Ein Schild, an dem kaum einer stoppt
Verkehr Ein Anwohner beklagt, dass die meisten Autofahrer ein Zeichen im Weißenhorner Gewerbegebiet einfach missachten. Dabei wurde es vor drei Jahren extra angebracht
Weißenhorn Langsam rollt der Lastwagen auf die Kreuzung zu. Der Fahrer blickt nach links, sieht, dass die Straße frei ist, gibt Gas und biegt nach rechts ab. „Da, schon wieder“, sagt der Beobachter am Straßenrand und schüttelt den Kopf. So wie dieser Lastwagenfahrer missachten zahlreiche Verkehrsteilnehmer das Stoppschild an der Ecke Daimlerstraße/Albert-Einstein-Straße im Weißenhorner Gewerbegebiet.
Eine Zählung an einem Dienstagabend bringt ein klares Ergebnis: Binnen einer halben Stunde passieren 103 Fahrzeuge die Stoppstelle, nur 28 halten ordnungsgemäß an, 75 fahren einfach durch. Der überwiegende Teil stoppt nur, wenn ein Auto von links kommt. Dabei gilt an dem achteckigen Verkehrszeichen folgende Regel: Jeder muss dort anhalten bis zum Stillstand. Wenn dann die querende Straße frei ist, darf man weiterfahren.
Ein Anwohner ärgert sich über die massenhaften Regelverstöße und kann nicht verstehen, dass die Polizei, deren Dienststelle in der Nähe ist, dort nicht kontrolliert. „Sie könnte Tausende Euro verdienen“, ist der Mann überzeugt, der anonym bleiben möchte. Auf seine Anregung hin wurde das Stoppschild vor drei Jahren angebracht. Ihm ist wichtig, dass Fahrzeuge nicht einfach nach rechts um die Kurve rauschen. Das sei gefährlich für die Fußgänger, die ein Stück weiter rechts die Daimlerstraße auf dem Weg zum Lidl überqueren, sagt der Rentner. Er selbst sei dort schon zweimal fast angefahren worden, weil die wild bewachsene Grünanlage am Eck den Rechtsabbiegern die Sicht versperrt.
Bevor das Stoppzeichen an der Einmündung hing, galt dort lediglich die Regelung Vorfahrt gewähren, markiert durch das Dreieck mit rotem Rand. Bei einer Ortsbesichtigung im März 2016 einigten sich Vertreter der Stadtverwaltung und der Polizei darauf, dass ein Stoppzeichen an der Stelle besser wäre, so wie es der Anwohner angeregt hatte.
Auch wenn sich offensichtlich kaum einer an das Stoppschild hält, sehen die Behörden derzeit keinen Anlass, etwas an der Kreuzung zu ändern. „Das ist kein Unfallschwerpunkt“, sagt Hubert Schneider, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Weißenhorn. Generell sei zu beobachten, dass sich viele Autofahrer nicht mehr an Stoppschilder halten. Gleiches gelte leider auch für Tempolimits und rote Ampeln. „Die Verkehrsmoral allgemein hat abgenommen.“Fakt ist: Wer beim Überfahren eines Stoppschilds erwischt wird, muss zehn Euro Strafe bezahlen. Wird ein anderer Verkehrsteilnehmer gefährdet, erhöht sich der Betrag auf 70 Euro. Kommt es gar zu einem Unfall, sind 85 Euro fällig, zudem gibt es einen Punkt.
Schneider zufolge kontrollieren die Beamten im Rahmen von Streifenfahrten durchaus, ob Stoppschilder beachtet werden, aber nicht schwerpunktmäßig. Solche Kontrollen seien nicht Sache der kommunalen Verkehrsüberwachung, heißt es im Weißenhorner Rathaus auf Nachfrage. Das Stoppschild an der Albert-Einstein-Straße sei jedenfalls klar erkennbar.
Ein Zebrastreifen auf der Daimlerstraße, den der Anwohner nahe der Kreuzung vorschlägt, lässt sich aus Sicht der Polizei nicht realisieren. Die Zahl der Passanten, die für die Einrichtung eines Fußgängerüberwegs erforderlich ist, werde an der Stelle bei Weitem nicht erreicht, heißt es bei der Polizeiinspektion.