Die vielen Krisen des Irak
Nahost
Das Machtvakuum in dem Krisenland ist beendet, Mustafa al-Kasimi ist neuer Ministerpräsident.
Doch auf ihn wartet eine lange Liste mit wirtschaftlichen und politischen Problemen
Sturz leitete er bis 2010 die Iraq Memorial Foundation, die Verbrechen unter dem Diktator dokumentiert. Was ihm fehlt, ist politische Erfahrung. Zudem verfügt er über keine politische Hausmacht, was seine Aufgabe weiter erschwert. Doch er besitzt allgemein einen guten Ruf. Als Ministerpräsident, der den Respekt der USA genieße, könne Kasimi mehr für den Irak erreichen als andere, sagte Michael Knights vom Institut für Nahost-Studien in Washington der New York Times. Für Juni sind irakisch-amerikanische Gespräche über weitere wirtschaftliche und militärische Hilfen aus Washington geplant.
Einen ersten Erfolg konnte Kasimi indes verbuchen: Pompeo sagte zu, den Irak weitere vier Monate lang von US-Sanktionen wegen der Einfuhr von Strom aus dem Iran auszunehmen. Das verschafft dem neuen Premier zumindest etwas Luft, während er sich mit den drastischen Folgen des gesunkenen Ölpreises auseinandersetzen muss: 90 Prozent der Staatseinnahmen kommen aus dem Ölsektor. Kasimi hat zudem versprochen, sich mit Vertretern der Protestbewegung zu treffen und sich von ihnen beraten zu lassen. Damit signalisiert er ein Ende der brutalen Polizeieinsätze gegen die Demonstranten, die mehr Demokratie und Arbeitsplätze für die rasch wachsende Bevölkerung fordern.
Gleichzeitig muss sich Kasimi um den Kampf gegen den Islamischen Staat kümmern, der wieder in vielen Regionen des Landes und auch in der Nähe von Bagdad aktiv ist und erst am vergangenen Wochenende zehn Kämpfer einer irakischen Miliz tötete. In den vergangenen Wochen häuften sich Berichte über ISAngriffe. Es gehört zu den Strategien der Dschihadisten, sich Machtvakuen, schwache Regierungen und Wirtschaftskrisen zunutze zu machen. Vor allem aber muss Kasimi eine Gratwanderung zwischen den USA und deren Hauptfeind Iran vollführen: Beide Staaten wollen ihren Einfluss im Irak ausweiten und tragen ihren Streit auf dortigem Boden aus. Eine Schonfrist wird es für Kasimi nicht geben.