Neu-Ulmer Zeitung

Der Schallplat­ten-Onkel

-

Porträt Fritz Egner wurde mit der Radio-Sendung „Fritz & Hits“zum Kultmodera­tor. Seine Fans fühlen sich bei ihm zu Hause. Jetzt feiert er seinen 70. Geburtstag

Von wegen: Dass Video die Radio-Stars meuchelte, wie das die Pop-Band Buggles 1980 behauptet hat, ist allenfalls die halbe Wahrheit. Auch wenn die vorwiegend älteren Herren heute in Nischenpro­grammen an den Mikros sitzen, ihre Fans haben keine Lust, Abschied zu nehmen von den Moderatore­n, die sie träumen ließen von den Helden der Rockmusik.

In Bayern waren es Thomas Gottschalk („Radio ist Klasse“), Jürgen Herrmann, Jim Sampson und – als Platten-Onkel unübertrof­fen – der gebürtige Münchner Fritz Egner. Noch bevor er 1979 als Popspezial­ist beim Bayerische­n Rundfunk einstieg, holte sich der gelernte Starkstrom­techniker das dafür nötige Rüstzeug beim amerikanis­chen Sender wo er vielfältig­e Kontakte zu Stars der Musikszene knüpfte und und seine Englischke­nntnisse perfektion­ierte.

Vor allem aber verbindet man seinen Namen mit dem Radioklass­iker „Fritz & Hits“, seinem musikalisc­hen Erkennungs­zeichen. Hörte man Fritz Egner, tauchte man dank seiner mehr als 300 Interviews unwillkürl­ich ein in die Geschichte der Rockmusik und durfte sich weiterbild­en über die Feinheiten von Rock, Pop und schwarzer Musik.

Dass der populäre Radioplaud­erer mit seinen auf Bayern 3 dokumentie­rten MusikKennt­nissen langfristi­g nicht bestehen konnte, lag an einer Szene, die sich systematis­ch veränderte. So strampelte sich der verheirate­te Vater zweier

Kinder ein wenig unglücklic­h durch die Techno-Szene. Hörer kritisiert­en Egner, weil seine Musik oft wenig riskierte und sich allzu sehr am Publikumsg­eschmack orientiert­e. Doch die Fans fühlten sich wohl bei seinen Ausgrabung­en, die gern den Sound der 70er Jahre bedienten – inklusive der Klangkaska­den der Band Queen, die er kürzlich in „Fritz & Hits“mit der Würdigung von Roger Taylor, dem Drummer von Queen, verknüpfte. Inzwischen ist Fritz Egner, der am heutigen Samstag 70 wird, auf dem konservati­veren Kanal Bayern 1 zu Hause. Seinen Witz hat er nicht verloren, auch wenn er als Service-Mann Wettermeld­ungen durchgeben muss: Überschwem­mungen, Starkregen und Hagel gehören wie Suzie Quatro und Neil Young zu seinem Repertoire.

Er gibt zu, dass der Soulsänger James Brown noch immer zu seinen Lieblingsm­usikern zählt. Durch seine erste Platte – „Tutti Frutti“von Little Richard und die B-Seite „Long Tall Sally“– hat Fritz Egner 1956 die schwarze Musik kennengele­rnt und kann seither nicht mehr von ihr lassen. Wer glaubt, als Plattenkru­schtler sei er unschlagba­r, sollte sich mal mit Egner unterhalte­n. „Ich hatte sogar mal 50 000 Vinyl-Scheiben! Dann bekam ich Albträume, dass alles zusammenbr­icht. Vieles ist nun digitalisi­ert.“Jetzt hat er „nur“noch rund 10 000 Platten.

Unvergesse­n ist ein Format, das mit Musik nichts zu tun hat. Von 1984 bis 1985 führte er sympathisc­hlocker durch die erfolgreic­he TVSendung „Dingsda“, in der Kinder auf witzige und originelle Art Begriffe erklärten. Rupert Huber

 ?? Foto: dpa ??
Foto: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany