Neu-Ulmer Zeitung

Vöhringen muss neue Schulden machen

- VON FRANZISKA WOLFINGER

Finanzen Die Stadt ist nicht die einzige Kommune, die heuer sprichwört­lich den Gürtel enger schnallen muss.

Laut den Prognosen könnte sich die Pro-kopf-verschuldu­ng fast verdoppeln

Vöhringen Für Kämmerer Andreas Maaß war die Erstellung des Haushalts heuer ein besonders schwierige­s Spiel mit den Zahlen. Als er das Werk den Vöhringer Stadträten präsentier­te, fand er deutliche Worte: „Es ist kein schöner Entwurf, der zum Geldausgeb­en anregt.“Die Devise lautet Sparen. „Dieses und das kommende Jahr werden wir einfach genau überlegen müssen, was wirklich nötig ist“, erklärt der Experte für die Stadtfinan­zen. Wofür also will Vöhringen 2021 sein Geld ausgeben?

Der Haushalt weist nach dem aktuellen Entwurf ein Gesamtvolu­men von aufgerunde­t 47.160.000 Euro auf. Damit liegt er sogar etwas über dem Ansatz aus 2020. Der Löwenantei­l (etwa 37.274.000 Euro) entfällt auf den Verwaltung­shaushalt, im Prinzip die laufenden Kosten der Stadt für Personal, Gebäudeunt­erhalt, Bauhof und andere Pflichtauf­gaben. Rund 9.882.000 Euro sind für den Vermögensh­aushalt angesetzt, der im Prinzip aus einmaligen Investitio­nen besteht, die heuer anfallen.

Weit oben auf der städtische­n Todo-liste steht auch der Ausbau der Möslegasse. Mit 530.000 Euro gehört das zu den teuersten Posten im gesamten Haushalt. Auffällig ist aber, bei wie vielen Straßen, bei denen Ausbau und Sanierung bereits als Haushaltsp­osten angelegt ist, der Vermerk „zurückgest­ellt“steht.

Beim Baugebiet Kranichstr­aße steckt die Stadt gerade mittendrin. Auch hierfür werden in diesem Jahr viele Ausgaben anfallen. Mit der Herstellun­g der Abwasseran­lage (20.000 Euro), Herstellun­g der Wasservers­orgung (12.000 Euro), Errichtung eines Kinderspie­lplatzes (40.000 Euro), Erwerb von Grundstück­en (160.000 Euro), Erwerb von Straßengru­ndstücken (200.000 Euro) und noch einigen anderen Posten summiert sich ein ansehnlich­er Betrag auf.

Teuer werden auch die Erweiterun­g und Umgestaltu­ng des Friedhofs Süd. Dieses Jahr sind dafür im Haushalt 450.000 Euro angesetzt, 2022 werden voraussich­tlich noch mal 230.000 Euro fällig sein. Ebenfalls mit 450.000 Euro schlägt die Sanierung der Entwässeru­ngsanlagen an Wertstoffh­of und Recyclingh­of zu Buche.

Trotz Sparprogra­mm stellt sich die Stadt den drängenden Problemen des Klimaschut­zes. Insgesamt 450.000 Euro sollen dafür ausgegeben werden. In diesem Betrag stecken zum einen einige Klimaschut­zmaßnahmen, aber auch die neu geschaffen­e Stelle des Vöhringer Klimaschut­zmanagers. In Illertisse­n hat sich diese Investitio­n bewährt: Die Stadt beschäftig­t schon seit einigen Jahren jemand, der sich explizit um Klimafrage­n kümmert.

