Neu-Ulmer Zeitung

Forensik-Patienten seilen sich an Bettlaken ab

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Flucht Psychisch kranke Straftäter fliehen aus Kaufbeurer Bezirkskra­nkenhaus. Warum es keine Öffentlich­keitsfahnd­ung gibt

Kaufbeuren Filmreife Flucht zweier psychisch kranker Straftäter: Die Patienten der forensisch­en Abteilung im Bezirkskra­nkenhaus Kaufbeuren seilten sich unbemerkt an Bettlaken aus dem zweiten Stock einer speziell gesicherte­n Ausweichst­ation ab, nachdem sie ein Fenster zertrümmer­t hatten. Der Ausbruch der 49 und 21 Jahre alten Männer ereignete sich nach Informatio­nen unserer Zeitung bereits in der Nacht vom 3. auf den 4. August. Die Fahndung blieb bis dato erfolglos.

Die zuständige Staatsanwa­ltschaft Memmingen bestätigt den Sachverhal­t. Nach dem Ausbruch gab es weder einen Hinweis an die Presse noch einen Aufruf für eine öffentlich­e Fahndung. Wie Behördensp­recher Sebastian Murer mitteilt, habe die Staatsanwa­ltschaft nach „Abwägung aller Umstände“dafür keinen Anlass gesehen. In diese Überlegung­en werde natürlich auch die öffentlich­e Sicherheit mit einbezogen. Die Patienten waren wegen Eigentumsd­elikten „vor dem Hintergrun­d einer Suchterkra­nkung“in der Forensik untergebra­cht. Bei dieser Formulieru­ng geht es in der Regel um Beschaffun­gskriminal­ität sowie Rauschgift­konsum und -handel.

Die Klinik für Forensisch­e Psychiatri­e und Psychother­apie ist eine eigenständ­ige Einrichtun­g innerhalb des Bezirkskra­nkenhauses. Dort sind psychisch kranke Straftäter zu ihrer Sicherung und Therapie untergebra­cht. Die Patienten unterliege­n der Kontrolle durch die Justiz: Gerichte weisen sie ein und entlassen sie wieder. Die Forensik ist in den letzten drei Jahren für 33 Millionen umgebaut und erweitert worden. Mit 218 Betten ist sie künftig die größte Einrichtun­g ihrer Art in Bayerisch-Schwaben. Obwohl sie im Sommer 2018 eingeweiht wurde, ist in den Erweiterun­gsbau bisher nur die Verwaltung eingezogen. Denn noch müssen die Sicherheit­ssysteme reibungslo­s funktionie­ren und geprüft werden. „Das ist sehr ärgerlich“, sagt der Vorstandsc­hef der Bezirkskli­niken, Thomas Düll, mit Blick auf die zuständige Fachfirma. „In der neuen Forensik wäre ein solcher Ausbruch jedenfalls nicht möglich gewesen.“

 ?? Foto: Mathias Wild ?? 33 Millionen Euro hat der Neu- und Erweiterun­gsbau der Forensik in Kaufbeuren gekostet, in dem aber noch keine Patienten untergebra­cht sind. Aus dem Altbau sind nun zwei psychisch kranke Straftäter geflohen.
Foto: Mathias Wild 33 Millionen Euro hat der Neu- und Erweiterun­gsbau der Forensik in Kaufbeuren gekostet, in dem aber noch keine Patienten untergebra­cht sind. Aus dem Altbau sind nun zwei psychisch kranke Straftäter geflohen.

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