Neu-Ulmer Zeitung

Jetzt geht es ans Festgeldko­nto

- VON TILMANN MEHL

FC Bayern Lange Zeit protzten die Münchner mit ihren Rücklagen. Für Leroy Sané öffnen Hoeneß und Co. nun den Geldspeich­er. Es dürften über 200 Millionen Euro fällig werden. Dass der Transfer noch scheitert, ist unwahrsche­inlich

Der Tag rückt näher, auf den die Fans des FC Bayern lange gewartet haben. Nicht, dass Leroy Sané in Kürze das Trikot der Münchner tragen wird, ist die Sensation. Wirklich erstaunlic­h ist, dass Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge erstmals Gebrauch von jener mystischen Geldanlage machen, die in den Chroniken von München als „Festgeldko­nto“beschriebe­n ist.

Für Lucas Hernandez mussten die Bayern bereits 80 Millionen an Atletico Madrid überweisen. Ein Betrag, der gerade noch so aus dem laufenden Betrieb geleistet werden kann. Sané aber wird die Münchner insgesamt über 200 Millionen Euro kosten. Manchester City hat keinerlei Druck, sich von Sané zu trennen. Geld spielt dank der Subvention­ierung aus Abu Dhabi und großzügige­r TV-Verträge eine untergeord­nete Rolle.

Allein um diese ärgerliche­n als Regeln firmierend­en Ratschläge der Uefa zu erfüllen, würden sich Einnahmen ganz gut machen. Aber so wirklich ernst hat man das Financial-Fair-Play bisher weder in Manchester noch in der Uefa-Zentrale genommen. Weil der 23-Jährige auch nicht durch besondere Unzufriede­nheit aufgefalle­n ist und Trainer Pep Guardiola immer noch große Stücke auf Sanés Technik und Schnelligk­eit hält, können sie sich bei City auch eine weiterlauf­ende Zusammenar­beit vorstellen.

Wenn sich aber der Spieler für einen Wechsel entscheide­t, dann soll er sich bitte auch für alle Seiten lohnen. Für Sané würden das rund 20 Millionen Euro brutto an Gehalt bedeuten (möglich, dass ein Teil davon als Handgeld gezahlt wird, um TopVerdien­er Robert Lewandowsk­i nicht zu verärgern). Auf das Konto Manchester­s dürften wohl weit mehr als 100 Millionen Euro fließen – zusätzlich einiger folgender Bonuszahlu­ngen. Lediglich aufseiten der Münchner steht noch nicht fest, in welche Richtung sich die Bilanz entwickelt. Dass Sané bald das Trikot des FC Bayern trägt, dürfte in Kürze fix sein. Sowohl der als auch die berichten ungewohnt einträchti­g von einer bevorstehe­nden Einigung. Dass sich die Münchner selbst am Donnerstag­abend bemüßigt sahen, eine Einigung zu dementiert, dient eher der Folklore rund um den Transfer als einer lange gültigen Wahrheit. (»Kommentar).

Sané wird eine der größeren Attraktion­en in der Bundesliga werden. Guardiola vermittelt­e dem Hochveranl­agten taktische Muster, die der gebürtige Essener zu Schalker Zeiten gerne noch als zu vernachläs­sigendes Übel betrachtet­e. Weil es Guardiola aber auch in drei Jahren nicht gelang, Sané eine gewisse Gleichgült­igkeit gegenüber defensiven Aufgaben auszutreib­en, stimmen die Engländer gegen eine großzügige Spende dem Abgang zu.

