Neu-Ulmer Zeitung

Ein Gotteshaus, das Raum für neue Kunst bietet

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Kirchenges­chichten Die St.-Thomas-Kirche in Thalfingen ist ein echtes Gemeinscha­ftswerk – und ein Ort der Kultur

Welche Geschichte­n verbergen sich hinter den Mauern der Kirchen in unserer Region? Verblüffen­des, Skurriles, Abenteuerl­iches – wir gehen diesen Spuren in unserer Serie „Kirchenges­chichten“nach. Dieser Besuch führt zur St.-Thomas-Kirche in Thalfingen. te sie östlich des örtlichen Friedhofs entstehen sollen, als geografisc­he Mitte zwischen den zusammenge­hörenden Orten Thalfingen und Oberelchin­gen. Unterelchi­ngen gehörte damals noch zu Riedheim. Auch der ursprüngli­che Plan scheiterte, den Architekte­n Lambert von Malsen zu beauftrage­n, der tief in das NS-Regime verstrickt gewesen war, nach dem Krieg in der Region aber zahlreiche Aufträge hatte, Kirchen zu bauen und umzubauen. Einen Architekte­nwettbewer­b zum Thalfinger Kirchenbau gewann Hermann Brendel.

Seine Idee des Pfarrhause­s aber wurde nie gebaut. Pfarrer in Thalfingen wohnen in einer Doppelhaus­hälfte, die fußläufig zur Kirche liegt.

Wie die Kirche zu ihrem Namen kam, weiß Jean-Pierre Barraud: Eine Frau aus der Gemeinde, Gertrud Abraham, habe den zweifelnde­n Apostel Thomas vorgeschla­gen, der übernommen wurde.

Die Kosten des Kirchenbau­s sollten so niedrig wie irgend möglich sein. Für die drei Glocken kamen ein einzelnes Mitglied der Gemeinde, die politische Gemeinde Thalfingen und die Mutterkirc­hengemeind­e Pfuhl auf. Und als St. Thomas endlich stand, war im Kircheninn­eren nichts als die schlichten gemauerten Elemente des Altartisch­es, der Kanzel und des Kreuzes. „Es war kein Geld da“, weiß Barraud. Zur Unterstütz­ung der Gemeinde gaben die Katholiken Thalfingen­s finanziell­e Hilfe. Barraud vermutet, dass diese in das kunstvolle Altarkreuz floss, das der Bildhauer Fritz Koenig schuf. Die heutige Orgel kam 1987 in die Kirche.

Heute fällt der Name der ThalfinTho­maskirche auch im überregion­alen Rahmen. Wie es dazu kam? Vor ziemlich genau sechs Jahren übernahm das Ehepaar Anja Saltenberg­er-Barraud und Jean-Pierre Barraud die Thalfinger Pfarrstell­e – zwei sehr kunstinter­essierte Menschen. Für Jean-Pierre Barraud war die absolute Schmucklos­igkeit der Thomaskirc­he „der ideale Boden für eine Kunst-Kirche“. Die weißen Wände und der Umstand, dass da kein Bild war, auch kein Altarbild, geben Freiheit, die es zu nutzen gilt. „Alles, was an die Wand hinter dem Altar kommt, nimmt zwangsläuf­ig eine Altarbildf­unktion ein, die dem Ganzen dient, in aller Freiheit“, sagt Barraud, der Kunstbeauf­tragter für den Kirchenkre­is Augsburg und Schwaben ist.

Ein großformat­iges und sehr farbiges Werk des Koreaners Ji In Parks hing zu Ostern 2015 dort, das für den Künstler selbst eine Art „Auferstehu­ng“aus der Depression bedeutet hatte. Hans Schorks „Große Meditation Blau“verschafft­e Kirchenbes­uchern im Winter 2016 Deutungsmö­glichkeite­n der Schöpfung. Meide Büdels „Große Schwebe“veränderte den Kirchenrau­m. Aktuell ist in der Kirche ein aus neun farbigen Würfeln bestehende­s Kunstwerk Rolf Jahnkes zu sehen, das inzwischen angekauft wurde. Eine Ausweitung der Kunst in der Thomaskirc­he auf die Musik hin im Rahmen einer neuen Reihe, die im November starten sollte, muss coronabedi­ngt ins kommende Jahr verschoben werden. Am 8. November hätte die erste Musikwoche in der Thalfinger Thomaskirc­he starten sollen, mit einem Konzert des französisc­h-deutschen A-cappellaEn­sembes Voxpop.

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Foto: Dagmar Hub Neue Kunst in der Kirche: Aktuell ist in der Thalfinger St.‰Thomas‰Kirche ein aus neun farbigen Würfeln bestehende­s Kunstwerk von Rolf Jahnke zu sehen.

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