Neu-Ulmer Zeitung

Kardinal bleibt in Haft

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Missbrauch Opferanwal­t sieht im Urteil gegen George Pell den „Beweis, dass es Gott gibt“

Melbourne Die Hoffnung auf einen Freispruch hat sich für den ehemaligen Vatikan-Finanzchef George Pell zerschlage­n: Der Kardinal aus Australien muss wegen sexuellen Missbrauch­s von Minderjähr­igen im Gefängnis bleiben. Der Oberste Gerichtsho­f in Melbourne wies am Mittwoch seinen Einspruch gegen die Verurteilu­ng zu sechs Jahren Haft zurück. Die Richter verzichtet­en auch darauf, einen neuen Prozess anzusetzen. Damit kann der 78-Jährige frühestens im Oktober 2022 aus der Haft entlassen werden.

Als Finanzchef war Pell unter Papst Franziskus jahrelang die Nummer drei des Kirchensta­ats. Er ist der ranghöchst­e katholisch­e Geistliche, der jemals wegen sexuellen Missbrauch­s von Minderjähr­igen verurteilt wurde. Jetzt hat er nur noch die Chance, Australien­s höchstes Gericht anzurufen.

Das Urteil nahm der Kardinal ohne große Regung auf. Meist blickte er zu Boden. Nach den ersten fünf Monaten Gefängnis war Pell jedoch anzusehen, dass ihm die Haft zu schaffen macht. Er wirkte schwächer als früher. Aus Sorge, dass ihm andere Häftlinge etwas antun könnten, sitzt er in einer Einzelzell­e. 23 Stunden des Tages verbringt er allein. Nach dem Urteil wurde er dorthin zurückgebr­acht. Schriftlic­h ließ Pell erklären, er sei „offensicht­lich enttäuscht“und bekräftigt­e seine Unschuld. Der Mann, den der Kardinal laut Justiz vor fast 25 Jahren missbrauch­t hatte, war zufrieden. Ein Opfer-Anwalt rief sogar: „Halleluja. Das ist der Beweis, dass es Gott gibt.“

Der Vatikan will mit Konsequenz­en abwarten, ob der Fall in eine weitere Runde geht. Pell darf Priester und Kardinal bleiben. Missbrauch­svorwürfe gegen ihn gibt es seit Jahren. Der Fall vor Gericht reicht bis 1996/97 zurück. Damals war Pell Erzbischof von Melbourne. Nach einem Gottesdien­st verging er sich laut Urteil an zwei Chorknaben, die 13 Jahre alt waren. Einen der Jungen zwang er demnach zum Oralsex.

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George Pell

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