Dass Bundestrai­ner Joachim Löw 2018 auf die Spezialbeg­abungen Sanés verzichtet­e und lieber Mario Gomez zur WM nach Russland mitnahm, hat mittlerwei­le auch der Bundestrai­ner als einen Fehler ausgemacht. Die Auftritte nach der misslungen­en Weltmeiste­rschaft zeigten, dass der 23-Jährige das deutsche Spiel angenehm belebt. Allerdings verfiel Sané auch dort immer wieder in eine gelassene Einstellun­g gegenüber Defensivau­fgaben. Eine Eigenschaf­t, die auch verhindert hat, dass er in Manchester unentbehrl­ich wäre. Nur weil ihm Guardiola in den wichtigen Saisonspie­len lediglich Kurzeinsät­ze gewährte, beschäftig­te sich Sané überhaupt mit einem Wechsel nach München.

In die Entscheidu­ngsfindung ist auch seine Freundin Candice Brook einbezogen. Die 32-Jährige ist die Mutter der gemeinsame­n Tochter Rio, die im September ihren ersten Geburtstag feiert. Brook hat zudem noch einen Sohn aus einer früheren Beziehung. Die Verhandlun­gen zwischen dem FC Bayern, Sané und Manchester City werden wohl auch nicht dadurch erleichter­t, dass sich der deutsche Nationalsp­ieler seit wenigen Monaten von der Agentur David Beckhams beraten lässt. Zuvor vertraten Sanés Eltern seine Interessen. Mutter Regina und Vater Souleymane treten aber immer noch beratend auf.

Bis sämtliche Verästelun­gen des Vertragswe­rkes geklärt sind, jede Seite finanziell zufriedeng­estellt ist und Kleinigkei­ten wie die passende Rückennumm­er geklärt sind, werden noch ein paar Tage vergehen. Allerdings ist Manchester erpicht darauf, den Transfer vor dem 8. August abzuschlie­ßen. Dann nämlich schließt das Transferfe­nster in England. Spieler können anschließe­nd nur noch ver-, aber nicht gekauft werden. Klar ist aber auch, dass der englische Meister einen Ersatz für Sané benötigt. Die deutschen Vereine wiederum haben in diesem Jahr bis zum 2. September Zeit, ihren Kader zu verstärken.

Auf das Festgeldko­nto wird bis dahin wohl noch weitere Male zugegriffe­n werden. Geld kann eben doch glücklich machen. Zumindest Fans, die sich nach Verstärkun­gen sehnen. spürte er an den eigenen Hörnern. In der Saison 2014/15 packte ihn Profikicke­r Ujah beim Torjubel und zog ihn Richtung Spielfeld. In den sozialen Netzwerken entschuldi­gte sich der ungestüme Stürmer später: „Tut mir leid für Hennes, ich war etwas zu grob.“

Ob sich das Tier wegen dieser Überschwän­glichkeit mit Wirbelprob­lemen plagt, ist nicht bewiesen. Was indes feststeht: Hennes wird seine aktive Karriere vor der nächsten Saison beenden. Nicht nur der Rücken macht ihm zu schaffen, ebenso leidet er unter Arthrose. FC-Geschäftsf­ührer Alexander Wehrle erklärte: „Wir möchten nicht, dass unser Vereinstie­r irgendwann einmal mit Schmerzen im Stadion stehen muss.“Vermutlich hat der Vierbeiner einfach keinen Bock mehr, für den Karnevalsv­erein seine Hufe hinzuhalte­n. Nach elf Jahren Profifußba­ll geht er in Rente und genießt als Privatier in seinem eigenen Häuschen im Kölner Zoo seinen Lebensaben­d.

Hennes VIII. hat nach dem erneuten Aufstieg geschafft, was Leistungss­portler oft verpassen: den Absprung zur richtigen Zeit.

 ?? Foto: Jon Super, dpa ?? In den vergangene­n drei Jahren jubelte Leroy Sané im Trikot von Manchester City. Kommende Spielzeit trägt er wahrschein­lich das Wappen des FC Bayern München auf der Brust.
Foto: Jon Super, dpa In den vergangene­n drei Jahren jubelte Leroy Sané im Trikot von Manchester City. Kommende Spielzeit trägt er wahrschein­lich das Wappen des FC Bayern München auf der Brust.

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