Wie Werbung die Stadt prägen darf
Gestaltung Erstmals gibt es in Ulm einen Katalog mit Vorgaben für Händler. Manche Punkte bleiben
aber knifflig, manche Punkte bleiben bewusst offen – und manche lassen sich gar nicht regeln
Ulm Neue Mitte oder Fischerviertel – Hirschstraße oder Platzgasse. Die Ulmer Innenstadt, wie sie heute aussieht, ist zu sehr unterschiedlichen Zeiten entstanden und optisch sehr vielfältig. Aus Sicht von Stadtbildpfleger Stefan Uhl muss trotzdem ein Grundsatz gelten: „Das Stadtbild wird geprägt von den Gebäuden, von den Freiräumen und von den Menschen. Die Werbung kommt erst ganz am Ende.“Wie die Werbung aussehen darf, regelt jetzt ein Gestaltungskatalog, auf den sich die Ulmer Stadträte im Bauausschuss einstimmig geeinigt haben.
Auf eine feste Satzung, wie sie in anderen Städten üblich ist, verzichtet die Stadt. Gerhard Bühler (FWG) nannte diesen Weg „flexibler“. Winfried Walter (CDU/Ulm für Alle) sagt, Werbung lebe von Kreativität. Dafür müsse die Stadt offen sein. „Es ist schön, dass kein enges Korsett dafür geschnitten wird“, lobte auch Banu Öner (Grüne), selbst Architektin.
Der Katalog greift auf, worauf Stadtbildpfleger Uhl und sein Vorgänger Jörg Schmitz ohnehin schon geachtet hatten. Nun aber ist alles schriftlich festgehalten – quasi als Nachweis, dass die Regeln nicht stets auf Neue und willkürlich vorgegeben werden. In manchen Abschnitten regeln Bebauungspläne bereits, wie Werbeschilder an Geschäften aussehen dürfen. In anderen Bereichen gab es bisher keine schriftlich festgehaltenen Regeln.
Jetzt sieht der Katalog vor, dass es überall einen Schriftzug und untergeordnet ein Logo geben darf – am Erdgeschoss oder am ersten Obergeschoss. Erlaubt sind an die Wand gemalte Schriftzüge oder an der Wand befestigte Buchstaben, aber auch Schilder, die in die Straße oder den Platz hineinragen. Leuchtkästen sind nur unter Vordächern oder Arkaden erlaubt. In denkmalgeschützten Bereichen sollen Schilder handwerklich hochwertig gestaltet sein. Grundsätzlich gilt, dass sich die Größe der Werbung an der Größe des Gebäudes orientiert. Ausnahmen kann es beispielsweise für EckLED-Monitore gebäude geben. Der promovierte Architekt Stefan Uhl will mit dem Katalog dennoch eine gewisse Chancengleichheit erreichen: Wer mehr Platz oder Geld hat, soll nicht uneingeschränkt auffällig auf sich aufmerksam machen dürfen.
Werbestelen soll es nicht geben – außer in besonderen Fällen. Zum Beispiel, wenn an einem historischen Gebäude gar keine Werbung angebracht werden soll oder wenn sich in einem Haus sehr viele Firmen befinden, die dann alle auf einer gemeinsamen Stele für sich werben. Kritisch gesehen wird auch zu auffällige Schaufenstergestaltung – Fenster sollen Fenster bleiben. Juristisch ist es nach Uhls Angaben aber knifflig, ob diese Beklebungen überhaupt geregelt werden dürfen.
sind hinter Schaufenstern erlaubt. Stadtbildpfleger Uhl will die Entwicklungen weiter beobachten. Er sieht in der Technologie eine Werbemethode der Zukunft. „Dem wollen wir uns nicht verschließen“, beobachtet er. Große, frei stehende Werbetafeln wie am Ikea-Markt in der Blaubeurer Straße wären nicht mehr zulässig. Aber: „Alles was steht, hat Bestandsschutz“, sagte Baubürgermeister Tim von Winning.
Dorothee Kühne (SPD) nannte den Katalog gelungen, erinnerte aber daran, dass auch temporäre Werbung das Stadtbild prägten – etwa am SWU-Gebäude oder bei der städtischen Kampagne „Ulm ist erreichbar“. Und sie wollte wissen, ob die Stadt eine Handhabe habe, beispielsweise auf sexistische Kampagnen zu reagieren. „Darauf haben wir keinen Einfluss“, entgegnete Tim von Winning. Was nicht sittenwidrig sei, sei erlaubt.
Was im Übrigen nicht oder nur temporär und auf Antrag erlaubt ist, sind sogenannte Beachflags – also kleine Werbefahnen vor Geschäften. Was dennoch in der Stadt zu sehen ist, ist in vielen Fällen nicht genehmigt. Große Fahnen will Stadtbildpfleger Uhl für Werbung gar nicht sehen. „Die sind anderen Anlässen vorbehalten“, sagte er und nannte Feste oder traurige Anlässe als Beispiele für eine Beflaggung.