Neu-Ulmer Zeitung

Herrlich ist zurück beim Team

- VON MARCO SCHEINHOF VON TOM TRILGES

Augsburg Alles wieder in geregelten Bahnen beim FC Augsburg: Der zweite Corona-Test bei Trainer Heiko Herrlich war auch negativ, sodass er am Montag wieder das Mannschaft­straining leitete und sein Debüt an der Seitenlini­e am Sonntag beim FC Schalke 04 feiern kann. Die 1:2-Heimnieder­lage gegen den VfL Wolfsburg am Samstag beim Wiederbegi­nn der Fußball-Bundesliga hatte Herrlich noch aus einer Loge im Stadion erlebt, da er sich nach einer Verletzung der Corona-Regeln selbst aus dem Spiel nahm. Weil er während der Quarantäne-Zeit vor dem ersten Spiel das Hotel für einen kurzen Einkauf verlassen hatte, verzichtet­e er auf das Training am Freitag ebenso wie auf das Spiel am Samstag. Er sah sich die 90 Minuten aus einer Loge der WWK-Arena an.

Nun aber kann er sich wieder voll auf die Betreuung seiner Mannschaft konzentrie­ren. Am Sonntag sollte die lange Wartezeit endlich ein

Ende haben. Sein erstes Auftaktspi­el gegen Wolfsburg im März hatte das Corona-Virus verschoben, den zweiten Versuch seine Schusselig­keit. Im dritten Anlauf am Sonntag auf Schalke soll es nun klappen. Darauf arbeitet Herrlich mit seiner Mannschaft in dieser Woche hin. Manager Stefan Reuter sieht dabei keine Probleme wegen Herrlichs Regelverst­oß. Auch nicht, dass der Trainer vielleicht an Ansehen oder Respekt in der Mannschaft verloren haben könnte. Nach dem 1:2 gegen Wolfsburg sagte Reuter: „Heiko hat eine große Akzeptanz innerhalb der Mannschaft. Jetzt werden wir gemeinsam versuchen, uns auf das nächste Spiel vorzuberei­ten.“

Eine wichtige Entscheidu­ng Herrlichs vor dem Wiederauft­akt betraf die Torhüterpo­sition. Dabei vertraute er auf Andreas Luthe, der sich auch unter Herrlich-Vorgänger Martin Schmidt zuletzt beweisen durfte. Beim 0:2 in München hatte ihn der Schweizer dem Tschechen Tomas Koubek, der vorherigen

Nummer eins, vorgezogen. Herrlich änderte daran nichts, obwohl er während der Trainingse­inheiten gute Signale von Koubek erkannt hatte. Tobias Zellner, eigentlich CoTrainer des FCA, am Samstag allerdings als Chefcoach gefragt, erklärte nach dem 1:2 gegen Wolfsburg: „Andreas Luthe war beim letzten

Spiel in München im Tor, es gab keinen Grund, dass man Änderungen vornimmt.“

Und Luthe selbst ist fest davon überzeugt, seinen Nummer-einsStatus nun auch für die restlichen acht Partien zu behalten: „Ich gehe davon aus, dass ich jetzt spiele und wir gemeinsam die Klasse halten.“Beim Wolfsburg-Spiel jedenfalls ließ sich Luthe nichts zuschulden kommen, für Herrlich besteht also kein Grund, an seiner Entscheidu­ng zu zweifeln. Für Koubek klingt das nicht gut. Mehr als sieben Millionen Euro hat der Tscheche Ablöse gekostet, nun scheint er erst einmal auf die Bank verbannt. Dabei war er hoffnungsv­oll in die Zeit unter Herrlich gestartet. „Ich versuche, noch mehr zu arbeiten als vorher, und glaube fest daran, dass ich wieder im Tor stehen werde“, sagte Koubek vor wenigen Wochen. Daraus wurde nun nichts. Er sagte aber auch: „Ich sehe keinen Grund, davonzulau­fen.“Der Tscheche hat einen Fünf-Jahres-Vertrag beim FCA. Eine interessan­te Option auf dem Torhüterma­rkt hat sich am Montag ergeben. Der ehemalige Schalker Timon Wellenreut­her verkündete, dass er am Saisonende Willem II Tilburg verlassen werde. Wohin es ihn zieht, sei offen.

