Werden bettlägerige Patienten bald zu Hause geimpft?
Coronakrise Hausärzte sollen im Kreis Neu-ulm demnächst solche Menschen über 80 gegen das Virus impfen können
Neuulm Im Landkreis Neu-ulm soll nach Angaben des Landratsamtes kommende Woche ein Pilotprojekt starten. Sechs Hausärzte werden im Rahmen ihrer Hausbesuche bettlägerige Patienten, die über 80 Jahre alt sind, impfen, heißt es in einer Pressemitteilung am Dienstag. Der koordinierende Hausarzt spricht von einem „Kraftakt“, der „ganz schön stressig“wird.
Zwar steht noch nicht endgültig fest, welcher Impfstoff verabreicht werden soll – allerdings ist die Auswahl begrenzt: entweder Biontech oder Astra Zeneca. Der Impfstoff vom Hersteller Moderna sei nicht transportfähig, sagt Versorgungsarzt Dr. Stefan Thamasett, der für das Projekt federführend ist.
Der Plan ist, dass die Hausärzte die vorbereiteten Dosen beim Impfzentrum abholen und sich dann von dort auf den Weg zu den Ü80-patienten machen, die nicht mehr in der Lage sind, ihre eigenen vier Wände zu verlassen beziehungsweise „hausbesuchspflichtig“sind. Die Hausärzte gehen hier auf ihre Patienten zu und bieten ihnen die Möglichkeit einer Impfung an. Bekannte
oder Verwandte müssten laut Landratsamt nicht auf den Hausarzt zugehen. In der Praxis von Dr. Thamasett in Offenhausen betrifft das Angebot 11 Personen. Die alle an einem Tag zu impfen, wird vermutlich nicht möglich sein. Doch auch die Hälfte davon an nur einem Tag wäre ein sportliches Programm.
Denn für die Hausärzte bleibt für die Impfung nicht viel Zeit. Binnen fünf Stunden muss das Vakzin verabreicht werden. Nur so lange hält der Impfstoff, wenn die Spritzen aufgezogen sind. Die werden in speziellen Kühltaschen transportiert. Vor Ort kann es dann aber schnell gehen: Die Aufklärung erfolgt schon vorher, auch im Beisein von Verwandten. Kompliziert könnte es dann werden, wenn beispielsweise eine Spritze nicht genutzt werden konnte, weil ein Patient vielleicht nicht zu Hause war und nicht angetroffen werden konnte. Diese Dosis soll aber nicht verfallen, sondern anderweitig verimpft werden.
Das Projekt ist Teil einer Machbarkeitsstudie, erklärt der Hausarzt. Die hierbei gemachten Erfahrungen sollen in eine Strategie einfließen, um dann umgehend im gesamten Landkreis die besonders gefährdete
Patientengruppe zu Hause impfen zu können. „Mal gucken, ob das, was wir uns ausgedacht haben, auch funktioniert“, sagt Thamasett. Wenn es klappt, soll es auf die rund 100 Hausärzte im Kreis ausgerollt werden. Für viele Patienten seien ihre Hausärzte die ersten Ansprechpartner, wenn sie Fragen zum Impfen haben, kommentiert Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) die Aktion: „Ich freue mich, dass die Arztpraxen bald generell die Möglichkeit erhalten, Impfungen vorzunehmen. Dadurch können die Impfungen weiter beschleunigt werden.“Wann es aber im Landkreis Neu-ulm so weit sein wird, dass Impfungen gegen das Coronavirus beim Hausarzt in der Praxis möglich sind, ist noch unklar. Hier wartet das Landratsamt nach eigenen Angaben auf Anweisungen aus dem bayerischen Gesundheitsministerium. Geplant ist ab Anfang April.
Manchem dauert das zu lange. Zumal die Praxen entsprechend vorbereitet werden müssen. Der Pfuhler Hausarzt Dr. Christian Kröner hat für seine Praxis beispielsweise schon eine Voranmeldung zur Impfung auf der Internetseite eingerichtet.