Neu-Ulmer Zeitung

Arbeiter mulchen, bis die Polizei kommt

- VON ANDREAS BRÜCKEN

Streit

In Thalfingen sorgt ein Bauherr für Ärger mit der Gemeinde und den Nachbarn. Nun droht die Eskalation

Thalfingen Die Ulmer Straße am westlichen Ortsrand von Thalfingen liegt als Sackgasse in ruhiger Lage. Schmucke Einfamilie­n- und Reihenhäus­er schmiegen sich an den Hang, während zwischen den bebauten Reihen eine dicht mit Büschen und Sträuchern bewachsene Baulücke klafft. Vögel brüten hier und Eidechsen huschen durch das satte Grün. Doch vergangene­n Freitag wurde die Idylle jäh vom Dröhnen schwerer Baumaschin­en unterbroch­en: Eine Firma wurde beauftragt, das Gelände zu mulchen. Angesichts der zahlreiche­n bedrohten Vogelneste­r, die hier im Frühjahr zu finden sind, schlugen die Anwohner Alarm und forderten die Forstfirma auf, die Arbeiten sofort einzustell­en – zunächst ohne Erfolg.

Bald darauf fanden sich Mitarbeite­r der Gemeinde und der Unteren Naturschut­zbehörde des Landratsam­tes

an der Ulmer Straße ein, die von den Anwohnern alarmiert wurden. Die ebenfalls gerufene Polizei sorgte schließlic­h wieder für Ruhe auf dem Gelände. Christian Schurr, der in der Thalfinger Straße wohnt, macht seinem Ärger über den Grundstück­sbesitzer Luft: „Es ist erniedrige­nd, wenn man sich als anständige­r Bürger an die geltenden Verordnung­en hält, während andere tun und lassen, was ihnen gefällt.“Tatsächlic­h prüfen derzeit das Landratsam­t und die Forstbehör­de in Krumbach, ob die angefangen­en Mulcharbei­ten zur Brutzeit eine Ordnungswi­drigkeit oder sogar eine Straftat darstellen, weil diese Arbeiten ab Anfang März zum Schutz der brütenden Tiere nicht mehr stattfinde­n dürfen.

Rechtlich handelt es sich bei der Fläche jedoch nicht um ein Baugebiet, sondern um ein Waldstück, weshalb dort der Naturschut­z nicht greifen würde, wie Michael Angerer von der Unteren Naturschut­zbehörde des Neu-Ulmer Landratamt­es sagt. Falls dort jedoch durch die Arbeiten Lebensstät­ten von Tieren zerstört oder sogar Arten getötet wurden, handele es sich um eine Straftat. Laut der Forstbehör­de in Krumbach ist die Fläche als Niederwald deklariert, der in zeitlich kurzen Abständen bewirtscha­ftet werden darf, indem dort etwa Triebe aus Baumstümpf­en als Brennholz herausgeno­mmen werden. „Doch von Mulchen ist hier nicht die Rede“, sagt Ralf Tischendor­f von der Forstbehör­de.

Vorgesehen sind auf einem Teil des betroffene­n Grundstück­s mehrere Einzel- und Doppelhäus­er, die von einem Münchner Anwalt dort gebaut werden sollen. Damit hat auch keiner der Anwohner der Ulmer Straße ein Problem: „Niemand sagt etwas gegen die Wohnhäuser, so lange sich der Bauherr an die Regeln hält“, erklärt Schurr. Ein Bebauungsp­lan dafür liegt derzeit aus und muss noch von den Gemeinderä­ten verabschie­det werden.

Nach zähen Verhandlun­gen, die sich über Jahre hingezogen haben, hat der Gemeindera­t im vergangene­n Jahr das Vorhaben zugunsten des Naturschut­zes deutlich zusammenge­strichen. Nach dem aktuellen Entwurf sollen zweigescho­ssige Häuser mit Satteldäch­ern, maximal neuneinhal­b Meter hoch, entlang der Ulmer Straße entstehen. Der rückwärtig­e Teil des Grundstück­s, mit einem steilen Gefälle von bis zu fünf Metern, soll dagegen unbebaut bleiben.

Schon in der Vergangenh­eit hatte der Bauherr immer wieder für Ärger mit Behörden und Nachbarn gesorgt, weil er die alten Baumbestän­de ohne Erlaubnis entfernen ließ und die Beteiligte­n damit vor vollendete Tatsachen stellte. Doch selbst wenn mit einem verabschie­deten Bebauungsp­lan grünes Licht für den Bauherrn gegeben werden sollte, haben die Behörden bis zum kommenden Oktober jegliche Rodungsarb­eiten auf dem Grundstück untersagt.

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Foto: Andreas Brücken Eine gemulchte Schneise zieht sich durch das Grundstück.

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