Große Sorgen bei den Sendener Händlern
Wirtschaft Nicht nur die Corona-Durststrecke macht Kaufleuten Probleme, auch die Langzeitbaustelle beim Bahnübergang
schreckt manche Kunden ab. Doch ein Unternehmer sieht noch tieferliegende Ursachen. Was die Stadt unternimmt
Senden Eine Durststrecke haben auch die Sendener Händler hinter sich gebracht. Erst Schließung, jetzt Öffnung unter Auflagen. Doch besonders schwierig haben es derzeit die Geschäfte in der Hauptstraße – nicht wegen Corona, sondern wegen der Langzeitbaustelle am Bahnübergang.
Noch bis in den November hinein werde der Bahnübergang geschlossen bleiben, kündigt Dirk Miethke vom städtischen Bauamt an. Die Arbeiten an Gleisen, Schienen und Bahnhofstechnik steuert die Bahn, während die Kommune derzeit an den Wasserleitungen im Bereich der Kreuzung Bahnhofstraße/Hauptstraße arbeitet. Die Rohre sind, da in die Jahre gekommen, nun zu erneuern. Schließlich musste die Straße ohnehin aufgerissen werden, weil im Zuge der Bahnhofsmodernisierung die komplette Kreuzung samt Verkehrsregelung verändert wird. Für diese Arbeiten, erklärt Rainer Löhle von den städtischen Eigenbetrieben, hat die Kommune von der Bahn ein Zeitfenster bis Ende Juni erhalten. „Wir sind im Zeitplan, bisher klappt alles“, so Löhle dazu. Nach dem Leitungsaustausch wird unter der Regie der Bahn an der Straßenkreuzung weitergearbeitet, wo unter anderem eine abknickende Vorfahrtsstraße und eine Verkehrsinsel für Fußgänger geplant sind.
Die Straßenkreuzung soll Ende September fertig werden und die Kreuzung dann zumindest westlich der Bahnlinie wieder befahrbar sein, gerade auch für die Schulbusse, die dann wieder verkehren müssen. Der Bahnübergang selbst freilich bleibt noch länger zu, voraussichtlich bis
November. Anlieger und Gewerbetreibende in der Nähe brauchen also noch einen langen Atem.
Der Lärm auf der Baustelle sei bisher erträglich, sagt Anwohner und Geschäftsinhaber Otto Fülle. Doch seine Metzgerei leide schon unter der Straßensperrung: „Wir sind ja auf Laufkundschaft angewiesen und hier in die Sackgasse kommt jetzt kaum noch jemand.“Die Leute kauften unter solchen Umständen lieber gleich im Sendener Norden ein, mutmaßt er. Immerhin blieben ihm Stammkunden und Konsumenten, die per Rad oder zu Fuß unterwegs sind. Die Autofahrer aber würden den Bereich zwischen Blumenstraße und Bahnübergang momentan meiden. Es sei gerade jetzt ein Problem für die Innenstadt, dass die Harderstraße durch die dortige Einbahnregelung den Verkehrsfluss zwischen Norden und City erschwere, meint Fülle. Der Verkehr sei hier sowieso ein Dauerthema, „das sind halt unsere Sendener Probleme“.
Dass das Geschäft endlich wieder geöffnet hat, freut Buchhändlerin Beate Watzka von der Bücherwelt in diesen Tagen. Der Laden sei von den Kunden vermisst worden, nun seien die Leute froh, wieder kommen zu können – und einige holten wohl auch Besorgungen der letzten Wochen nach. „Es ist recht viel Betrieb und wir schauen jetzt mal, wie es weitergeht“, sagt Watzka. Freilich gelten nun andere Regeln, so dürfen nur drei Kunden gleichzeitig herein, „aber die Leute haben Verständnis und warten“. Die Baustelle in rund 200 Metern Entfernung habe sich bisher kaum auf den Verkauf ausgewirkt.
„Es wird sehr viel über die Innenstadt gejammert, aber da sind viele Probleme, die mit der Sperrung nichts zu tun haben“, meint Schmuckhändler Joachim Reck zur Situation. Die Schwierigkeiten in der Hauptstraße lägen woanders, es brauche dringend ein funktionierendes Parkraumkonzept. Es gebe entschieden zu viele Blumenkästen und Poller in der Hauptstraße, „aber die bringen uns nicht weiter“. Wenn sich in den nächsten Jahren bezüglich der Innenstadt nichts bewege, sehe er schwarz. „Wir haben nicht noch mal sechs Jahre Zeit“, meint Reck, „es muss jetzt was passieren“. Die Veränderungen durch Corona böten auch die Chance, neue Möglichkeiten zu entdecken.
Die Stadt sieht unterdessen Schwierigkeiten, die eingeschränkt befahrbare City mit Sonderaktionen zu beleben, weil die Corona-Pandemie etwa Veranstaltungen derzeit unmöglich mache. „Wir hatten schon Aktionen geplant, um Leute in die Innenstadt zu bringen“, sagt Stadt-Sprecher Kai Brauchle, „aber Corona hat uns überholt“. Aktuell habe die Verwaltung mit den örtlichen Gastronomen wegen größerer Außenbereiche verhandelt. Man wolle den Betrieben entgegenkommen, wo immer möglich. Wegen der Baustelle informiere die Stadt nach Kräften, unter anderem durch Anzeigen, Banner und Plakate, die die innerstädtische Wirtschaft unterstützen sollen. Außerdem können sich die Sendener auf einer eigens eingerichteten Internetseite über die örtlichen Geschäfte, Dienstleister und Liefer-Angebote informieren.