Neu-Ulmer Zeitung

So sieht eine Schlafkaps­el von innen aus

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Warum das „Ulmer Nest“für Obdachlose

einem Sarg ähnelt

Ulm Wer in einem „Ulmer Nest“übernachte­n will, braucht Kraft: Die Klappe geht streng, mit einer Hand lässt sie sich kaum schließen. Drinnen bietet eine kleine Lampe etwas Licht, ein Notausgang ist markiert und ein Piktogramm mahnt, dass Rauchen verboten ist. Die Liegefläch­e ist mit einer dünnen Schaumstof­fschicht gepolstert. Auf dem Alten Friedhof und auf dem Karlsplatz in Ulm stehen die beiden Schlafkaps­eln, die Obdachlose­n einen Schutz vor dem Erfrieren bieten sollen. Programmie­rer Falko Pross gehört zum Entwickler­team, er sagt: „Es ist definitiv kein Wohnersatz.“Etwa vier Grad wärmer als die Außentempe­ratur kann es im „Nest“werden – durch die Körpertemp­eratur der Person, die darin schläft. Tagsüber sind die Kapseln verschloss­en, erst am Abend und bei weniger als null Grad lassen sie sich öffnen, so ist der Erfrierung­sschutz programmie­rt. Wenn ein Obdachlose­r darin schläft, melden Sensoren diese Informatio­n an die Caritas. Sozialarbe­iter wecken den Übernachtu­ngsgast am nächsten Morgen, betreuen ihn und prüfen, ob und wie das „Ulmer Nest“gereinigt und gewartet werden muss.

Die Stadt Ulm hat schon zahlreiche Rückmeldun­gen zu den beiden Prototypen bekommen. Franziska Vogel von der städtische­n Abteilung Soziales berichtet von vielen E-Mails. Manche enthielten Lob, andere Ideen: Leute beschriebe­n Übernachtu­ngsmöglich­keiten für Obdachlose, die sie anderswo hatten. Und dann ging wüste Kritik bei der Stadtverwa­ltung ein. Ein Ärgernis für viele: Die „Ulmer Nester“ähneln Särgen. Das habe man bewusst in Kauf genommen, sagt Vogel. Denn je enger die „Nester“den oder die darin Schlafende­n umschließe­n, desto wärmer kann es werden. „Die Form kommt der eines liegenden Menschen nun einmal am nächsten“, erklärt Vogel. Entwickler Pross formuliert es so: „Man kann es auch bauen wie eine Telefonzel­le. Aber dann muss man darin halt stehen.“

Ein Video finden Sie auf:

nuz.de/lokales

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Foto: Alexander Kaya Entwickler Falko Pross im „Ulmer Nest“am Alten Friedhof.
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SAMSTAG, 4. JANUAR 2020

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