Razzia in Allgäuer Arztpraxen
Corona Vier Mediziner sollen Masken-atteste ausgestellt haben, ohne ihre Patienten genau zu untersuchen. Jetzt ermittelt die Justiz
Kempten Die Justiz ermittelt gegen vier Ärztinnen und Ärzte aus Kempten und dem Oberallgäu, weil sie im Verdacht stehen, falsche Atteste ausgestellt zu haben, die Patienten von der Pflicht befreien, eine Mund-nasen-bedeckung zu tragen. Um wie viele Fälle es sich konkret handelt, werde derzeit ausgewertet, sagt Sebastian Murer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Kempten.
Die Mediziner sollen die Gesundheitszeugnisse herausgegeben haben, ohne ihre Patienten hinreichend untersucht oder den Grund für die Ausstellung eines Attests genau überprüft zu haben. Generell gelte: Ärzte, die wider besseres Wissen ein unrichtiges Gesundheitszeugnis zum Vorzeigen bei einer Behörde oder einer Versicherungsgesellschaft ausstellen, können mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft werden. Auch eine Geldstrafe ist möglich. Menschen, die vorsätzlich ein solches Zeugnis gebrauchen, beispielsweise wenn sie von der Polizei kontrolliert werden, droht eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.
Am Dienstag durchsuchten etwa 20 Polizeibeamte die Praxisräume der betroffenen Mediziner und stellten zahlreiche Dokumente sicher. Murer sagt dazu allgemein: „Wenn bei Kontrollen vermehrt Atteste bestimmter Praxen auffallen und es konkrete Anhaltspunkte für Widersprüche
zwischen der Befreiung von der Maskenpflicht und dem Gesundheitszustand des Kontrollierten gibt, kann dem näher nachgegangen werden.“In Kempten und im nördlichen Oberallgäu waren sowohl bei Demonstrationen als auch bei Personenkontrollen vermehrt auffällige Atteste entdeckt worden, sagt Holger Stabik, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/west.
Dass Hausärzte nun keine Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht mehr ausstellen wollen, aus Angst, die Staatsanwaltschaft könnte einschreiten, ist Dr. Jakob Berger, Vorsitzender des schwäbischen Hausärzteverbandes, nicht bekannt. Eine solche Angst hielte er ohnehin für „nicht nachvollziehbar“. Es gehöre zur ärztlichen Sorgfaltspflicht, sich ein Bild von der Erkrankung eines Patienten zu machen. „Ich würde generell raten, bei der Ausstellung solcher Atteste sparsam zu sein, denn die Masken bieten auch Schutz für die Betroffenen.“