Altenheime stehen vor großer Aufgabe
Corona Bewohner von Seniorenheimen dürfen unter strengen Hygienevorkehrungen wieder Besuch bekommen. Wie sich Einrichtungen im Landkreis darauf vorbereiten
Landkreis Neu-Ulm Wegen der Corona-Pandemie konnten Bewohner von Seniorenheimen im Landkreis seit nunmehr fast zwei Monaten keinen Besuch von Angehörigen bekommen – ab diesem Wochenende ist das nun anders: Von da an sollen unter strengen Hygienevorkehrungen – mit Maske und Abstand, nach Möglichkeit im Freien – Besuche in Alten- und Pflegeheimen wieder möglich sein – pünktlich zum Muttertag.
Jeton Iseni, Geschäftsführer des Altenzentrums St. Elisabeth in Senden, hat bereits Erfahrungen damit, wie Besuche trotz der strengen Vorschriften stattfinden können: Die Einrichtung hat wegen ihrer weitflächigen Gartenanlage eine Sondergenehmigung erhalten, durfte für alle vier Wohnbereiche bereits seit Anfang dieser Woche Besuche von Angehörigen anbieten – natürlich nur unter vorheriger Terminabklärung. Am Wochenende sind nun Besuche für die allermeisten der 30 Bewohner des sogenannten beschützenden Wohnbereichs, in dem weglaufgefährdete Menschen wohnen, geplant. Für die restlichen 90 Bewohner in den drei anderen Wohnbereichen sind bereits Termine für die kommende Woche geplant worden. Für sie gebe es bestimmte Termine an festen Tagen und Uhrzeiten, wie Carla Güntner, Leiterin der sozialen Betreuung, berichtet.
Iseni berichtet, wie die Angehörigen auf das bereits gelockerte Besuchsverbot reagierten: „Viele sind froh, ganz klar. Aber es gibt auch den einen oder anderen, der das gerne täglich haben möchte.“Er betont jedoch den großen Aufwand für die Mitarbeiter für jeden einzelnen Besuch. „Es gehört ja nicht nur dazu, die Bewohner in einen Rollstuhl zu setzen und in den Garten zu bringen. Das ist keine Sache, die man innerhalb von zwei Minuten machen kann.“So müssten beispielsweise Toilettengänge organisiert werden, die Bewohner angezogen und bettlägerige Bewohner aufwendig mittels eines Lifts in den Rollstuhl gesetzt werden. Nicht zu vergessen die ganze Organisation mit Telefonaten und Erstellung genauer Listen, damit die Mitarbeiter in der Pflege sich auf die Arbeit einstellen können.
Und auch nach dem Besuch von Angehörigen ist die Arbeit damit nicht getan: „Manche Bewohner sind dann emotional aufgewühlt, die kann man nicht einfach wieder zurück in ihr Zimmer bringen und wieder gehen“, sagt Iseni. Er spricht von einem „immensen Zeitaufwand“in der Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung, es sei eine „Mammutaufgabe“. Für einen zwanzigminütigen Besuch müsste man deshalb locker eine Stunde an zusätzlicher Arbeit dazurechnen. „Das wird immer vernachlässigt. Man denkt immer, man geht da einfach zum Besuch hin, aber so einfach ist das nicht.“Und: Dass, was die Betreuung sonst am Nachmittag leiste, beispielsweise Singnachmittag in Kleingruppen, könnte nicht stattfinden, da die Arbeitskraft durch die Besuche komplett beansprucht werde. „Das ist ein bisschen schade“, sagt Güntner.
Weiterhin auf Besuch verzichten müssen die Bewohner des „Senioren Wohnens“in Ludwigsfeld. Wie berichtet, hatten sich zahlreiche Bewohner und Mitarbeiter der Einrichtung mit Corona infiziert, mehrere Menschen starben. Anfang April wurde das Seniorenheim deshalb umgehend unter Quarantäne gestellt. Nur noch die Mitarbeiter des Seniorenheims, das von der Sozialservice Gesellschaft des BRK mit Sitz in München betrieben wird, und medizinisches Personal dürfen seitdem das Haus betreten – und das ist weiterhin der Fall, wie Ralf Waidner auf Nachfrage unserer Redaktion berichtet. „Wir stehen nach wie vor unter Quarantäne.“Derzeit sei man zwar auf einem „hervorragenden Weg aus dem Krisenszenario in der Einrichtung raus“, aber: „Wir brauchen noch Zeit.“
Ende kommender Woche – so der bisherige Plan – wolle man zunächst die Zelte vor den Eingängen, die als
Schleusen dienen, abbauen und ins Haus verlagern. Die Ehrenamtlichen des BRK, die den Mitarbeitern und dem medizinischen Personal bislang beim Anziehen der umfangreichen Schutzkleidung helfen, werden dann nicht mehr benötigt. Ansonsten bleibt hinsichtlich der Schutzkleidung alles gleich, bis auf Weiteres gilt deren Tragen auch weiterhin für jeglichen Bereich des Seniorenheims, beispielsweise also auch die Verwaltung. Waidner erklärt: „Aus unserer Position heraus gibt es für uns wesentlich mehr zu tun als für Häuser, die nie in Gesamtquarantäne waren.“Man arbeite intern an einem Papier, wie man Lockerungen auf lange Zeit umsetzen und wenige, sporadische Besuche ermöglichen kann. „Wir werden uns dahin bewegen zu lockern – aber nicht auf den Muttertag hin“, so Waidner.
Von Samstag, 9. Mai, an können sich Besucher und Bewohner der beiden Caritas-Illersenio-Häuser in Vöhringen und Illertissen wieder treffen – wenn auch mit Einschränkungen. Auch der Leiter des Caritas-Centrums Vöhringen, Sebastian Lautenfeld, hat die neuen Regeln herbeigesehnt, seit das Besuchsverbot verhängt wurde. „Da freuen wir uns alle, vor allem für die Bewohner unserer Häuser, dass sie wieder Kontakt mit ihren Familien haben können“, sagt Lautenfeld, „es war doch eine lange Zeit.“
Jetzt hat sich die Caritas für die neue Öffnung ein ausgeklügeltes Konzept einfallen lassen. Aus dem Caritas-Café wurde ein Besucherraum. Wer seine Angehörigen besuchen will, muss sich telefonisch an der Rezeption anmelden, um einen Termin festzusetzen. Streng wurde darauf geachtet, dass die Abstandsregelungen eingehalten werden. Es wird Besucherinseln geben, die Tische stehen dann so weit auseinander, dass der geforderte Abstand gut eingehalten wird. Die Besucherkapazität, so Lautenfeld, ist durch die Anordnung der Tische vorgegeben. Sechs Personen können sechs Heimbewohner treffen. Ganz wichtig: Diese Kontaktperson muss immer dieselbe sein. Für den beschützten Bereich in Vöhringen ist eine andere Regelung vorgesehen. Hier kann ein Bewohner nur einen Besucher pro Tag empfangen, und zwar in der Zeit zwischen 9 und 11.30 Uhr.