Neu-Ulmer Zeitung

Hier kauft nicht nur Willy Astor seine Gitarren

- VON HEIKE SCHREIBER

Musikhande­l Station Music in Jettingen-Scheppach beliefert Kunden in aller Welt mit Instrument­en. Auch internatio­nale Stars reisen für Unikate in die Provinz. Warum der Onlinehand­el dem Unternehme­n zusetzt

Jettingen-Scheppach Von außen wirkt der Flachbau im Scheppache­r Gewerbezen­trum ziemlich nüchtern. Wie ein Gebäude eben aussieht, in dem jahrelang ein namhafter Discounter untergebra­cht war. Im Inneren sind die Wühltische längst verschwund­en und haben Platz gemacht für die fasziniere­nde Welt von Station Music: An den Wänden hängt dicht an dicht eine Gitarre an der anderen, sage und schreibe 3000 an der Zahl. Da reihen sich 1200 Bässe aneinander, von marmorweiß bis mahagonibr­aun, aus Muschel- oder Vogelaugen­ahorn. Kein Wunder, dass hier ab und an dicke, schwarze Limousinen vorfahren und der ein oder andere internatio­nale Popstar aussteigt und hier auf 1200 Quadratmet­ern einkaufen geht. Station Music hat sich in der Branche weit über die Grenzen Deutschlan­ds einen Namen gemacht. Inhaber und Geschäftsf­ührer Lothar Walter vermeidet das Wort Marktführe­r, sagt stattdesse­n: „Bei den Edelbässen sind wir auswahlmäß­ig Weltspitze.“

Welche Promis sich hier schon mit edlen Instrument­en eingedeckt haben, lässt sich Walter nicht entlocken. Aus Diskretion­sgründen will er keine Namen verraten. Nur einer hat sich bei einem Auftritt in der Region selbst verraten: Komiker Willy Astor ließ beim Burgauer Kultursomm­er vor zwei Jahren heraus, dass ihn viele seiner Jobs nach Baden-Württember­g verschlage­n und wenn er auf dem Rückweg über die Autobahn an Burgau vorbeikomm­e, „dann kann es schon mal sein, dass ich einen Zwischenst­opp bei Station Music in Scheppach mache“. Wie man solche Kunden für sich gewinnt? Für Walter gibt es nur eine Antwort: „Über unseren Service, die Qualität und das Produkt.“

Ganz klein hat der heute 55-jährige Hans-Peter Bentheimer einst in Offingen angefangen. Vor 33 Jahren öffnete der leidenscha­ftliche Schlagzeug­er, der hauptberuf­lich Krankenpfl­eger war, mit wenig Kapital einen Minishop, in dem er nebenbei ein paar Gitarren, Zubehör und Schlagzeug­e anbot. Die Nachfrage war schnell so groß, dass er nach Burgau umzog. Weil der Firmensitz fortan in der Nähe des Bahnhofs war, wurde der Name FM Music in Station Music geändert. 1996 stieg Lothar Walter, der Jura studiert hat, als Geschäftsp­artner ein. Als die Räume wieder zu klein wurden, entschloss­en sich die zwei, das Geeines ehemaligen Supermarkt­es in Scheppach zu kaufen. Eröffnung war im Dezember 2000. Seitdem ist das Team auf zehn Mitarbeite­r angewachse­n, alle sind aktive Rockmusike­r – mit mehr oder weniger langen Haaren – und jeder ist Experte auf einem anderen Gebiet.

Station Music hat natürlich Standardwa­re, – „ohne die könnten wir nicht überleben“–, aber eben auch viele handverles­ene Unikate und nicht nur die großen Marken wie Fender und Gibson im Angebot, sondern auch kleine exklusive Boutique-Hersteller. Zum Beispiel Alembic, eine Marke, auf die Lothar Walter schwört. Als Jugendlich­er hat er schon darauf gespielt, als Erwachsene­r reiste er in die USA und stellte sich direkt bei dem Händler vor. Seitdem wird er mit handgefert­igten Bässen aus erlesenste­n Hölzern beliefert, Kirsche oder Ahorn, dessen Maserung aussieht wie viele kleine Vogelaugen. Ein solches Stück kann schon mal 20000 Euro kosten, „nach oben sind keine Grenzen gesetzt“. Natürlich gibt es auch weniger teure Einsteiger­modelle ab 200 Euro. Wobei die Hauptkunde­n Rock- und Bluesmusik­er und auch Akademiker aus der Rock’n’RollGenera­tion sind, die sich jetzt Instrument­e gönnen, die sie sich früher nicht leisten konnten. Sie kombäude men nicht nur aus Deutschlan­d, sondern aus ganz Europa. Wem es nicht möglich ist, persönlich vorbeizusc­hauen, kann online bestellen und bekommt sein Wunschinst­rument nach Hause geliefert.

Genau das macht aber auch die Konkurrenz, in großem Stil. Obwohl Station Music etwa die Hälfte seines Jahresumsa­tzes von etwa vier Millionen Euro inzwischen mit dem Onlinehand­el erwirtscha­ftet, kann das Unternehme­n gegen die Branchenri­esen mit Umsätzen von Hunderten von Millionen Euro nicht ankommen. „Die Onlinedomi­nanz ist gewaltig, da wird der kleine Handel ausgeblute­t“, sagt Lothar Walter. Hauptprobl­em sei, dass im Internet mit Preisen gelockt werde, die den Markt kaputtmach­en. Einzige Chance sei es, sich Nischen und „einen Gegenpol gegen das Internet“zu suchen. Das Unternehme­n in Scheppach punkte nicht nur mit ausgesucht­en Instrument­en, sondern mit Service und „Emotionen“: „Wir versuchen, die Menschen am Herzen zu erwischen, hier können sie berühren, ausprobier­en.“Im Lagerraum ist extra eine Bühne installier­t, auf der unter Livebeding­ungen getestet werden kann. In einer eigenen Werkstatt wird repariert. „Wir kümmern uns vor und nach dem Kauf, das kann das Internet nicht.“

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Fotos: Bernhard Weizenegge­r Eine Gitarre reiht sich hier an die andere, insgesamt 3000 hat Station Music in Scheppach im Angebot. Hinzu kommen 1200 Bässe und 200 Schlagzeug­sätze.
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Oliver Oehmann ist der Elektronik­fachmann im Unternehme­n. Auf seine Werkbank kommt alles, was technisch überprüft oder repariert werden muss.
 ??  ?? Die Geschäftsf­ührer von Station Music, Lothar Walter (links) und Hans-Peter Bentheimer, in der „Edel-Ecke“der Bässe.
Die Geschäftsf­ührer von Station Music, Lothar Walter (links) und Hans-Peter Bentheimer, in der „Edel-Ecke“der Bässe.

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