Arbeiter mulchen, bis die Polizei kommt
Streit
In Thalfingen sorgt ein Bauherr für Ärger mit der Gemeinde und den Nachbarn. Nun droht die Eskalation
Thalfingen Die Ulmer Straße am westlichen Ortsrand von Thalfingen liegt als Sackgasse in ruhiger Lage. Schmucke Einfamilien- und Reihenhäuser schmiegen sich an den Hang, während zwischen den bebauten Reihen eine dicht mit Büschen und Sträuchern bewachsene Baulücke klafft. Vögel brüten hier und Eidechsen huschen durch das satte Grün. Doch vergangenen Freitag wurde die Idylle jäh vom Dröhnen schwerer Baumaschinen unterbrochen: Eine Firma wurde beauftragt, das Gelände zu mulchen. Angesichts der zahlreichen bedrohten Vogelnester, die hier im Frühjahr zu finden sind, schlugen die Anwohner Alarm und forderten die Forstfirma auf, die Arbeiten sofort einzustellen – zunächst ohne Erfolg.
Bald darauf fanden sich Mitarbeiter der Gemeinde und der Unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes
an der Ulmer Straße ein, die von den Anwohnern alarmiert wurden. Die ebenfalls gerufene Polizei sorgte schließlich wieder für Ruhe auf dem Gelände. Christian Schurr, der in der Thalfinger Straße wohnt, macht seinem Ärger über den Grundstücksbesitzer Luft: „Es ist erniedrigend, wenn man sich als anständiger Bürger an die geltenden Verordnungen hält, während andere tun und lassen, was ihnen gefällt.“Tatsächlich prüfen derzeit das Landratsamt und die Forstbehörde in Krumbach, ob die angefangenen Mulcharbeiten zur Brutzeit eine Ordnungswidrigkeit oder sogar eine Straftat darstellen, weil diese Arbeiten ab Anfang März zum Schutz der brütenden Tiere nicht mehr stattfinden dürfen.
Rechtlich handelt es sich bei der Fläche jedoch nicht um ein Baugebiet, sondern um ein Waldstück, weshalb dort der Naturschutz nicht greifen würde, wie Michael Angerer von der Unteren Naturschutzbehörde des Neu-Ulmer Landratamtes sagt. Falls dort jedoch durch die Arbeiten Lebensstätten von Tieren zerstört oder sogar Arten getötet wurden, handele es sich um eine Straftat. Laut der Forstbehörde in Krumbach ist die Fläche als Niederwald deklariert, der in zeitlich kurzen Abständen bewirtschaftet werden darf, indem dort etwa Triebe aus Baumstümpfen als Brennholz herausgenommen werden. „Doch von Mulchen ist hier nicht die Rede“, sagt Ralf Tischendorf von der Forstbehörde.
Vorgesehen sind auf einem Teil des betroffenen Grundstücks mehrere Einzel- und Doppelhäuser, die von einem Münchner Anwalt dort gebaut werden sollen. Damit hat auch keiner der Anwohner der Ulmer Straße ein Problem: „Niemand sagt etwas gegen die Wohnhäuser, so lange sich der Bauherr an die Regeln hält“, erklärt Schurr. Ein Bebauungsplan dafür liegt derzeit aus und muss noch von den Gemeinderäten verabschiedet werden.
Nach zähen Verhandlungen, die sich über Jahre hingezogen haben, hat der Gemeinderat im vergangenen Jahr das Vorhaben zugunsten des Naturschutzes deutlich zusammengestrichen. Nach dem aktuellen Entwurf sollen zweigeschossige Häuser mit Satteldächern, maximal neuneinhalb Meter hoch, entlang der Ulmer Straße entstehen. Der rückwärtige Teil des Grundstücks, mit einem steilen Gefälle von bis zu fünf Metern, soll dagegen unbebaut bleiben.
Schon in der Vergangenheit hatte der Bauherr immer wieder für Ärger mit Behörden und Nachbarn gesorgt, weil er die alten Baumbestände ohne Erlaubnis entfernen ließ und die Beteiligten damit vor vollendete Tatsachen stellte. Doch selbst wenn mit einem verabschiedeten Bebauungsplan grünes Licht für den Bauherrn gegeben werden sollte, haben die Behörden bis zum kommenden Oktober jegliche Rodungsarbeiten auf dem Grundstück untersagt.