Der Fromme, der aus Irland kam
Es war eine Zangenbewegung. Von Nordwest drang Columban heran, vom Süden arbeitete sich Augustin über die Alpen vor. Beider Ziel: die Ungläubigen in den Tiefen der kontinentalen Provinz, die Bewohner der Wälder und Heiden, kurz: die Heiden zu bekehren. Das Christentum hatte zwar nördlich der Alpen hier und da schon Fuß gefasst. Aber seit dem Untergang
Roms und der Völkerwanderung erschienen die alten germanischen Götter in neuer Stärke. In den Herzen der einfachen Leute hatten sie ohnehin einen festen Platz. Nur die großen Städte und Klöster pflegten als Inseln der Gelehrsamkeit den neuen Glauben an den einzigen Gott. Und ganz links oben, auf der Insel der Iren, hatte Christus seit langem unermüdliche Fürsprecher. Ihr berühmtester war der heilige Patrick. Er hat den Iren dauerhaft den heute nicht mehr so heiligen, sondern vor allem feucht-fröhlichen St.-Patricks-Tag (17. März) beschert.
Der wichtigste Schüler und Nachfolger des keltischen Nationalheiligen war Columban. Der ist nicht ganz so berühmt, war aber heftig an der Christianisierung der Kontinentaleuropäer beteiligt.
Auf allerlei Umwegen war das Christentum früh nach Irland gelangt und wanderte nun in Gestalt frommer Kelten zurück auf den Kontinent. Columban brach etwa 564 nach Schottland auf. Mit zwölf „Jüngern“gründete er auf der Hebriden-Insel Iona ein Kloster. Von dort missionierte er die schottischen Hochländer, bis sie sich von ihren keltischen Göttern verabschiedeten. Dann gelangte er über das Frankenreich den Rhein hinab zu den Alemannen.
Da die Iren am Rande Europas nie dem Römischen Reich angehört hatten, bestand auch keine Verbindung zur päpstlichen Form des Christentums. Columban trug ein mönchisches, asketisches Christentum auf den Kontinent, das griechisch orientiert und unabhängig von Rom war.
Das konnte der Papst nicht auf sich sitzen lassen. Also stieß, mit etwas Verspätung, Augustin von Italien in den Norden vor. Erfolgreich: Der heilige Augustin und Rom eroberten schließlich den Kontinent. Columban wurde, wie sein großer Kollege Patrick, schließlich von Rom heiliggesprochen, obwohl er der römischen Kirche strategisch in die Quere gekommen war. Seine karge Insel Iona ist bis heute ein Pilgerort für die Anhänger des großen Frommen, der aus Irland kam.