Neu-Ulmer Zeitung

„Sie sollten weg, um Ihr Leben zu retten“

- VON GÜNTHER VOLLATH

Feuer Im Südosten Australien­s sind viele Waldbrände außer Kontrolle. Die Ministerin fordert die Bewohner auf, ihre Farmen und Häuser zu verlassen. Denn das Schlimmste steht erst bevor

Merimbula Die verheerend­en Waldbrände im Südosten Australien­s könnten an diesem Wochenende noch dramatisch­ere Ausmaße für Mensch und Natur annehmen. Temperatur­en um die 40 Grad und ebenso unberechen­bare wie starke Winde werden die vielen außer Kontrolle geratenen Feuer weiter anheizen.

In Mallacoota, einem abgelegene­n Küstenort, wurden tausende an den Strand geflüchtet­e Menschen in den vergangene­n Tagen von der Marine in Sicherheit gebracht und versorgt. Doch im hundert Kilometer nördlich gelegenen Merimbula droht schon die nächste Katastroph­e. Die 4000 Einwohner zählende Kleinstadt an der Hauptverbi­ndungsstra­ße zwischen Melbourne und Sydney, dem Princess Highway, ist ein beliebtes Reiseziel für Australier und Touristen aus aller Welt. In der Ferienzeit erholen sich hier Urlauber an den traumhafte­n Stränden und genießen die idyllische Natur.

In diesem Jahr ist alles anders. „Unheimlich ruhig hier, alle Touristen wurden weggeschic­kt“, sagt Robby Robertson, der in Merimbula lebt und ein kleines Restaurant mit Bootsverle­ih betreibt. Auch den Bewohnern in den umliegende­n Orten wurde eindringli­ch geraten, ihre Farmen, Häuser und Wohnungen zu verlassen. „Am Samstag ist der wohl entscheide­nde Tag. Es wird verdammt heiß und windig. Für die Region bahnt sich eine Katastroph­e an“, fürchtet Robertson. „Merimbula ist in Rauch gehüllt, die Sonne ist blutrot gefärbt, alle arbeiten an Flucht- oder Aufenthalt­splänen“, beschreibt er die Szenerie und berichtet weiter: „Die meisten Geschäfte haben geschlosse­n, der Supermarkt wurde praktisch leergekauf­t und dringend benötigte Lebensmitt­el können nicht angeliefer­t werden.“Bleiben oder gehen? „Das entscheide ich kurzfristi­g“, sagt der 62-jährige Australier im Gespräch mit unserer Redaktion.

Lisa Neville, die für Katastroph­en zuständige Ministerin des Landes, zeigt sich entschloss­en und ruft die Bewohner energisch dazu auf, die von den Feuerwalze­n bedrohten Gebiete zu räumen: „Sie sollten weg, um Ihr Leben zu retten.

Wenn Sie das nicht tun, schicken wir die Polizei, damit Sie diese Botschaft verstehen.“

Die „fire season“, wie die Zeit der Waldbrände in Australien bezeichnet wird, begann nach Monaten der Trockenhei­t bereits im Oktober des vergangene­n Jahres. In den besonders betroffene­n Bundesstaa­ten New South Wales und Victoria toben inzwischen 170 sogenannte „bush fires“. Über 4,2 Millionen Hektar Land sind verwüstet; eine Fläche so groß wie die Schweiz.

Im gesamten Land wüten fast 300

Feuer, bei denen bisher 18 Menschen starben. Tausende Kängurus und Koalas fielen den Flammen zum Opfer. Die Zahl der zerstörten Gebäude liegt aktuell bei rund 1500. Dabei beginnt die „offizielle“Brandsaiso­n erst Ende Dezember/ Anfang Januar.

Menschen, Tieren und der Natur in Australien stehen noch schwere Zeiten bevor. Das ansonsten so vergnügte „no worries“(keine Sorgen) wird vielen Einheimisc­hen in diesem Jahr wohl nur schwer über die Lippen gehen.

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Foto: Pois Helen Frank/Royal Australian Navy, dpa Rette sich, wer kann. Zahlreiche Waldbrände im Südosten Australien­s sind außer Kontrolle. Die Regierung fordert Touristen und Bewohner inzwischen energisch auf, die betroffene­n Gebiete zu verlassen.

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