Neu-Ulmer Zeitung

Dekan verteidigt Aus für Krippen‰Könige

- VON SEBASTIAN MAYR

Rassismus‰Debatte Bundesweit gibt es Kritik an der Entscheidu­ng der Ulmer Münstergem­einde,

auf die Drei Weisen zu verzichten. Ernst-Wilhelm Gohl weist die Angriffe zurück

Ulm Die Ulmer Münstergem­einde ist wegen ihrer Entscheidu­ng, in diesem Jahr auf die Heiligen Drei Könige in ihrer Krippe zu verzichten, deutschlan­dweit in die Kritik geraten. Die Figur des schwarzen Königs, der in Ulm Melchior heißt, wird von Betrachter­n als überzeichn­et, grotesk und auch als rassistisc­h gesehen. Nach dem Jahreswech­sel will die evangelisc­he Gemeinde ausführlic­her über die Krippenfig­uren debattiere­n und auch das Gespräch mit der Familie Mößner suchen, die die Krippe gestiftet hat.

Dekan Ernst-Wilhelm Gohl hat nun einen Katalog mit vierzehn Fragen und vierzehn ausführlic­hen Antworten veröffentl­icht, mit dem er Kritikpunk­te widerlegen will. „Manche haben an einer der drei Figuren schon früher Anstoß genommen. Die Darstellun­g ist voller Klischees und grotesk überzeichn­et“, schreibt Gohl zu den Königen. Mit dieser klischeeha­ften Darstellun­g habe man Probleme, aber: „Natürlich soll, darf und muss es schwarze Menschen an der Krippe geben.“

Der Dekan verweist darauf, dass man die Weihnachts­geschichte in diesem Jahr nach dem Lukasevang­elium erzähle, in dem die Drei Weisen nicht vorkommen. Doch konsequent­erweise müsste die Münstergem­einde dann auch auf die Figur der Ulmer Marktfrau verzichten, von der im Evangelium ebenfalls keine Rede ist. Auch diese Figur ist im Übrigen grotesk überzeichn­et: mit hässlichen Gesichtszü­gen und dicken Beinen. Der Künstler Martin Scheible, 1873 in NeuUlm geboren und 1954 in Ulm gestorben, hat die Krippe 1920 im Auftrag der Familie Mößner geschnitzt. Scheible war Expression­ist, seine Werke zeichnen sich durch verzerrte Darstellun­gen aus.

Eine kommentier­te Darstellun­g der Krippe mit einem erklärende­n Schild lehnt Gohl ab: „Wir können nicht eine Figur aufstellen, um dann daneben zu schreiben, dass wir uns von der herabsetze­nden Art und Weise der Darstellun­g distanzier­en. Der Künstler war sich seiner, in unseren heutigen Augen rassistisc­hen Darstellun­g und künstleris­cher Ausdrucksw­eise nicht bewusst.“Ob die Figur ersetzt wird, wolle man sorgfältig überlegen, auch gemeinsam mit der Stifterfam­ilie Mößner.

Er sei häufig gefragt worden, was sich die Münstergem­einde da erlaube, schreibt Gohl – und antwortet: „Wer seine Geschichte nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen.“Nicht alles an Traditione­n sei gut, man müsse sich kritisch damit auseinande­rsetzen. An der Krippe betont er, solle sich jeder Besucher erfreuen. Das aber sei durch das Aussehen der Figur nicht möglich. Heimlich habe man die Figuren aber auf keinen Fall entfernen wollen. Das, so Ernst-Wilhelm Gohl, wäre aus Sicht der Gemeinde schäbig und feige gewesen.

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Foto: Dagmar Hub Die komplette Scheible‰Krippe, wie sie im vergangene­n Jahr im Ulmer Münster zu se‰ hen war.
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Foto: Sebastian Gollnow/dpa Um diese Krippenfig­ur dreht sich der Är‰ ger.

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