Schalke-Fans im Fokus
Fußball Im ersten Bundesliga-Heimspiel der Gelsenkirchener kommen die Münchner. Wie reagieren die eigenen Anhänger auf den umstrittenen Klubchef Clemens Tönnies?
Gelsenkirchen Es ist schon eine lieb gewonnene Tradition in Gelsenkirchen geworden, den Start der Bundesliga-Saison mit einem ökumenischen Gottesdienst zu feiern. Mit blau-weißem Fan-Schal und Talar hielt dieses Mal Pfarrer Frank Dressler, Dauerkartenbesitzer und Fan des FC Schalke 04, in der St.Josephs-Kirche an der Grillostraße die Predigt. Er verriet, dass ihm die abgelaufene Saison noch immer in den Knochen stecke. „Im Vorjahr noch Vizemeister, überraschend und gefeiert. Dann der Absturz und Abstiegskampf.“Mit diesen Worten wird der 53 Jahre alte Pfarrer aus einer Gemeinde im benachbarten Bochum-Wattenscheid in der zitiert. Ob Königsblau am Samstag (18.30 Uhr/Sky) auf himmlischen Beistand vertrauen kann, ist ungewiss. Doch selbst damit dürfte es ein schwerer Heimstart gegen den FC Bayern werden.
Mindestens so spannend wie das Match auf dem Rasen wird zu beobachten sein, wie sich die Fans im Fall Tönnies positionieren. Die Schalker Anhänger hatten beim Pokalsieg beim Viertligisten Drochtersen/Assel (5:0) ein klares Statement gegen den umstrittenen Klubchef abgegeben. Mittlerweile scheint die FanSzene in Anhänger und Gegner des 63-Jährigen gespalten. Der Fleischfabrikant hatte vor rund drei Wochen Steuererhöhungen im Kampf gegen den Klimawandel kritisiert und im selben Zusammenhang mit Äußerungen über Afrikaner irritiert. Diese waren ihm teilweise als Rassismus ausgelegt worden. Die Ethikkommission des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) vertagte zuletzt ihre Entscheidung über die Afrika-Äußerungen des Schalker Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies. „Wir brauchen noch Hintergrund-Informationen. Das ist eine Sache von Wochen, nicht von Monaten“, sagte der Kommissionsvorsitzende Nikolaus Schneider nach der Sitzung des vierköpfigen Gremiums. Der Klubchef lässt sein Amt für drei Monate ruhen und wird gegen die Bayern nicht im Stadion sein.
Die Münchner haben ihren Edelin dieser Woche mit einem weiteren Hochkaräter verstärkt. Gut möglich, dass die Schalke-Fans keinen Heimsieg bejubeln, dafür aber die Künste des Brasilianers Philippe Coutinho bewundern können. Schalkes Stürmer Guido Burgstaller hatte wie Teamkollege Alessandro Schöpf im Juni 2018 beim WM-Test der Brasilianer schon eine unvergessliche Begegnung mit Coutinho. Brasilien brillierte beim 3:0 in Wien gegen Österreich, der 27-Jährige steuerte gar das dritte Tor bei. Gleichwohl freut sich Burgstaller auf das Wiedersehen: „Es ist gut für die Bundesliga, wenn solch ein Spieler kommt“, sagte er am Mittwoch. „Aber die Bayern haben auch so viele gute Spieler.“
Das 0:0 zum Auftakt in Mönchengladbach wertete Trainer David Wagner als Mutmacher mit Steigerungspotenzial. „Wir standen sehr kompakt, das war wichtig. Aber es war auch zu sehen, dass wir uns im Konterspiel noch verbessern müssen.“
Vielleicht ist es für Schalke ein Vorteil, wenn sich im Vorlauf der Partie alle Aufmerksamkeit auf Coutinho richtet und nicht auf Torhüter Alexander Nübel, der sein Team als Kapitän auf den Rasen führen wird und längst in den Bayern-Fokus geraten sein soll. Zu einer Verlängerung seines 2020 auslaufenden Vertrages ließ sich der 22-Jährige zumindest bisher nicht bewegen. Gleich neben Nübel wird Manuel Neuer, sein prominenter Vorgänger, den Rasen im roten Trikader kot betreten – ein interessanter Vergleich zweier Keeper-Generationen. Die Schalke-Fans warten seit mehr als acht Jahren auf einen Pflichtspielsieg gegen die Bayern und seit sieben Monaten auf einen Bundesliga-Heimerfolg.
Der gelang zuletzt im Januar beim 2:1 gegen den VfL Wolfsburg. „Das liegt tatsächlich schon eine halbe Ewigkeit zurück“, sagte Daniel Caligiuri. „Wir haben uns fest vorgenommen, es in dieser Spielzeit besser zu machen. Natürlich ist die Aufgabe alles andere als einfach, aber wir nehmen sie an. Die Bayern haben gegen Hertha zum Auftakt auch Punkte gelassen, warum nicht auch gegen uns. Ich erwarte ein offenes Duell.“Ob mit oder ohne Beistand von oben. (dpa, AZ)