Vöhringen muss neue Schulden machen
Finanzen Die Stadt ist nicht die einzige Kommune, die heuer sprichwörtlich den Gürtel enger schnallen muss.
Laut den Prognosen könnte sich die Pro-kopf-verschuldung fast verdoppeln
Vöhringen Für Kämmerer Andreas Maaß war die Erstellung des Haushalts heuer ein besonders schwieriges Spiel mit den Zahlen. Als er das Werk den Vöhringer Stadträten präsentierte, fand er deutliche Worte: „Es ist kein schöner Entwurf, der zum Geldausgeben anregt.“Die Devise lautet Sparen. „Dieses und das kommende Jahr werden wir einfach genau überlegen müssen, was wirklich nötig ist“, erklärt der Experte für die Stadtfinanzen. Wofür also will Vöhringen 2021 sein Geld ausgeben?
Der Haushalt weist nach dem aktuellen Entwurf ein Gesamtvolumen von aufgerundet 47.160.000 Euro auf. Damit liegt er sogar etwas über dem Ansatz aus 2020. Der Löwenanteil (etwa 37.274.000 Euro) entfällt auf den Verwaltungshaushalt, im Prinzip die laufenden Kosten der Stadt für Personal, Gebäudeunterhalt, Bauhof und andere Pflichtaufgaben. Rund 9.882.000 Euro sind für den Vermögenshaushalt angesetzt, der im Prinzip aus einmaligen Investitionen besteht, die heuer anfallen.
Weit oben auf der städtischen Todo-liste steht auch der Ausbau der Möslegasse. Mit 530.000 Euro gehört das zu den teuersten Posten im gesamten Haushalt. Auffällig ist aber, bei wie vielen Straßen, bei denen Ausbau und Sanierung bereits als Haushaltsposten angelegt ist, der Vermerk „zurückgestellt“steht.
Beim Baugebiet Kranichstraße steckt die Stadt gerade mittendrin. Auch hierfür werden in diesem Jahr viele Ausgaben anfallen. Mit der Herstellung der Abwasseranlage (20.000 Euro), Herstellung der Wasserversorgung (12.000 Euro), Errichtung eines Kinderspielplatzes (40.000 Euro), Erwerb von Grundstücken (160.000 Euro), Erwerb von Straßengrundstücken (200.000 Euro) und noch einigen anderen Posten summiert sich ein ansehnlicher Betrag auf.
Teuer werden auch die Erweiterung und Umgestaltung des Friedhofs Süd. Dieses Jahr sind dafür im Haushalt 450.000 Euro angesetzt, 2022 werden voraussichtlich noch mal 230.000 Euro fällig sein. Ebenfalls mit 450.000 Euro schlägt die Sanierung der Entwässerungsanlagen an Wertstoffhof und Recyclinghof zu Buche.
Trotz Sparprogramm stellt sich die Stadt den drängenden Problemen des Klimaschutzes. Insgesamt 450.000 Euro sollen dafür ausgegeben werden. In diesem Betrag stecken zum einen einige Klimaschutzmaßnahmen, aber auch die neu geschaffene Stelle des Vöhringer Klimaschutzmanagers. In Illertissen hat sich diese Investition bewährt: Die Stadt beschäftigt schon seit einigen Jahren jemand, der sich explizit um Klimafragen kümmert.
Wie kürzlich beschlossen wurde, soll es eine Trinkwassernotverbundleitung zwischen Senden und Vöhringen geben. 520.000 Euro sind dafür heuer angesetzt. Die Trinkwasserversorgung ihrer Bürger sicherzustellen ist für die Stadt eine Pflichtaufgabe, die trotz knappen Budgets keinen Aufschub duldet. Für die Fertigstellung der Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses werden heuer noch mal 170.000 Euro benötigt. Der größere Betrag war vergangenes Jahr fällig. Damals stand an diesem Posten 442.000 Euro. Und schließlich schlägt in dieser Liste der größten Ausgaben noch die Sanierung des Kanalnetzes und Erneuerung betriebstechnischer Einrichtungen mit 380.000 Euro zu Buche.
Genug Geld für all die anstehenden Ausgaben zusammenzubekommen, ist heuer schwer. Dabei musste Kämmerer Maaß noch steigende Kosten im Vermögenshaushalt ausgleichen. Die für Personal sind um fast eine halbe Million Euro höher. Ein Großteil davon geht an neu eingestellte Arbeitskräfte im Kindergartenbereich. Dort hat die Stadt einige neue Betreuungsplätze geschaffen, um den stetig steigenden Bedarf zu decken.
Der Sparkurs auf der Ausgabenseite dient auch dazu, den Einnahmerückgang der Stadt auszugleichen. Im vergangenen Haushalt hat die Stadt über die Einkommenssteuerbeteiligung fast 9,4 Millionen Euro eingenommen. Heuer sind es mehr als eine Million Euro weniger. So macht sich auch im städtischen Haushalt deutlich bemerkbar, wie sehr die Bürger finanziell von der Pandemie belastet sind. Bei der Gewerbesteuer rechnet Kämmerer Andreas Maaß mit Einnahmen von 8,8 Millionen Euro. Doch in Stein gemeißelt ist diese Zahl nicht. Im Gegenteil: Sie hängt stark vom weiteren Verlauf der Pandemie und entsprechender Schutzmaßnahmen wie etwa Ladenschließungen ab.
Doch am Ende geht es nicht anders: Die Stadt muss ihre Rücklagen angreifen und einen neuen Kredit aufnehmen. Zugute kommt der Stadt dabei nur, dass sie im Vorjahr nicht so viel Geld vom Ersparten brauchte, wie angedacht war. 600.000 Euro kann Vöhringen aus den Rücklagen entnehmen. Dennoch bleiben fast 4,8 Millionen Euro, die die Stadt über einen Kredit finanzieren muss. Der Schuldenstand klettert voraussichtlich auf mehr als 14 Millionen. Oder etwas anschaulicher als Pro-kopf-verschuldung ausgedrückt: 2019 betrug dieser Wert bei 13.630 Einwohnern 546,01 Euro. Laut Prognosen des Kämmerers kommen in diesem Jahr 1025,26 Euro Schulden auf jeden der inzwischen 13.850 Einwohner zu.
Bisher haben die Vöhringer Stadträte über den Haushaltsentwurf nur beraten und Empfehlungsbeschlüsse gefasst. Endgültig beschlossen wird der Haushalt voraussichtlich in der kommenden Stadtratssitzung. Für die Räte, die nicht erst im vergangenen Jahr in das Gremium gewählt wurden, ist dies nicht der Haushaltsentwurf, in dem eine Kreditaufnahme eingeplant ist. Doch anders als in den Vorjahren, als die Kredite nur für den Fall der Fälle in das Zahlenwerk aufgenommen worden waren, werde es in diesem Jahr definitiv nicht ohne gehen, erklärt Kämmerer Maaß. Er schwört die Stadträte zum Ende der Beratungssitzung mit mahnenden Worten auf den Sparkurs ein. Die Zeit immer neuer Rekordeinnahmen sei vorbei. „Wir wissen nicht, wie das Jahr weitergeht“, sagt Maaß.