Gute Jobaussichten
Wirtschaft Die IHK-Regionalversammlung sieht weiterhin gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das hat vor allem mit den Babyboomern zu tun
Landkreis Schlittert Europa tatsächlich wieder in eine Krise? Zumindest mehren sich die Anzeichen für eine Eintrübung der Konjunktur. Die hiesigen Wirtschaftsvertreter wollen nicht unbedingt in das Krisengeraune einstimmen. Gerd Stiefel, Vorsitzender der IHK-Regionalversammlung Neu-Ulm und sein Stellvertreter Bernd Mack sehen die Dinge bei Weitem nicht so schwarz. Da werde ständig etwas Neues behauptet, meinen beide. Dass sich die Zahl der Arbeitsplätze in nächster Zeit deutlich verringern könnte, glauben sie nicht. Stiefel argumentiert: In den kommenden Jahren geht die Babyboomer-Generation mit ihren geburtenstarken Jahrgängen in Rente. Deshalb seien die Jobperspektiven für jungen Menschen auch weiterhin gut.
Vielmehr leidet die Wirtschaft nach wie vor am Fachkräftemangel. Dem zu begegnen, hat sich die 2018 neu gewählte Regionalversammlung als eines ihrer wichtigsten Themen auf die Fahne geschrieben. Um jungen Menschen besser zeigen zu können, welchen Anforderungen in einer Reihe von Berufen sie erfüllen müssen, wurde auf Initiative der IHK zusammen mit der Hochschule Neu-Ulm ein Pilotprojekt entwickelt, das im Herbst startet. Anhand eines wissenschaftlich erarbeiteten Katalogs sollen Schülerinnen und Schüler sich selber daraufhin testen können, ob ihr Wunschberuf für sie tatsächlich infrage kommt. Derzeit gibt es das nur als Kriterienkatalog auf Papier, der an zwei Schulen getestet und weiterentwickelt werden soll. Danach soll das Ganze als App digital zur Verfügung stehen.
Um den Lehrlingen die gleichen Vergünstigungen zukommen zu lassen wie Studenten, die mit ihrem Ausweis Rabatte etwa beim Eintritt erhalten, möchte die IHK im September eine Azubi-Card einführen. Wie Bernd Mack sagte, hoffe man auf Partner in der Region, die entsprechende Rabatte gewähren.
Für eine stark exportabhängige Wirtschaftsregion wie Schwaben spielt es eine wichtige Rolle, dass der Austausch von Waren und Dienstleistungen über Grenzen hinweg möglichst einfach ist. Doch dabei tauchen vermehrt Probleme auf, etwa durch eine Vorschrift, die nach Ansicht von Gerd Stiefel „wie ein Handelskrieg unter dem Radar“wirkt: der Zwang zur A1-Erklärung. Dieses Papier bescheinigt etwa Servicetechnikern oder Bauarbeitern bei Auslandseinsätzen, dass sie in ihrer Heimat sozialversichert sind. Verstärkt werde in manchen Ländern kontrolliert, ob das Papier mitgeführt wird, andernfalls drohen Bußgelder. Da für jeden Einsatz erneut eine solche Bescheinigung ausgestellt werden muss, was Wochen dauern kann, führe das zur Belastung der Wirtschaft: „Wir bürokratisieren uns in einen Irrsinn hinein“, finden Mack und Stiefel.
Ebenfalls als Hemmnis empfindet die IHK, dass Gewerbegebiete schlechter mit schnellen Internetzugängen versorgt seien als Privathaushalte. Da habe die Politik in der Vergangenheit geschlafen. Jetzt gebe es zwar Fördergelder, doch nun finden sich wegen der guten Baukonjunktur kaum Firmen, welche den Ausbau umsetzen können.
Ansonsten sei die Region in Sachen Digitalisierung gut aufgestellt, findet IHK-Regionalgeschäftsführer Oliver Stipar. Bald kommt ein neuer Baustein hinzu: Im Kreis Günzburg entsteht ein digitales Gründerzentrum, wohl auf dem Gelände des einstigen Leipheimer Fliegerhorstes. Im Kreis Neu-Ulm existieren bisher keine Pläne für solch eine Einrichtung. Vielversprechend findet die IHK ein Vorhaben des Schwabenbundes, einer Art Lobbyvereinigung für die grenzüberschreitende Region zwischen Heidenheim und dem Bodensee. Er tritt mit einem griffigen Vorhaben an die Öffentlichkeit: einer Verkehrs-App. Nutzer finden damit, unter Berücksichtigung der aktuellen Verkehrslage, den schnellsten und günstigsten Weg von A nach B, mit allen zur Verfügung stehenden Verkehrsmitteln. Das ist ein neuartiger Routenplaner, mit dem auch das Nahverkehrsticket bezahlt werden kann.
Noch ein Wort zum gescheiterten Nuxit: Die IHK-Vertreter sind froh, dass Innenminister Joachim Herrmann „unsere Argumente“gegen die Kreisfreiheit Neu-Ulms ins Feld geführt hat.
Ab September soll es eine Azubi-Card geben