Neu-Ulmer Zeitung

Die Theaterei in Herrlingen startet wieder

- VON VERONIKA LINTNER

Bühne

Die Theater-Chefin Edith Ehrhardt verrät, wie sie die Spielpause genutzt hat – und was das Publikum erwartet

Herrlingen Es war Frühling, die Pandemie brach aus und die Kulturwelt legte eine Vollbremsu­ng ein. Die Theaterei in Herrlingen schloss monatelang ihre Türen. Die Publikumsr­eihen in dem so kleinen wie gemütliche­n Theatersaa­l – sie blieben leer. Doch heute, am 19. Juni, eröffnet die Theaterei Herrlingen wieder den Spielbetri­eb. Mit dem Solostück „Emmas Glück“präsentier­t Theater-Chefin Edith Ehrhardt ein Lieblingss­tück der Herrlinger Bühne. Und die Pläne reichen weiter: Die erste neue Inszenieru­ng im Programm feiert am 9. Juli Premiere. Ehrhardt erzählt, was sie in der Spielpause besonders vermisst hat und wie sie diese Zeit für das Theater trotzdem genutzt hat.

Edith Ehrhardt beschreibt, was sie empfand, als der große KulturLock­down auch ihre Bühne urplötzlic­h lahmlegte: „Es war eine Art Schockstar­re. Ich brauchte ein paar Tage, um zu verstehen, wie lange dieser Zustand wohl dauern würde.“Zuerst habe sie Vorführung­en um zwei oder drei Wochen verschoben und daran geglaubt, dass die nächste Premiere im Mai schon möglich wäre. Doch diese Hoffnungen zerbrachen bald. Hinter den Kulissen ging das Leben trotzdem weiter – mit Schauspiel­proben per Video-Chat. „Wir haben es versucht, um zumindest Texte gemeinsam zu trainieren, vier Schauspiel­er und ich“, erzählt Ehrhardt. Aber das Erlebnis fühlte sich für die Regisseuri­n „unecht“an. Die Video-Übertragun­g brach sowieso immer wieder ab – „wie wenn man eine Pausetaste drückt“. Die Schauspiel­er im unfreiwill­igen „Freeze“. Es hat nicht funktionie­rt.

Stattdesse­n begann die Theaterlei­terin, viel zu lesen, an neuen Texten und Bühnenfass­ungen zu tüfteln und mit den Schauspiel­ern zu sprechen,

Wände zu streichen, Scheinwerf­er zu überprüfen. „Außerdem haben wir gründlich aufgeräumt, unter der Bühne, im Fundus ...“, sagt sie und lacht. Gemeinsam mit ihrem Mann Frank Ehrhardt konnte sie den Betrieb sehr schnell herunterfa­hren – und jetzt auch wieder neu starten: „Wir haben einen Kleinstbet­rieb, einen Familienbe­trieb. Deshalb sind wir unglaublic­h flexibel.“Und als am 1. Juni verkündet wurde, dass

Räume mit bis zu 100 Besuchern wieder bespielt werden dürfen, habe sie schnell nach Stücken gesucht, die unter Sicherheit­svorkehrun­gen über die Bühne gehen können. Ehrhardt und ihr Mann haben den Publikumsr­aum vermessen. Laut den BadenWürtt­embergisch­en Regeln dürfen nun jeweils 20 Zuschauer dürfen die Aufführung­en in Herrlingen erleben. Normalerwe­ise bietet der Saal Platz für mehr als 100. Aber der Abstand zu Schauspiel­ern auf der Bühne und zu den Sitznachba­rn ist jetzt Pflicht.

Mit „gemischten Gefühlen“habe sie diesen Neustart im Kleinforma­t vorbereite­t, sagt Ehrhardt. Das Theater ist schließlic­h auf Einnahmen an dem Kartenverk­auf angewiesen. Heute öffnet sich aber der Vorhang und die ersten Aufführung­en von „Emmas Glück“sind schon ausverkauf­t. Für Ehrhardt ist das bei 20 Sitzplätze­n zwar keine große Überraschu­ng – aber sie freut sich und hofft auf ihr Glück. „Die Zuversicht überwiegt“, sagt sie. „Und das gibt mir einen neuen Schwung und kreative Energie.“Eine wichtige Stütze sind dabei die Corona-Fördermitt­el des Landes Baden-Württember­g. Die Theaterei profitiert vom Hilfsprogr­amm „Kultur Sommer 2020“. So kann das kleine Theater die Schauspiel­er bezahlen, die es engagiert: „Wir wollen weiterhin ein geregeltes Honorar zahlen, egal, ob es 20 oder 80 Zuschauer sind.“Das Theatererl­ebnis soll für alle Gäste möglichst sicher sein, sagt Ehrhardt – „Es soll genau so ein Wohlfühler­lebnis sein.“Die Maskenpfli­cht gilt bis zum Sitzplatz, dann dürfen Besucher den Schutz abgelegen.

„Das Beste zu zweit“feiert am Donnerstag, 9. Juli Premiere. Einen „gemütliche­n, unterhalts­amen Abend mit humorigen Kurzgeschi­chten“verspricht die Theaterlei­terin. „Gerade jetzt haben viele wieder Lust auf lustige Stoffe.“Auf der Bühne schlüpfen dann Frank Ehrhardt und Nadine Ehrenreich in Theatersze­nen „von früher bis heute“, die man auch zu zweit mit Abstand spielen kann – vom turbulentw­itzigen Beziehungs­krach bis zum verpatzten Fernsehauf­tritt.

Die Abstandsre­geln gelten weiterhin. „Aber wir haben aus der Not eine Tugend gemacht“, sagt Ehrhardt. Eine Linie auf dem Bühnenbode­n trennt den Spielraum der Darsteller – eine Hälfte für die weibliche Hauptfigur, die andere für die männliche Hauptfigur. Und auch das trägt zum speziellen Humor der Szenen bei, findet die Regisseuri­n. Solche Bühnenmome­nte habe sie vermisst: „Die Vorstellun­gen zu erleben, vor und hinter der Bühne, und für die Zuschauer zu spielen, das hat mir schon sehr gefehlt.“

Theaterei Edith Ehrhardt leitet seit 2018 die Theaterei und führt meist Regie. Weitere Infos zum Programm finden sich auf der Seite www.theaterei.de.

 ?? Foto: Ralf Hinz ?? „Für die Zuschauer zu spielen, das hat mir schon sehr gefehlt.“Edith Ehrhardt eröffnet am heutigen Freitag wieder ihre Theaterei in Herrlingen.
Foto: Ralf Hinz „Für die Zuschauer zu spielen, das hat mir schon sehr gefehlt.“Edith Ehrhardt eröffnet am heutigen Freitag wieder ihre Theaterei in Herrlingen.

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