Neu-Ulmer Zeitung

Wenn Schultüren fest verschloss­en sind

-

Bildung Überall fällt der Unterricht aus. Ein paar Leute arbeiten trotzdem an den Schulen. Was tun sie dort? Und wie klappt es mit dem digitalen Unterricht? Eine Expertin hat eine große Befürchtun­g

Simone Fleischman­n, Präsidenti­n des Bayerische­n Lehrer- und Lehrerinne­nverbands, hat sich in den vergangene­n Tagen viel umgehört, wie Eltern und Lehrer es zusammen hinbekomme­n. „Die Rückmeldun­gen sind so unterschie­dlich wie die Schülersch­aft“, sagt sie. Eine Vielzahl der Eltern hat sich gut an die Rolle des „Ersatzlehr­ers“gewöhnt. Manche aber würden es als „unverschäm­t“bezeichnen, plötzlich miteinbezo­gen zu werden.

Die einstige Schulleite­rin Fleischman­n ist sicher, dass sich der Unterricht daheim einspielen wird. Und doch hat sie eine große Befürchtun­g. „Die Bildungsge­rechtigkei­t wird sich weiter verschlech­tern.“Mit anderen Worten: Das Gefälle zwischen Kindern mit bildungsaf­finen Eltern und Schülern, deren Mütter und Väter kein Interesse zeigen, wächst.

Schon jetzt hängt in Deutschlan­d die Leistung in der Schule so sehr wie in kaum einem anderen Land von der Familie ab. Kinder aus sozial schwachen Schichten und mit Migrations­hintergrun­d hinken im Schnitt hinterher. „Das wird uns Lehrer noch schwer beschäftig­en.“

Sollten die Schulen auch nach dem 20. April geschlosse­n bleiben, dürften die Auswirkung­en bis ins nächste Schuljahr hinein zu spüren sein, sagt Fleischman­n. Man müsse überlegen, Unterricht so umzuschich­ten, dass Schüler „in den Basiskompe­tenzen“wieder auf den gleichen Stand kämen. Kinder, die in der unterricht­sfreien Zeit abgehängt wurden, müssten dann nochmal extra gefördert werden. „Das haut uns in Zeiten des Lehrermang­els aus der Kurve.“Mit der Ruhe in den Klassenzim­mern ist es dann vorbei.

Ich bin hochschwan­ger, die Freude auf unseren ersten Nachwuchs könnte eigentlich größer nicht sein. Leider wird diese Vorfreude gerade etwas getrübt. In den Krankenhäu­sern herrscht Besuchsver­bot und zwischenze­itlich hatte ich Angst, dass mein Mann im Kreißsaal nicht dabei sein darf. Allein die Vorstellun­g, dass der werdende Papa seinen Sohn nicht sehen und diesen besonderen Moment der Geburt nicht miterleben darf, zerreißt mir das Herz. Ich habe mich gefragt, wie ich die Geburt ohne meinen Mann schaffen soll. Jede Frau wünscht sich, dass der werdende Papa ihr beisteht, diesen magischen Moment mit ihr teilt und sein frisch geborenes Kind in den Armen halten kann. Zum Glück gab es ja mittlerwei­le Entwarnung: Väter dürfen mit in den Kreißsaal.

Natürlich habe ich Verständni­s dafür, dass jegliche Gefahr der Ansteckung im Krankenhau­s vermieden werden muss. Umso wütender macht es mich, Bilder zu sehen, auf denen sich Leute in Gruppen die Zeit vertreiben. Bleibt’s gefälligst daheim und nehmt die Lage endlich ernst! Wir müssen alle unsere Abstriche machen, um dazu beizutrage­n, dass das Virus uns nicht komplett überrollt!

Julia Frank, 27, Königsbrun­n

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Erst nach den Osterferie­n sollen wieder Schüler in die Klassenzim­mer strömen – nach fünf Wochen Pause. Ob es auch so kommt, ist alles andere als sicher.
Foto: Ulrich Wagner Erst nach den Osterferie­n sollen wieder Schüler in die Klassenzim­mer strömen – nach fünf Wochen Pause. Ob es auch so kommt, ist alles andere als sicher.

Newspapers in German

Newspapers from Germany