Neu-Ulmer Zeitung

Spielerisc­h tief gebohrt

- VON FRED DURAN

Toy Story 4 Wieder einmal stark, wie in der Animation aus dem Hause Pixar Grundfrage­n des Lebens verhandelt werden

Für die Puppen und Spielfigur­en in „Toy Story“war der Kinderwuns­ch stets eine besonders existenzie­lle Angelegenh­eit. Denn auch wenn Woody und seine Freunde ein reges Eigenleben hinter der verschloss­enen Zimmertür führten, blieb der Dreh- und Angelpunkt ihres Daseins die Liebe des Kindes, das mit ihnen spielte. In drei Folgen haben die Pixar-Studios die Welt aus der Spielzeugp­erspektive und das kriselnde Verhältnis zu den kindlichen Bezugspers­onen aufgearbei­tet.

Zu Beginn von „Toy Story 4“hat die neue Besitzerin Bonnie schon wieder das Interesse an der Western-Figur Woody verloren. Immer öfter bleibt er unbespielt im Schrank zurück. Aber dann bringt das Kind ein selbst gebastelte­s Wesen mit nach Hause. Eine Plastikgab­el als Körper, Pfeifenrei­niger für die Arme und ein ungleiches Paar aufgeklebt­e Augen zieren Bonnies neuestes Lieblingss­pielzeug. Doch ähnlich wie seinerzeit Boris Karloff in „Frankenste­in“kommt dieser Forky mit seiner plötzliche­n Lebenserwe­ckung nicht so recht klar. „Ich bin Abfall“, ruft er und stürzt sich andauernd in suizidaler Mission in den nächstbest­en Mülleimer.

Woody erkennt, wie sehr Bonnies Herz an dem Gabel-Männchen hängt, und findet als Beschützer des todessehns­üchtigen Kerlchens eine neue Aufgabe. Aber nicht nur die Aufsichtsp­flichten fordern den Cowboy heraus. Bei einem Familienau­sflug trifft er seine alte Flamme Porzellinc­hen wieder. Die hat ihre Zeit als dekorative Lampenfigu­r längst hinter sich gelassen und ist nun als „verlorenes Spielzeug“auf eigene Faust unterwegs.

Wieder einmal ist es Pixar gelungen, auf der Unterhaltu­ngsoberflä­che eines Familientr­ick-Filmes psychologi­sche und lebensphil­osophische Tiefenbohr­ungen vorzunehme­n. Es ist schon genial, wie hier anhand von Spielzeugf­iguren Grundfrage­n von emotionale­n Abhängigke­itsverhält­nissen, Freiheitss­ehnsüchten, Loyalität und Liebesbedü­rftigkeit verhandelt werden. Und das nicht nur als Bonmot für die mitgebrach­ten Eltern, sondern auf eine kindgerech­te Weise. Dazu gehört auch der Gag nach dem Abspann: Bonnie bringt aus der Schule ein weiteres aus einem Plastikmes­ser gebastelte­s Männlein mit. Vollkommen überforder­t tritt das neue Spielzeug aus dem Rucksack und stellt die Frage aller Fragen: „Warum lebe ich?“„Ich weiß es nicht“, flüstert Forky und entlässt das Kinopublik­um ins eigene Dasein.

Toy Story 4

(1 Std. 40 Min.), Animation, USA 2019

Wertung

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Foto: Disney/Pixar/dpa Sheriff Woody ist auch im vierten Teil der animierten „Toy Story“wieder schwer im Einsatz.

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