstag wurde sie einem Ermittlungsrichter vorgeführt, der einen Haftbefehl wegen versuchten Totschlags, gefährlicher Körperverletzung und Aussetzung erließ. Die Frau befindet sich derzeit in Untersuchungshaft, die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt. Der Frau könnte rein theoretisch eine mehrjährige Haftstrafe drohen. Doch es gibt in diesem Fall womöglich strafmildernde Umstände. Nach Informationen unserer Redaktion ist die
Mutter wurde durch Lebenshilfe begleitet
geistige Leistungsfähigkeit der Frau offenbar eingeschränkt. Die Lebenshilfe Dillingen bestätigt, dass die Einrichtung der 31-Jährigen zur Seite stand. Die Nachricht über das ausgesetzte Neugeborene habe in der Einrichtung große Betroffenheit und Erschütterung ausgelöst, teilt der Geschäftsführer der Lebenshilfe Dillingen, Dominik Kratzer, mit. Nach seinen Angaben sei die Schwangerschaft der Frau in der Lebenshilfe nicht bekannt gewesen.
Dass am Montag ein Passant zufällig auf einem nahe liegenden und verlassenen Feldweg unterwegs war und das Winseln des Babys hörte, war wohl großes Glück. Der Finder, ein 62-jähriger Rentner, berichtete, dass das Neugeborene völlig nackt und ohne Windeln, Decke oder Körbchen zurückgelassen wurde. Ameisen seien über den kleinen Körper gekrabbelt, an dem noch ein Stück der Nabelschnur hing. Die hinzugerufene Frau des 62-Jährigen bemerkte, dass der Säugling ausgekühlt war. Seine Lippen waren blau und die Haut kalt. Offenbar lag das Neugeborene bis zu drei Stunden mit nackter Haut auf dem Boden. Stetten/München Die meisten Politiker müssen sich ordentlich nach der Decke strecken, um ihre Wählerstimmen einzusammeln. Manchmal aber geht es auch ganz anders. So wie am vergangenen Wochenende in der Unterallgäuer 1400-Einwohner-Gemeinde Stetten. Dort wurde der parteilose Uwe Gelhardt Bürgermeister, obwohl er gar nicht nominiert war. Er hatte nämlich die Nominierungsfrist nicht eingehalten (was mit Schusseligkeit übrigens nichts zu tun hatte). Aber trotzdem wählten ihn die Bürger mehrheitlich zum Gemeindeoberhaupt, auch wenn sein Name gar nicht auf dem Stimmzettel stand. Doch der Reihe nach.
Eigentlich werden die Rathauschefs in Bayern, wenn keine besonderen Ausnahmen vorliegen, am 15. März 2020 für die nächste kommunale Legislaturperiode gewählt. Doch in Stetten ist die Lage anders. Der Grund dafür ist ein trauriger. Denn der bisherige Amtsinhaber Richard Linzing war im April mit nur 53 Jahren unterm Telefonieren zusammengebrochen und später in einer Klinik an den Folgen eines Schlaganfalls gestorben.
Die Amtsgeschäfte führte unterdessen kommissarisch der Zweite Bürgermeister Uwe Gelhardt. Der 52-Jährige war 1989 als junger Mann aus Sachsen nach Bayern gekommen und lebt seit 2000 in Erisried, einem der fünf Ortsteile der Gemeinde Stetten, die sich etwa 20 Kilometer östlich von Memmingen befindet. „Wir mussten also einen Nachfolger finden“, sagt Gelhardt. Zwar ist er seit 2014 Mitglied des Gemeinderates und seit 2015 auch Zweiter Bürgermeister, aber er habe eigentlich zunächst nicht gedacht, dass das etwas für ihn sein könnte. „Ich war der Meinung, es wird ein Kandidat aus Stetten aufgestellt, der dann das Rennen macht, weil Stetten der größte Ortsteil ist.“
Doch das passierte nicht. Stattdessen wurde der Erisrieder Robert Kopp nominiert, der auch Vorsitzender des CSU-Ortsvereins Erisried ist. Er hatte schon zweimal vergebens versucht, Bürgermeister von Stetten zu werden, und trat nun zum dritten Mal an.
