Im Winter Rad fahren?
Was anderes als Bewunderung und Respekt ist den Heldinnen und Helden da draußen entgegenzubringen, die in Kälte und Nebel, Nässe und Finsternis auf dem Rad sitzen? Sich abstrampeln auf splittverdreckten Straßen, die im Winter so einladend sind wie Nagelbretter und so tückisch wie Wildfallen. Abgehärtete, wacker dem Schneeregen trotzend, dem Matsch, dem schneidigen Frostgegenwind, vereisten Pfützen. Jeder Meter im Sattel verbessert die Klimabilanz. Im Wissen um alles das schreibt hier ein bekennender Schönwetterradfahrer, der sein
Rad frühestens im April aus dem Keller holt und im Oktober einmottet.
Wer nicht zu jenen Typen gehört, die Bierflaschen mit den Zähnen aufmachen können und für jede Outdoor-Betätigung die passende, abgestimmte atmungsaktive Ausrüstung parat haben (Bergwandern, Joggen, spazieren gehen im Hinterland,
Surfen, Skifahren, Gartenarbeit…), schreckt zurück vor der strategischen Herausforderung, die Winterradeln neben der mentalen Prüfung offenbar darstellt. Der Winterfußgänger trägt Mantel, Mütze, Schal, Straßenschuhe. Kommt er wo an, muss er sich nicht umziehen. Bricht er auf, muss er sich nicht verkleiden.
Der notorische Winterradler hingegen muss ein Selbstüberwinder und Logistiker sein. Er steckt katzenbeäugt in einem komplizierten Schichtsystem, einem Patchwork aus HightechStoffen, einem bunten Schutzmantel. Er ist von Kopf bis Fuß, von Helm bis zu den Überschuhen funktional. Das muss man wollen. Wer sieht, mit welcher Menge an Material ein Winterradler behängt und beladen ist, wird entmutigt. Dreigang-Dahingleiter, die an einem Sommerabend den Waldweg entlang trödeln, sind vermutlich nicht tough genug fürs Kälteradeln. Kein Drama.