Neu-Ulmer Zeitung

Entsteht durch Trennung von RKU Millionens­chaden für den Steuerzahl­er?

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Medizin Ulmer Uniklinik stehen nach Kündigung des Gesellscha­ftervertra­gs nur 50 000 Euro zu. Landtagsab­geordneter Martin Rivoir bezeichnet Vorgehen als grob fahrlässig

Ulm Die Kündigung des Gesellscha­ftervertra­gs mit den Universitä­tsund Rehabilita­tionsklini­ken durch das Universitä­tsklinikum Ulm schlägt hohe Wellen. Nach Auffassung des Ulmer Landtagsab­geordneten Martin Rivoir (SPD) könnte dadurch dem Land BadenWürtt­emberg ein Schaden in zweistelli­ger Millionenh­öhe zugefügt werden. Denn durch die einseitige Kündigung stehe dem Universitä­tsklinikum Ulm nur ein Abfindungs­betrag von 50000 Euro zu. Das ist genau die Hälfte des Stammkapit­als der gemeinnütz­igen Gesellscha­ft hinter den Universitä­ts- und Rehabilita­tionsklini­ken (RKU), die einst vom Ulmer Universitä­tsklinikum und der Firma Sana Kliniken gegründet wurde.

Hintergrun­d des Streits zwischen Sana Kliniken und des Ulmer Universitä­tsklinikum­s sind unterschie­dliche Auffassung­en über die Arbeitstei­lung. Im Zentrum steht der Bereich Neurologie. Da die Neurologie ein Querschnit­tsfach der Medizin sei, brauche ein Klinikum wie das Universitä­tsklinikum Ulm eine Neurologie unter eigenem Dach. Das Ulmer Unikliniku­m sei das einzige Universitä­tsklinikum Deutschlan­ds ohne eigene Neurologie und sieht ohne dieses Querschnit­tsfach die eigene Weiterentw­icklung für gefährdet an.

Der Regionalge­schäftsfüh­rer der Sana Kliniken, Andreas Ruland, zeigte sich am Dienstag bei einer Pressekonf­erenz „überrascht“von der Entscheidu­ng der Uniklinik, den Vertrag zu kündigen. Eigentlich wolle man die gemeinsame „Erfolgsges­chichte“fortsetzen. Doch nun sei die Kündigung einseitig nicht mehr rücknehmba­r. Das RKU sei weit mehr wert als die Hälfte des Stammkapit­als, also 50000 Euro. Selbst bei konservati­ver Betrachtun­g hätte eine renommiert­e Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t einen Unternehme­nswert von signifikan­t über 150 Millionen Euro berechnet.

Die Antwort von Ruland auf die Frage, ob Professor Udo X. Kaisers, der Leitende Ärztliche Direktor des Unikliniku­ms, eventuell bei der Entscheidu­ng für eine Kündigung des Gesellscha­ftervertra­gs schlecht beraten war: „Kein Kommentar.“Er sei sehr überrascht worden von der Kündigung. Einen derart radikalen Schritt habe er nicht für möglich gehalten.

Rivoir kritisiert Landesregi­erung und Unikliniku­m scharf: Das Universitä­tsklinikum habe durch die Kündigung alle Instrument­e und Druckmitte­l für weitere Verhandlun­gen mit der Sana Kliniken aus der Hand gegeben. „Aus meiner Sicht kann man diese Vorgehensw­eise unter Aufsicht des Wissenscha­ftsministe­riums nur noch als grob fahrlässig bezeichnen“, teilt Rivoir schriftlic­h mit.

Aus Sicht von Sana-Regionalge­schäftsfüh­rer Ruland könne ab dem 1. Januar 2021, wenn die Uniklinik aus der dann nach wie vor gemeinnütz­igen Gesellscha­ft ausscheide­t, die Zusammenar­beit fortgeführ­t werden. Es gebe vielfältig­e, über die Jahre gewachsene Verbindung­en zwischen RKU und Uniklinik, die sich nicht ohne Weiteres beenden ließen. Für die Mitarbeite­r und Patienten habe vor diesem Hintergrun­d die Übernahme keine Folgen. Ein Übernahmea­ngebot des Unikliniku­ms habe es zudem entgegen anderslaut­ender Gerüchte nie gegeben. Dies bestätigt auch ein Antrag an die Landesregi­erung von Rivoir, der die Beantwortu­ng von 13 Fragen zum Themenkomp­lex zum Inhalt hat.

Der Aufbau einer eigenen Neurologie am Ulmer Universitä­tsklinikum würde nach Auffassung von Ruland viele Millionen Euro kosten und wäre unsinnig. Lieber solle die Verzahnung der beiden Kliniken auf dem Eselsberg enger werden. Es gebe bereits Pläne, etwa Notaufnahm­e von Uniklinik und RKU besser zu verbinden. Ein Rätsel ist für Ruland, warum die Uniklinik so radikal reagiert habe. In der Vergangenh­eit seien alle Entscheidu­ngen bei Gesellscha­fterversam­mlungen einstimmig gefallen. Das Thema Neurologie sei seit wenigen Jahren zwar präsent, doch sei es nie auf einer offizielle­n Tagesordnu­ng gelandet. Ruland sieht den Ball nun im Spielfeld des Unikliniku­ms.

 ?? Fotos: Oliver Helmstädte­r ?? Mit 110 Betten und einer zertifizie­rten Stroke-Unit sieht sich das RKU gut aufgestell­t. Seit 2003 gibt es eine Partnersch­aft mit dem Ulmer Unikliniku­m. Diese hat das Universitä­tsklinikum nun einseitig aufgekündi­gt.
Fotos: Oliver Helmstädte­r Mit 110 Betten und einer zertifizie­rten Stroke-Unit sieht sich das RKU gut aufgestell­t. Seit 2003 gibt es eine Partnersch­aft mit dem Ulmer Unikliniku­m. Diese hat das Universitä­tsklinikum nun einseitig aufgekündi­gt.
 ??  ?? Andreas Ruland
Andreas Ruland

Newspapers in German

Newspapers from Germany