„Leute fragten mich: Uwe, willst du es nicht auch versuchen“, sagte Gelhardt. Doch die Entscheidung war für den Kommunikations- und Netzwerktechniker nicht so leicht. Er ist seit zehn Jahren bei einer in Wertach (Oberallgäu) sitzenden Internetfirma beschäftigt, in der er für das Unterallgäu zuständig ist. Nicht gerade ein kleines Versorgungsgebiet. „Ich wollte das erst mit meinem Chef abklären, der sich das dann gut überlegen wollte.“Und Gelhardts Ehefrau war zumindest zunächst auch nicht besonders begeistert von der Idee ihres Mannes.
„Als ich an einem Montag bei Kundschaft unterwegs war, kam der Anruf von meinem Chef, der meinte, ich könne es als Bürgermeister versuchen und Teilzeit bei ihm arbeiten.“Gelhardt rief in der Verwaltungsgemeinschaft Dirlewang an. Doch dort teilte man ihm mit, dass die Nominierungsfrist abgelaufen war. Es gab nur noch einen Weg für Gelhardt: Er musste die Bürger dazu bewegen, seinen Vor- und Nachnamen auf den Stimmzettel zu schreiben. „Nur der Nachname reicht nicht, denn dann hätte es ja beispielsweise auch meine Frau sein können.“Gelhardt machte diese Idee über einen Artikel in der Mindelheimer Lokalausgabe unserer Zeitung publik und warb noch mit einem einfachen Flyer für sich, den er an einem Wochenende mit seiner dreizehnjährigen Tochter in fast allen Haushalten der Gemeinde einwarf.
Am vergangenen Sonntag passierte dann ein kleines politisches Wunder: 355 Bürger schrieben den Vorund Nachnamen Uwe Gelhardts auf ihre Stimmzettel. Bei seinem Mitbewerber Robert Kopp machten 302 Bürger ihr Kreuz. Somit hatte Gelhardt die Wahl für sich entschieden. „Ich freue mich sehr“, sagte er unserer Zeitung. Ein bisschen lustig sei es, dass sein Chef nach der Wahl zugab, dass er gar nicht an einen Sieg seines Angestellten geglaubt hatte. „Aber ich bin natürlich sehr froh, dass er mir die Möglichkeit gibt, Teilzeit zu arbeiten.“
Zu tun gibt es für Gelhardt einiges: In Stetten muss bald ein neuer Kindergarten samt Krippe gebaut werden. „Und ich habe mir fest vorgenommen, mit den vorhandenen Mitteln der Gemeinde ordentlich und sparsam zu wirtschaften.“
Dass Bürger dadurch, dass sie den
Dass Bürger wie in Stetten einen weiteren Kandidaten per Vor- und Nachnamen bestimmen können, ist nur zulässig, wenn kein oder nur ein Wahlvorschlag zugelassen wurde. Dann ist auf dem Stimmzettel sogar eigens ein entsprechendes Feld für handschriftliche Eintragungen vorgesehen.
Sofern allerdings mindestens zwei Wahlvorschläge eingereicht und zuVor- und Nachnamen auf den Wahlzettel schreiben, ihren Gemeindechef bestimmen, kommt zwar selten, aber dennoch immer wieder vor. Bundesweit bekannt wurde 2002 etwa der Fall von Wolfgang Gerum, Bürgermeister im Ostallgäuer Friesenried. Er wollte nach zwölf Jahren im Amt eigentlich aufhören. Doch es fand sich kein einziger Kandidat. Auch Gerum trat nicht an. Am Ende wurden bei der Wahl über 30 verschiedene Vor- und Nachnamen auf den Wahlzetteln vermerkt. Auf knapp 74 Prozent der Stimmzettel wurde aber Gerums Name aufgeschrieben. Dieser nahm es sportlich – und die Wahl dann doch an.
Das sagt das Innenministerium
gelassen worden sind, sind die Wähler an die genannten Bewerber gebunden. Handschriftliche Eintragungen würden dann zur Ungültigkeit des Stimmzettels führen.
Wird ein Bürger aufgrund handschriftlicher Vermerke gewählt, hat er zwei Wochen Zeit, das Amt anzunehmen (dazu ist er nicht verpflichtet).
Tut er das nicht, müssen binnen drei Monaten Neuwahlen stattfinden.