Broschüre mit Coronalügen liegt in Kirche aus
Aktion In der St. Michaelskirche in Vöhringen sind Hefte aufgetaucht, in denen vor der Impfung gewarnt wird
Vöhringen In der St. Michaelskirche liegen am Eingang öfter Broschüren aus. Dieses Mal war ein kleiner Stapel dabei, dessen Herausgeber der Sorte Corona-leugner zuzuordnen ist. Unter dem Vorwand, dass der Inhalt wissenschaftlich belegt sei, werden Behauptungen erhoben, die von Krebsrisiko, Gen-schädigungen und unter anderem allgemein von desaströsen Folgen für die Bevölkerung sprechen, wenn man sich den Impfungen unterzieht.
Aufgefallen waren die Broschüren einigen Gottesdienstbesuchern, die es befremdlich fanden, solche Hetzschriften in der Kirche zu finden. In dem 40 Seiten umfassenden Büchlein wird die Bundesregierung kritisiert und massiv angegriffen wegen ihrer Eindämmungsmaßnahmen. Es sei davon auszugehen, dass die entstehenden Kollateral-schäden
schlimmer sind als die von Covid-19, heißt es in dem Heft. Die in Berlin beheimatete Gruppe nennt sich „Der Mandelzweig“, die eigener Bekundung nach auf den Grundlagen der Bibel steht und sich als anerkannte Freikirche bezeichnet. Auf ihrer Website wirbt sie mit dem Spruch „Christen im Widerstand“und verlinkt Interviews berüchtigter Corona-kritiker wie Wolfgang Wodarg oder Sucharit Bhakdi, die erwiesenermaßen fehlerhafte Informationen über das Virus Sars-cov-2 und seine Auswirkungen verbreitet haben.
Pfarrer Martin Straub war davon ausgegangen, es handelte sich um eine Informationsschrift über Corona-impfungen, also über Pro und Kontra. Als er auf den bedenklichen Inhalt angesprochen wurde, wollte er sich die Broschüre nochmals genauer anschauen. Aber dazu gab es keine Möglichkeit mehr, die zehn
Broschüren waren verschwunden. Ansonsten verhalte er sich bei Wünschen nach Auslegungen von Schriften sehr zurückhaltend. Dass die kleinen 40-Seiten umfassenden Büchlein mit einem recht harmlosen Titel versehen waren, ließ nichts Arges vermuten. Denn „Wissenswertes über Corona-impfung“interessiert schließlich jeden, vor allem, wenn die Menschen der Risikogruppe über 80 Jahren angehören und es ist ja nicht unbekannt, dass gerade diese Altersgruppe zu den häufigsten Kirchenbesuchern zählen.
Pfarrer Straub hält sich bei den Gottesdiensten strikt an die Regeln der Corona-schutzmaßnahmen. Er trägt Maske und er hat dieses Gebet verfasst, das vor einem Jahr entstanden ist. „Herr, wir bringen Dir alle Erkrankten und bitten um Trost und Heilung, sei den Leidenden nahe und besonders den Sterbenden. Bitte tröste jene, die jetzt trauern. Schenke den Ärzten und Forschern Weisheit und Energie. Wir bitten um Frieden inmitten des Sturms, um klare Sicht.“Dieses Gebet hat Straub bereits vor einem Jahr 15.000 Mal drucken lassen und allen Mitgliedern der Pfarreiengemeinschaft zukommen lassen. „Seit einem Jahr beten wir das Gebet, Woche
für Woche, an vier Tagen in vier Gemeinden offiziell im Gottesdienst.“Da müsse man schon weit suchen, wo das Fürbittgebet zur Eindämmung der Pandemie noch so präsent sei.
Was nicht nur irritierend, sondern weitaus gefährlicher ist, dass unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Erkenntnisse diese „Weisheiten“verkündet werden, sagt ein 79-jähriger Gottesdienstbesucher, der seinen Namen nicht so gerne in der Zeitung lesen will. Straub sagt, „persönlich nehme ich nur wahr, dass bei Impfbefürwortern und Impfkritikern vernünftige Leute anzutreffen sind. Es wäre vermutlich für unsere Gesellschaft hilfreicher, wenn sie die Diskussion über Sachargumente mehr zulassen würden.“Die Schriften waren nur in der katholischen Kirche ausgelegt, nicht im evangelischen Gotteshaus.