Stelldichein im Roten Kunstsalon
Messe In der Villa Rot trifft sich zum fünften Mal die Künstler- und Galeristenszene. Die Ausstellung setzt junge und digitale Akzente. Doch Corona bestimmt die Grundregeln
Rot Um die Ecke wartet schon der nächste Galerist, der nächste Künstler, das nächste Werk – und keines gleicht dem anderen. In jedem Winkel der Villa Rot gibt es in diesen Tagen aktuelle, zeitgenössische Kunst zu entdecken. Im Slalom zwischen Skulpturen, Installationen und Gemälden, präsentieren sich Galerien aus Ravensburg, Bregenz, Köln und Berlin. Vier Tage lang findet hier, auf der Anhöhe über dem beschaulichen Burgrieden, die fünfte Auflage des „Rote Kunstsalons“statt. Und die Salon-Atmosphäre ist wörtlich gemeint: Das Museum will „einen Querschnitt durch aktuelle Tendenzen der Kunstwelt präsentieren“und die Chancen bieten, über die Eindrücke und Trends zu plaudern. Trotz Corona. Und natürlich mit Maske.
Franz Kafka hängt da an der Wand und schaut sehr konzentriert – ein Warhol-Popart-Porträt in Blau, 36 000 Euro steht dem kleinen Schild daneben. Aber dieser Warhol ist eine Ausnahme im zeitgenössischen Salon-Programm. Zwei Räume weiter hängen Popart-Werke des US-Amerikaners James Frances Gill. „Er setzt die sinnliche Popart in Szene“, erklärt Museumsleiter Marcus Hompes. Und gegenüber hängen gerahmte Werke von zerknautschten ColaBüchsen, plattgemachten CampbellDosen und Pin-Up-Motiven – auf dem ironischen Grat zwischen Popart, Popkultur und Kunstmarkt.
Zwölf Galerien präsentieren sich in der Villa, vom 15. bis 18. Oktober – fünf davon sind zum ersten Mal in Burg-rieden mit dabei. Und diese Neugier auf Neues merkt man: Neben klassischen Programmpunkten setzt der Kunstsalon auf jung, weiblich und digital. An der Schwelle zum Digitalen arbeitet Monika Huber, sie überschreitet die Grenzen zwischen den Elementen, zwischen Bildschirm und Leinwand. Mit Videos, Screenshots und Aquarellen verwandelt sie die Fresken der „Villa die Livia“in Rom in eine genreübergreifende Installation. So entstehen (bewegte) Bilder von Natur, vom Blühen und Verblühen in der Vergangenheit.
Die Kunstszene hat sich das Netz so weit erobert, dass die analoge Welt nicht mehr der Spielort für den Handel mit Kunst sein muss. „Die Galerie Zweigstelle Berlin agiert fast ausschließlich digital, um das Spektrum zu erweitern“, erklärt Hompes in der nächsten Koje. Im Kunstsalon präsentieren sie trotzdem ihre Werke – analog und greifbar. Ein Stockwerk höher präsentiert sich eine junge Online-Galerie namens „Pilote“; eine Produzentengalerie aus Berlin, die acht Künstlerinnen und zwei Künstler 2016 gegründet haben. Betty
Böhm gehört zum Kollektiv. Sie spielt mit Ebenen, Fotografien und Videos von ein und derselben Szene legt sie übereinander. Auf den ersten Blick harmlose Naturbilder – aber es geht um weltweiten Raubbau an der Natur und indigene Bevölkerungen, die diesen biologischen Schatz eigentlich hüten und um solche Räume bangen und kämpfen müssen.
„Etwas magisches, biologisches surreales“, so beschreiben die Leiterinnen der Ravensburger Galerie „21.06“das Werk von Anne Carnein. Aus Stoff, den sie wie eine Skulptur zurecht dreht und windet und vernäht, schafft sie Illusionen von Natur. Pilze und Äste, Pflänzchen und Blüten aus Textil, die sich in Wurzelgeflechte verzweigen. Verspielt, plastisch, faszinierend.
Einen Kontrast zur Naturmotivik setzt ein anderes Werk. Ironie trifft Luxus: Rechtecke in Schwarz, Silber und Rot stellt der österreichische Bildhauer Walter Kölbl nonchalant in eine Nische. Nur sind die unscheinbaren Stücke mit Ferrari- und Bugattilack gemalt. Mathematisch portioniert, können sich Kunstfreunde eine Portion Ferrari kaufen.
Beherbergungsverbote, Coronatests, wechselnde Regeln – die Bedingungen für diesen Kunstsalon waren kompliziert. „Wir hatten im vergangenen Jahr 550 Besucher, erzählt Hompes. 40 Besucher auf einmal dürfen die Schau nun besuchen. Jeder erhält ein rotes Bällchen, passend zur Leitfarbe der Villa und wenn das Kontingent aufgebraucht ist, müssen die anderen warten. Dafür gibt ein Zelt vor der Villa, mit Catering und einem Teppich – natürlich in Rot.
Öffnungszeiten Der Kunstsalon öff net am Samstag und Sonntag, 17. und 18. Oktober, von jeweils 11 bis 18 Uhr.