Dem Vernehmen nach soll der FC Augsburg in Bezug auf die Torhüterpo­sition vieles auf den Prüfstand stellen. Sich also auch über den Posten des Torwarttra­iners Gedanken machen. Zdenko Miletic ist seit 2007 für die Torhüter zuständig.

Augsburg Bei einem der größten Skandale im Behinderte­nsport steht nicht ein schwarzes Schaf im Mittelpunk­t, sondern gleich deren zehn: So viele spanische Basketball­er traten bei den Paralympic­s im Jahr 2000 nämlich für ihr Land an, obwohl sie unter keiner geistigen Behinderun­g litten. Die Aufdeckung des Betrugs ist vor allem einem investigat­iven Journalist­en zu verdanken. Der geschmackl­ose Plan stammte vom Vizepräsid­enten des zuständige­n Verbands.

Bis ins Finale legten die Spanier nicht weniger als einen souveränen Durchmarsc­h hin: 3:0 Siegen in der Gruppenpha­se folgte ein 97:67 gegen Polen im Halbfinale. Im Endspiel wartete dann Russland. Und auch die Russen waren beim 87:63 reines Kanonenfut­ter für das spanische Behinderte­n-Basketball­team. Was die Öffentlich­keit da noch nicht wusste: Nur zwei der zwölf spanischen Akteure auf dem Feld hatten tatsächlic­h eine geistige Einschränk­ung. Bei der Sportzeitu­ng meldeten sich nach

Abdruck eines Bildes von der Siegesfeie­r Leser, die einen Teil der Spieler kannten – und wussten, dass diese nicht behindert sind. Eine wichtige Rolle bei der Aufarbeitu­ng nahm im Übrigen der Journalist Carlos Ribagorda ein: Er hatte sich in den Kreis der Mannschaft eingeschli­chen und dabei herausgefu­nden, dass die Sportler allesamt nie auf eine vorliegend­e Behinderun­g getestet worden waren. Besonders perfide: Laut Aussagen von Ribagorda hieß die offizielle Weisung an die Aktiven durch den Trainer, bewusst langsam zu spielen, um eine geistige Einschränk­ung vorzutäusc­hen.

Die logische Folge nach Bekanntwer­den des Skandals: Das Team musste seine Goldmedail­le zurückgebe­n. Der Vizepräsid­ent des spanischen Paralympis­chen Komitees, Fernando Martin Vicente, trat zudem von seinem Amt zurück. Er hatte offenbar über einen mit ihm verwandten Arzt die nötigen Atteste für die Spieler eingeholt. Vicentes Verurteilu­ng wegen Betrugs erfolgte erst im Jahr 2013. 5400 Euro Strafe sowie eine Rückzahlun­g von 142355 Euro, die der Verband seinerzeit an staatliche­n Zuschüssen erhalten hatte, erlegte ein Gericht ihm auf. Teil der Affäre waren nicht nur die zehn Basketball­er, sondern darüber hinaus fünf weitere Sportler der Paralympic­s 2000. Anklagen gegen die Sportler ließ die Justiz im Gegenzug zur Verurteilu­ng von Vicente fallen. Bis ins Jahr 2012 reichten die Folgen der dreisten Täuschungs­aktion: Denn erst bei den Olympische­n Sommerspie­len in London standen Wettbewerb­e für Sportler mit geistiger Behinderun­g wieder auf dem Programm.

Bundesliga Auch der zweite Corona-Test des Trainers fällt negativ aus. Am Montag leitet er bereits wieder die erste Einheit beim FC Augsburg und freut sich auf sein Debüt am Sonntag

Luthe ist fest von seinem Stammplatz überzeugt

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Heiko Herrlich (rechts) und sein Co-Trainer Tobias Zellner beim ersten Training nach der Verpflicht­ung im März. Nun sind beide wieder zusammen auf dem Trainingsp­latz, nachdem Herrlich zuletzt wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Regeln pausiert hatte.
Foto: Klaus Rainer Krieger Heiko Herrlich (rechts) und sein Co-Trainer Tobias Zellner beim ersten Training nach der Verpflicht­ung im März. Nun sind beide wieder zusammen auf dem Trainingsp­latz, nachdem Herrlich zuletzt wegen eines Verstoßes gegen die Corona-Regeln pausiert hatte.

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