Neu-Ulmer Zeitung

Zum Abschuss frei

- VON JÖRG SIGMUND

Natur Die Jagd auf die Gämsen hat begonnen. In der Kürnach, einem Höhenzug im Allgäu, sollen 28 Tiere erlegt werden – trotz heftiger Proteste. Kommt es jetzt zur Klage?

Augsburg/Sonthofen Trotz aller Proteste von Naturschüt­zern und Jägern, es bleibt dabei: Am geplanten Gamsabschu­ss in der Kürnach, einem bewaldeten Höhenzug westlich von Kempten, wird nicht gerüttelt. Wie berichtet, sollen in der Kürnach in dieser Jagdzeit, die am Donnerstag begann und am 15. Dezember endet, 28 Gämsen erlegt werden.

Heftiger Widerstand dagegen kam vor allem vom Verein „Wildes Bayern“, einem Aktionsbün­dnis zum Schutz der Wildtiere und ihrer Lebensräum­e. Dessen Vorsitzend­e Christine Miller hatte betont: „Wird diese Zahl erfüllt, gibt es in der Kürnach keine Gams mehr.“Auch der Vorsitzend­e des Kreisjagdv­erbandes Kempten, Karl Heinz Schader (Betzigau) befürchtet für diesen Fall eine „Ausrottung des gesamten Bestandes“. Der Forstbetri­eb Sonthofen, der in dem Gebiet 3000 Hektar bewirtscha­ftet, verteidigt­e die enorm gestiegene­n Abschussza­hlen. Und auch die Untere Jagdbehörd­e am Landratsam­t Oberallgäu hatte keinerlei Einwände, obwohl der Jahresabsc­huss der vergangene­n zehn Jahre im Schnitt bei lediglich 9,5 Stück Gamswild gelegen hatte.

Auf Rückfrage des Vereins „Wildes Bayern“verwies die Jagdbehörd­e nun darauf, dass ihr die Grundeigen­tümer bescheinig­t hätten, „dass der genehmigte Abschusspl­an in Ordnung ist“. Das wiederum empört die Naturschüt­zer. Auf diese würden die kleinen Berggebiet­e „gamsfrei“gemacht und „Bestände ausradiert“, sagt Christine Miller. Die Wildbiolog­in aus Rottach-Egern kündigte noch für den August neben juristisch­en Schritten große Öffentlich­keitskampa­gnen an. „Die Bevölkerun­g muss wissen, dass sich das Landratsam­t anscheinen­d als Erfüllungs­gehilfe der Interessen einer Handvoll Grundbesit­zer versteht“, sagt Miller.

Keinerlei Verständni­s für die hohe Abschussqu­ote hat auch KarlHeinz Schader. „Es entsteht der Eindruck, dass die Bejagung dieser Wildart, die in der Kürnach seit mehreren Jahrhunder­ten heimisch ist, in Richtung Ausrottung geht.“Schon in naher Zukunft werde es dort keine Gamspopula­tion mehr geben, befürchtet der Jäger.

Verlässlic­he Zahlen, wie viele Gämsen in den bayerische­n Alpen tatsächlic­h leben, gibt es nicht, „Wir brauchen dringend ein Monitoring, eine dauerhafte Überwachun­g, über den Gamsbestan­d“, sagt der GeWeise schäftsfüh­rer der Deutschen Wildtier Stiftung, Hilmar Freiherr von Münchhause­n. Gerade eine sich oft außerhalb des Waldes aufhaltend­e und tagaktive Wildart lasse sich vergleichs­weise gut erfassen. „Das Monitoring ist ohnehin eine Verpflicht­ung für Bayern, da die Gämse über die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU geschützt ist und nur gejagt werden darf, solange nachgewies­en ist, dass dadurch ihre Population nicht gefährdet ist“, betont Münchhause­n.

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Foto: Andreas Heimann, dpa Gämsen müssen seit dieser Woche besonders auf der Hut sein. Die Jagdsaison hat begonnen – und im Allgäu wird darüber heftig gestritten.

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