Salvini sorgt mit Plänen für neue Fraktion für Wirbel
Der Chef der italienischen Lega, Matteo Salvini, strebt die Gründung einer neuen rechten Fraktion im Eu-parlament an. Im Bündnis könnten Regierungsparteien anderer Länder dabei sein, etwa die rechtsnationale Fidesz-partei von Viktor Orbán in Ungarn und die
PIS aus Polen. Salvinis Rechtspartei gehört im Eu-parlament der Gruppe Identität und Demokratie an, zu der auch die AFD gehört. „Wir arbeiten daran, eine neue Gruppe zu bilden“, sagte Salvini. Ein Eintritt der Lega in die Europäische Volkspartei (EVP), zu der die CDU/CSU gehört, stehe „nicht auf der Tagesordnung“. Ungarns Fidesz-partei trat unlängst aus der Evp-fraktion aus und kam damit einem Ausschluss zuvor. Die Lega gehört in Italien zur Regierungskoalition von Premier Draghi. (dpa)
Augsburg Es könnte so einfach sein. Um möglichst rasch möglichst viele Menschen impfen zu können, haben etliche Städte in den USA Impfstationen nach dem Mcdonald’s-prinzip eingerichtet: In Schrittgeschwindigkeit ins Drive-in einfahren, die Scheibe herunterlassen, rasch die Ärmel hochkrempeln, eine Spritze in den Arm – und fertig. So wie die Amerikaner sich ihr Essen, ihren Kaffee oder ihr Bargeld am Autoschalter holen, lassen sie sich jetzt auch in ihrem Wagen impfen.
Verglichen damit wirkt die deutsche Impfbürokratie wie ein Anachronismus aus einer längst vergangenen Zeit. Viel zu wenig Impfstoff, lange Wartezeiten und tote Telefonleitungen bei der Anmeldung, jede Menge Papierkram vor und nach dem Impfen – und eine beschämend niedrige Impfquote: Im Bemühen, mit der sprichwörtlichen deutschen Gründlichkeit alles bis ins Kleinste
Umfrage: Bürokratie macht mehr zu schaffen als Corona
regeln zu wollen, haben Bund und Länder das Gegenteil von dem erreicht, was sie wollten. Anstatt das Virus mit flächendeckenden Tests und einem hohen Tempo beim Impfen in Schach zu halten, zittert die Republik vor der dritten Welle.
Der vermeintliche Organisationsprofi Deutschland, der Fußballweltmeisterschaften oder Weltwirtschaftsgipfel bis ins letzte Detail perfekt durchplanen kann, wirkt im Kampf gegen die Pandemie auch nach einem Jahr noch wie ein Organisationsamateur, dem die Dinge langsam, aber sicher entgleiten. Um das Beschaffen von Millionen von Schnell- und Selbsttests zum Beispiel soll sich nun eine hektisch eingerichtete Arbeitsgruppe von Bund und Ländern kümmern. Nur: Warum erst jetzt? Aldi und Lidl verkaufen die neuen Selbsttests bereits.
Am anschaulichsten hat das Dilemma Lisa Federle beschrieben, eine Notfallärztin, die in Tübingen äußerst erfolgreich den Kampf gegen die Pandemie organisiert: „Wir bewegen alles x-mal, wir kontrollieren es noch zehnmal, schreiben es dann aus, lassen es noch mal prüfen, ob es überhaupt so schon geprüft ist, und haben dann noch irgendwelche rechtlichen Bedenken.“Das aber, warnt sie, sei in der Krise vollkommen falsch: „Wir müssen einfach mal pragmatischer handeln.“
Einige wenige Städte wie Tübingen, Böblingen oder Rostock tun das, indem sie Alten- und Pflegeheime von Anfang an besser geschützt und auch sonst überdurchschnittlich viel getestet haben. Der große Rest der Republik aber wartet lieber ab, was die Ministerial- und Gesundheitsbürokratie an Vorschriften und Empfehlungen formuliert. Je häufiger deren Pläne allerdings durch den staatlichen Regulierungswolf gedreht werden, desto komplizierter werden sie und desto länger dauert es auch. Kein Wunder also, wenn in einer Umfrage der Volks- und Raiffeisenbanken sieben von zehn Mittelständlern behaupten, ihnen mache die Bürokratie inzwischen mehr zu schaffen als Corona selbst.
„Wir brauchen Bürokratien, um unsere Probleme zu lösen“, wusste schon der große liberale Gelehrte Ralf Dahrendorf. „Aber wenn wir sie erst haben, hindern sie uns, das zu tun, wofür wir sie brauchen.“
In Deutschland mit seinem komplizierten Zuständigkeitsgeflecht von Bund, Ländern und Gemeinden diese Bürokratie sich naturgemäß selbst, nicht nur in Corona-zeiten. Die ebenfalls föderal verfasste, aber besser organisierte Schweiz zum Beispiel hat in nur 17 Jahren einen 57 Kilometer langen Tunnel durch die Alpen getrieben, das Bundesverkehrsministerium, Berlin und Brandenburg haben fast genauso lange gebraucht, um auf der freien Flur einen Flughafen zu bauen.
In guten Zeiten mag diese saturierte Trägheit noch kein Problem sein, zumindest kein existenzielles. Im Angesicht einer Pandemie aber kostet die organisierte Unzulänglichkeit Menschenleben und berufliche Existenzen. Betriebsärzte, die impfen wollen, es aber noch nicht dürfen, Novemberhilfen, die erst im Februar ausgezahlt werden, Gesundheitsämter, die noch mit Faxgeräten arbeiten, und Schnelltests, die angeblich längst bestellt und geliefert sind, in den Apotheken aber trotzdem nicht ankommen: Mal schiebt der Bund die Schuld auf die Länder, mal zeigen die Länder mit dem Finger auf den Bund, mal geht es auf beiden Seiten drunter und drüber. Wenn allerdings jeder irgendwo nur ein wenig verantwortlich ist, ist am Ende keiner mehr für irgendetwas verantwortlich.
Unter anderen Umständen, in einer anderen Zeit hätten Minister wie Jens Spahn oder Peter Altmaier für die vielen Pannen und Fehleinschätzungen in ihren Ressorts längst mit ihren Rücktritten bezahlen müssen. Im Moment allerdings stellt niemand die Frage nach der Verantwortlichkeit, zu groß sind die Beharrungskräfte im Apparat, zu unflexibel auch die politisch Handelnden. Die deutsche „Lust an der Bürokratie“, die die Neue Zürcher Zeitung gerade diagnostiziert hat, lähmt das Land in einer Situation, in der kreative, schnelle und unkonventionährt