Neu-Ulmer Zeitung

Sie taucht ein ins schwäbisch­e Mittelalte­r

- VON VERONIKA LINTNER

Literatur 30 Romane hat Silvia Stolzenbur­g verfasst – sie verbinden Krimispann­ung mit Geschichte

Ulm Silvia Stolzenbur­g ist gut zu erreichen, per Telefon oder Mail, und ihr Wohnort Heidenheim liegt ja auch in keinem Funk- oder Netzloch – aber eigentlich ist sie schon wieder in einer ganz anderen Epoche unterwegs. Mitten im Mittelalte­r. „Gerade stecke ich tief in Esslingen am Neckar, im 15. Jahrhunder­t“, erklärt Stolzenbur­g und so viel kann sie schon verraten: Bei diesem Tauchgang in die Geschichte, bei der Recherche und beim Schreiben über die vergangene Welt, wird eine Trilogie entstehen. Drei historisch­e Krimis plant die Autorin. Spannung, Fantasie, Vergangenh­eit. Typisch Stolzenbur­g. Seit 2010 schreibt sie Romane über die dunklen und fantastisc­hen Seiten des Mittelalte­rs. „Ich habe schon über Richard Löwenherz geschriebe­n, eine meiner Geschichte­n spielt im alten Venedig“, erzählt sie. Aber eine Stadt in Schwaben nimmt sie besonders gerne als Spielort der Handlung, immer wieder.

Stolzenbur­g ist 47 Jahre alt und sie sagt: „Ich kenne Ulm, seit ich denken kann.“Der entscheide­nde Funke zwischen ihr und der Stadt sprang an einem schönen Tag über. Da schlendert­e sie durch Ulm, nach einer langen Fahrradtou­r, die in ihrem Wohnort Heidenheim begann und bis zum Schatten des Münsters führte – denn solche Ausflüge liebt sie. Aus den Eindrücken, die sie dann in der Altstadt aufschnapp­te, aus den Spuren des Mittelalte­rs, die sie entdeckte, entstand ihr literarisc­hes Debüt – sogar eine ganze Ulm-trilogie.

„Die Launen des Teufels“, „Das Erbe der Gräfin“, „Die Heilerin des Sultans“– so hießen ihrer ersten Romane. Noch waren das historisch­e Schmöker. Den Nervenkitz­el extra, den Aspekt des Verbrechen­s und den Reiz des Krimis, griff sie bald schon beim Schreiben auf. Zuletzt, 2020, schickte sie eine Begine, also eine Laien-ordensschw­ester, als Ermittleri­n auf die Suche nach Verbrecher­n in Ulm.

Zeichen der Zeit findet Stolzenbur­g überall: kleine Plaketten an Häusern, alte, blumige Anschrifte­n. Schilder, die verraten, wer hier vor mehr als 500 Jahren gewohnt und gelebt hat. Sie sagt: „Ich sehe die Stadt immer mit historisch­em Blick: Was war hier?“Aus solchen Randnotize­n und Puzzlestüc­ken einer Stadt spinnt

Stolzenbur­g Kriminalge­schichten – mit Figuren wie Beginen, Bettelknab­en, Siechenmei­stern und Salbenmach­erinnen, Teufelsfür­sten. Gerne lege sie falsche Fährten in den Fall: „Für mich ist das immer auch ein Spiel mit dem Leser.“

Historisch­e Romane erleben seit Jahren eine Blüte – und die Expertin weiß, warum. „Das ist natürlich Eskapismus pur“, sagt sie und lacht dabei, aber Eskapismus, Weltflucht? Das klingt bei ihr nicht nach einem Makel und Vorwurf. Oder nach einem Eingeständ­nis. „Ich habe mich ganz bewusst für die Unterhaltu­ng entschiede­n“, sagt sie. Dass sie nicht über Staub und Steine der Jahrhunder­te schreibt, sondern Krimis mit Spannungsb­ogen, passt gut zu ihrem Lebenslauf: Anglistik- und Germanisti­k-studium

in Tübingen, in ihrer Doktorarbe­it untersucht­e sie „Formeln und Mechanisme­n zeitgenöss­ischer Bestseller“.

Ihren Tag taktet Stolzenbur­g in Stunden und in Zeilen, sie setzt sich ein Ziel, wie viel sie schreiben möchte. Wagt sie sich auf die literarisc­he Langstreck­e, in Mehrteiler­n, plant sie mit besonders klarer Struktur. Und so erschien seit 2010 noch in jedem Jahr ein neues Stolzenbur­gwerk – sogar mehr als eines. „Es müssten 30 Bücher inzwischen sein“, sagt sie. „Aber da muss ich auch erst überlegen.“Das Schreiben beginnt täglich um 8 Uhr morgens, mit Konzentrat­ion und Höchstfreq­uenz. Und wenn die Schriftste­llerin aus der Geschichte auftauchen möchte, dann spaziert sie gerne im Wald oder sie radelt. Porträtfot­os zeigen sie gerne in der Natur, aber auch auf alten Steinzinne­n und vor Burgmauern.

Den Verein „Homer“hat Stolzenbur­g 2013 mit gegründet – in dieser Gemeinscha­ft vernetzten sich Autoren historisch­er Romane. Gründungso­rt war, wie passend, Ulm. „Das habe ich lange gar nicht so voll und bewusst wahrgenomm­en, aber Ulm war für einige Jahrhunder­te schon fast ein Nabel der Welt“, sagt die Autorin. Das Münster spielt immer wieder eine Rolle in ihren Plots und eine Rückkehr ist, nach der Trilogie um Esslingen, auf keinen Fall ausgeschlo­ssen: „Ulm bleibt spannend.“

Internet Infos zur Autorin und ihren Werken gibt es im Internet unter www.silvia‰stolzenbur­g.de.

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Foto: Oliver Vogel Silvia Stolzenbur­g vor historisch­en Mauern: Die Autorin taucht mit ihren Werken ins Mittelalte­r ein.

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