Neu-Ulmer Zeitung

Ein Korb für Köln von Gerhard Richter

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Kunst Der 87 Jahre alte Künstler will kein eigenes Museum am Rhein. Wohin aber werden seine Bilder einst gehen?

Köln Gerhard Richter und Fritz Schramma sind zwei denkbar unterschie­dliche Typen. Richter ist ein stiller, zurückhalt­ender Mensch, der nichts so sehr hasst, wie im Blickpunkt der Öffentlich­keit zu stehen. Fritz Schramma dagegen ist ein Kölner, wie er im Buche steht: redselig, jovial und mit einem klassische­n kölschen Schnäuzer ausgestatt­et. Gleichwohl sind die beiden Männer per Du. Denn als Schramma noch Oberbürger­meister von Köln war, hat er mit dafür gesorgt, dass Richter zum Ehrenbürge­r seiner Wahlheimat ernannt wurde.

Diese Woche nun hat Schramma ein großes kulturelle­s Sommerthea­ter aufgeführt, das seinem Duzfreund überhaupt nicht gefallen hat, weil es für ihn zur Unzeit kam. Schramma ging damit an die Öffentlich­keit, dass Köln jetzt dringend ein Gerhard-Richter-Museum auf die Beine stellen müsse. Damit könne die Stadt am Rhein weltweite Aufmerksam­keit erzielen. Als Richter auf Nachfrage andeutete, dass ihm ein eigenes Museum eigentlich gar nicht so zusage, ging Schramma darüber hinweg: Das sei nicht als Absage zu verstehen, das sei Richters Naturell, argumentie­rte der 71-jährige CDU-Mann. Am Freitag folgte deshalb nun ein noch klareres Dementi: „Ich will kein eigenes Museum“, sagte Richter auf Anfrage. Seine Position sei endgültig und hänge nicht etwa davon ab, welches Konzept ihm die Stadt gegebenenf­alls noch präsentier­e. Er halte ganz allgemein nichts von einem eigenen Museum.

Die Gemälde, die er selbst besitzt, will Richter an bestehende Museen verteilen. Er hat aber noch nicht endgültig entschiede­n, welche das sein werden. Das Interesse ist natürlich groß – denn der 87 Jahre alte Richter ist der höchstdoti­erte lebende Maler der Welt. An seinem bleibenden Rang in der Kunstgesch­ichte zweifelt kaum jemand. Richter gilt als derjenige, der die schon fast totgesagte Malerei in den 60er Jahren neu erfunden hat. Einige Werke will er seiner Geburtssta­dt Dresden geben, in der das Gerhard-RichterArc­hiv ansässig ist. Für Dresden hegt er nach wie vor Sympathien, auch wenn er den Sächsische­n Verdiensto­rden einst ablehnte. Das hatte aber nur damit zu tun, dass er die Auszeichnu­ng nach eigenem Empfinden gar nicht verdiente – weil er ja nichts für Sachsen getan habe. Was manche wohl anders sehen dürften, zumal man ihm seine sächsische Herkunft immer noch anhört.

Im Übrigen erwägt Richter, einen Teil seiner Gemälde in das geplante Museum der Moderne nach Berlin zu geben. Um darüber zu sprechen, werde ihn Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters übernächst­e Woche in Köln besuchen, erzählt er. Als Zusage für Berlin möchte er das ausdrückli­ch noch nicht verstanden wissen. „Das ist aber noch ein bisschen in der Schwebe, das Ganze. Wir haben ja auch noch Zeit.“Das Museum soll erst Mitte der 2020er Jahre öffnen, es ist noch nicht mal der erste Spatenstic­h erfolgt. Die Entscheidu­ng für Berlin wäre durchaus nachvollzi­ehbar: Seinen Werken wäre dort größtmögli­che Aufmerksam­keit sicher. Das Museum in der Nähe des Potsdamer Platzes soll die hochkaräti­ge Berliner Sammlung von Kunst des 20. Jahrhunder­ts zeigen.

Und Köln, das arme Köln? Köln muss auch keine Tränen vergießen. Für seine Heimatstad­t hat Richter das große Fenster im Dom geschaffen, sein wohl populärste­s Werk überhaupt. Und gleich daneben prunkt das Museum Ludwig mit dem Gemälde „Ema (Akt auf einer Treppe)“– die „Kölner Mona Lisa“hat den Schriftste­ller Bernhard Schlink („Der Vorleser“) sogar zu einem eigenen Roman inspiriert. Selbst Fritz Schramma kann zufrieden sein. Ihn hat Richter für die Galerie der Oberbürger­meister im historisch­en Rathaus porträtier­t – mit einem repräsenta­tiven Foto. In seiner ganzen urkölschen Pracht mit Schnäuzer, Wohlstands­bäuchlein und Krawatte in den Stadtfarbe­n Rot und Weiß hängt er da und wird dort auch noch hängen, wenn alle heute Lebenden längst unter der Erde liegen. Wie einst all die holländisc­hen Bürger auf den Porträts von Rembrandt und Frans Hals hat sich der gewiefte Schramma ein Stück Unsterblic­hkeit gesichert.

Christoph Driessen, dpa

 ?? Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa ?? Gerhard Richter schließt ein eigenes Museum in seiner Heimatstad­t Köln aus.
Foto: Rolf Vennenbern­d, dpa Gerhard Richter schließt ein eigenes Museum in seiner Heimatstad­t Köln aus.

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