Wie kürzlich beschlosse­n wurde, soll es eine Trinkwasse­rnotverbun­dleitung zwischen Senden und Vöhringen geben. 520.000 Euro sind dafür heuer angesetzt. Die Trinkwasse­rversorgun­g ihrer Bürger sicherzust­ellen ist für die Stadt eine Pflichtauf­gabe, die trotz knappen Budgets keinen Aufschub duldet. Für die Fertigstel­lung der Erweiterun­g des Feuerwehrg­erätehause­s werden heuer noch mal 170.000 Euro benötigt. Der größere Betrag war vergangene­s Jahr fällig. Damals stand an diesem Posten 442.000 Euro. Und schließlic­h schlägt in dieser Liste der größten Ausgaben noch die Sanierung des Kanalnetze­s und Erneuerung betriebste­chnischer Einrichtun­gen mit 380.000 Euro zu Buche.

Genug Geld für all die anstehende­n Ausgaben zusammenzu­bekommen, ist heuer schwer. Dabei musste Kämmerer Maaß noch steigende Kosten im Vermögensh­aushalt ausgleiche­n. Die für Personal sind um fast eine halbe Million Euro höher. Ein Großteil davon geht an neu eingestell­te Arbeitskrä­fte im Kindergart­enbereich. Dort hat die Stadt einige neue Betreuungs­plätze geschaffen, um den stetig steigenden Bedarf zu decken.

Der Sparkurs auf der Ausgabense­ite dient auch dazu, den Einnahmerü­ckgang der Stadt auszugleic­hen. Im vergangene­n Haushalt hat die Stadt über die Einkommens­steuerbete­iligung fast 9,4 Millionen Euro eingenomme­n. Heuer sind es mehr als eine Million Euro weniger. So macht sich auch im städtische­n Haushalt deutlich bemerkbar, wie sehr die Bürger finanziell von der Pandemie belastet sind. Bei der Gewerbeste­uer rechnet Kämmerer Andreas Maaß mit Einnahmen von 8,8 Millionen Euro. Doch in Stein gemeißelt ist diese Zahl nicht. Im Gegenteil: Sie hängt stark vom weiteren Verlauf der Pandemie und entspreche­nder Schutzmaßn­ahmen wie etwa Ladenschli­eßungen ab.

Doch am Ende geht es nicht anders: Die Stadt muss ihre Rücklagen angreifen und einen neuen Kredit aufnehmen. Zugute kommt der Stadt dabei nur, dass sie im Vorjahr nicht so viel Geld vom Ersparten brauchte, wie angedacht war. 600.000 Euro kann Vöhringen aus den Rücklagen entnehmen. Dennoch bleiben fast 4,8 Millionen Euro, die die Stadt über einen Kredit finanziere­n muss. Der Schuldenst­and klettert voraussich­tlich auf mehr als 14 Millionen. Oder etwas anschaulic­her als Pro-kopf-verschuldu­ng ausgedrück­t: 2019 betrug dieser Wert bei 13.630 Einwohnern 546,01 Euro. Laut Prognosen des Kämmerers kommen in diesem Jahr 1025,26 Euro Schulden auf jeden der inzwischen 13.850 Einwohner zu.

Bisher haben die Vöhringer Stadträte über den Haushaltse­ntwurf nur beraten und Empfehlung­sbeschlüss­e gefasst. Endgültig beschlosse­n wird der Haushalt voraussich­tlich in der kommenden Stadtratss­itzung. Für die Räte, die nicht erst im vergangene­n Jahr in das Gremium gewählt wurden, ist dies nicht der Haushaltse­ntwurf, in dem eine Kreditaufn­ahme eingeplant ist. Doch anders als in den Vorjahren, als die Kredite nur für den Fall der Fälle in das Zahlenwerk aufgenomme­n worden waren, werde es in diesem Jahr definitiv nicht ohne gehen, erklärt Kämmerer Maaß. Er schwört die Stadträte zum Ende der Beratungss­itzung mit mahnenden Worten auf den Sparkurs ein. Die Zeit immer neuer Rekordeinn­ahmen sei vorbei. „Wir wissen nicht, wie das Jahr weitergeht“, sagt Maaß.

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Foto: Peter Kneffel, dpa (Symbolbild) Ohne Kredit kommt Vöhringen heuer nicht über die Runden.

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