Soziale Netzwerke statt Konzertsaal Corona und wir
Freie Tage ohne Probe oder Konzert? Für Digitalredakteurin Ida König bislang kaum vorstellbar. Ihren Urlaub hatte sie – wie viele – ganz anders geplant
Zugegeben, so schlecht war der Urlaub zu Hause gar nicht. Der Balkon hat eine Rundum-Erneuerung erfahren und im Garten ist endlich auch diese eine Ecke aufgeräumt, in der schon seit längerem der ausrangierte Holzkohlegrill vor sich hin rostete. Zeit für solche Projekte nehme ich mir sonst kaum. Denn den Großteil meiner Freizeit verbringe ich normalerweise mit Musik – genauer, mit einer Brass Band. Für die Urlaubstage Anfang Mai war daher ursprünglich die Reise zur Europameisterschaft der Brass Bands in Palanga, Litauen, geplant. Eine große Ehre für mein Ensemble – denn unseren Startplatz hatten wir uns mit dem Sieg der deutschen Meisterschaft erspielt.
Seit mir ein Onkel als Zehnjährige die Querflöte aus- und die Trompete eingeredet hat, kann ich mir ein Leben ohne dieses Instrument nicht mehr vorstellen. Gute Freunde habe ich über die Musik kennengelernt, mit Orchestern durfte ich Teile der Welt bereisen, die mir sonst wohl bis heute fremd geblieben wären. Heute ist vor allem die aus Großbritannien stammende Brass-BandMusik ein wichtiger Ausgleich neben dem Beruf für mich.
Gut 30 Blechbläser und Schlagwerker machen es sich hier zum Sport, neben Bearbeitungen von Sinfonieorchesterbis Bigband-Literatur vor allem virtuose Originalkompositionen einzustudieren und sich in zahlreichen Wettbewerben zu messen. In den Wochen und Monaten vor einem solchen Ereignis wird an den meisten Wochenenden geprobt, nicht selten bis spät in den Abend hinein. Trotzdem kann ich mir kaum ein schöneres Hobby vorstellen – oder vielleicht sogar deswegen.
Bis Orchester wieder proben dürfen, wird voraussichtlich aber noch einige Zeit vergehen – von Auftritten vor Publikum ganz zu schweigen. Umso mehr freue ich mich daher momentan über Musik in den sozialen Netzwerken. Zumindest auf diese Weise lässt sich trotz Corona der Kontakt zu Gleichgesinnten aufrechterhalten. Damit bin ich offenbar nicht alleine – denn umgekehrt ist die Resonanz auf eigene Beiträge erstaunlich hoch.
Über digitale Reichweiten mache ich mir sonst in der Redaktion Gedanken, dass sie jetzt auch in meinem Privatleben auftauchen, ist Neuland. Auf der anderen Seite ist das Interesse von Musikern aus meinem Bekanntenkreis an journalistischer Arbeit so groß wie noch nie. Zu einem gewissen Grad freut mich das – aber ich bin froh, wenn wir die Corona-Zeit überstanden haben. Denn digitale Formate sind weit weg vom Gefühl eines echten Konzerts – und Reichweiten würde ich lieber mit den Kollegen bei einer Tasse Kaffee in der Büroküche diskutieren.
An dieser Stelle berichten täglich Kolleginnen und Kollegen aus der Redaktion von ihrem Alltag in Zeiten von Corona.
ist Digitalredakteurin und hofft, dass digitale Reichweiten bald wieder ausschließlich mit ihrem Beruf zu tun haben.