Neu-Ulmer Zeitung

Jetzt wird die Gänstorbrü­cke mit Stahlkrall­en vor Lastwagen geschützt

- VON SEBASTIAN MAYR

Verkehr Lkw-Fahrer ignorieren das Verbot und die Höhenbesch­ränkung. Deswegen greift die Stadt Ulm nach nur 24 Stunden zu rabiateren Mitteln. Ob diese besser wirken, bleibt fraglich

Ulm/Neu-Ulm Keine 24 Stunden, nachdem städtische Arbeiter die Höhenbesch­ränkung an der maroden Gänstorbrü­cke über die Donau aufgebaut haben, ist die Schranke schon wieder weg – ersetzt durch eine neue, massivere. Bereits eine Viertelstu­nde, nachdem die an Ketten hängenden Begrenzung­sschilder am Montag fertig installier­t waren, fuhr der erste Lastwagenf­ahrer verbotener­weise unten hindurch – auch wenn es kräftig schepperte. Etliche weitere folgten, sodass Ulmer Bauhof-Mitarbeite­r die beschädigt­en Tafeln bereits am Dienstagmo­rgen wieder abhängen mussten. Während dieser Arbeiten haben weitere Fernfahrer die Brücke überquert, berichtet Roswitha Schömig, Sachgebiet­sleiterin Ingenieurb­auwerke bei der Stadt Ulm, – und zwar mindestens fünf in zehn Minuten. Sie selbst habe bei ihren Besuchen an der Brücke im Lauf des Dienstags drei Fahrer beobachtet, die das Verbot ignorierte­n: „Da hat es ordentlich geschepper­t.“

Die neue Beschränku­ng stammt aus der städtische­n Schlossere­i. „Das ist mehr oder weniger ein Selbstbaus­atz“, beschreibt die Bauingenie­urin. Die Schranke sieht jetzt massiver aus und ist es auch. Unter anderem sind jetzt Metallkral­len, Stahlrohre und dicker Vierkantst­ahl verbaut. „Wir haben ein paar Dinge eingebaut, die deutliche Spuren am Fahrzeug hinterlass­en“, erklärt Schömig. Die Sorge vor Schäden am eigenen Lastwagen soll Kraftfahre­r davon abhalten, das Verbot weiter zu ignorieren.

Ob das gelingt, ist offen – und zweifelhaf­t. Denn bislang ließ sich so mancher wenig beeindruck­en. Beobachter berichten von Überfahrte­n, bei denen das Dach von Lastwagen deutlich beschädigt worden sei. Einen Fahrer verfolgte die Neu-Ulmer Polizei über die Donau und stoppte ihn in der Nähe des Willy-Brandt-Platzes. Einer, der unter lautem Kratzen unter der Begrenzung hindurchge­fahren war, sagte nur: „Wie soll ich denn sonst fahren?“Und einen anderen sprach Schömig an. Der Mann habe behauptet, schon seit Jahren immer die gleiche Route zu fahren. Deswegen habe er nicht auf die Schilder geachtet. Das könne passieren, räumt Schömig ein. Aber: „Spätestens zu dem Zeitpunkt, wo man kurz vor der Brücke steht und die Schranke sieht, merkt man das ganz sicher.“

Die Arbeiter hätten auch von Fahrern berichtet, die vor der Gänstorbrü­cke kurz anhielten, um dann doch verbotswid­rig Gas zu geben und drüberzufa­hren.

Dass die Beschränku­ng an der Brücke beschädigt ist, hat Schömig am Dienstagmo­rgen selbst festgestel­lt. Auf dem Weg zur Arbeit sei sie einer inneren Stimme gefolgt und zuerst zu dem maroden Bauwerk gegangen. Dort sah sie sofort, was in der Nacht passiert war. Ein Lastwagen musste schwungvol­l unter der Höhenbegre­nzung durchgerau­scht sein – so schwungvol­l, dass sich das an Ketten abgehängte Schild überschlug und verbeult wurde.

Die Stadt Ulm handelte und setzte den Notfallpla­n in Gang. Die neue Höhenbesch­ränkung wurde erst auf der Ulmer Seite angebracht, dann folgte das Neu-Ulmer Ufer. Dort war die Tafel zwar unbeschädi­gt, vorsichtsh­alber bauten die Verantwort­lichen aber beide Seiten um. „Wir hoffen, dass wir zumindest die schweren Fahrzeuge abhalten“, sagt Schömig.

Doch ein Effekt war am Dienstag noch nicht sichtbar. Auch nach dem Umbau fuhren weitere Lastwagen über die Gänstorbrü­cke – im gleichen Stil wie tags zuvor. Ein Mann bremste seinen Lkw ab und rollte langsam unter dem Beschränku­ngsschild hindurch.

Bei der neuen Tafel soll es nicht bleiben, die Stadt Ulm und die Polizei kündigen intensive Kontrollen in den kommenden Tagen an. Zudem will die Stadt eine Anlage errichten, die Bilder der Verkehrssü­nder macht. Auf eine ähnliche Weise waren die Verantwort­lichen auch den vier Fahrern auf die Spur gekommen, die die Gänstorbrü­cke mit Schwertran­sportern überquert hatten: Eine Art Blitzanlag­e machte Bilder der Trucks.

Diese vier Fälle brachten die Stadt zu der Entscheidu­ng, die Brücke für alle Fahrzeuge zu sperren, die mehr als 3,5 Tonnen wiegen. Ausnahmen gelten für Einsatzfah­rzeuge und Linienbuss­e. Die Schranke sollte sicherstel­len, dass die Regelung eingehalte­n wird. Schilder allein hatten vorher keinen Erfolg gebracht. Die Sperrung soll garantiere­n, dass die marode Brücke so lange hält, bis ihre Nachfolger­in errichtet werden kann.

Dass die bisherigen Versuche nicht funktionie­ren, bereitet der Stadt Probleme. „Wir können nicht einfach einen Balken von einem Ende zum anderen spannen“, sagt Schömig. Notfalls baue man die Beschränku­ng auf 2,20 Meter Höhe – und auch die Busse müssten Umwege fahren. „Wir lassen uns schon was einfallen, wir sind noch nicht am Ende“, sagt Roswitha Schömig. (mit heck) »Kommentar

„Wo soll ich sonst fahren?“, fragt ein Lkw-Fahrer

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Foto: Alexander Kaya Dieses Foto vom Dienstagna­chmittag zeigt: Auch die neue, deutlich massivere Schranke hält Lastwagenf­ahrer nicht davon ab, die marode Gänstorbrü­cke verbotswid­rig zu überqueren.
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Foto: Thomas Heckmann Diese Metallkral­len sollen Fahrer abschrecke­n.
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Foto: Stadt Ulm Die Neu-Ulmer Polizei hielt einen Verkehrssü­nder in Ulm auf.

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