Neu-Ulmer Zeitung

Gibt es eine ulmerische Lösung?

- VON PIT MEIER UND JAN KUBICA

Nationalma­nnschaft Als Löw-nachfolger kommen auch zwei Trainer infrage, die schon bei den Spatzen gearbeitet haben. Wir haben mit Fachleuten in der Region gesprochen

Ulm/illertisse­n Deutschlan­d braucht demnächst einen neuen Bundestrai­ner. Nach der Europameis­terschaft im Sommer hört Joachim Löw auf, zum Thema Nachfolger reden sich die Fußballfre­unde die Köpfe heiß. Der hoch gehandelte Jürgen Klopp hat bereits abgewunken, im Gespräch sind außerdem unter anderem die Namen von Hansi Flick und Stefan Kuntz. Aber es könnte auch zu einer sehr ulmerische­n Lösung kommen. Assistent von Löw ist schließlic­h Marcus Sorg. Der war mal Trainer bei den Spatzen und dass beim DFB die Nummer eins zur Nummer zwei wird, das wäre zumindest nicht ungewöhnli­ch: Sepp Herberger folgte auf Otto Nerz, Helmut Schön auf Herberger, Jupp Derwall auf Schön. Nach dem Sommermärc­hen übernahm dann Löw von Jürgen Klinsmann. Sorgs Name wird allerdings deutlich seltener genannt als der von Ralf Rangnick. Auch der hat bekanntlic­h in Ulm gearbeitet und er gilt als Vater des Bundesliga-aufstiegs. Oder wie wäre es mit 100 Prozent Ulm: Rangnick wird Bundestrai­ner, Sorg bleibt Cotrainer? Wir haben uns bei Fachleuten in der Region umgehört – unter ihnen sind auch zwei Trainer, die zu ihrer aktiven Zeit unter Rangnick gespielt haben.

Wenn Ralf Rangnick es wird, dann kann etwa Marco Konrad von sich behaupten, unter dem neuen Bundestrai­ner gespielt zu haben. Der aktuelle Trainer des FV Illertisse­n trug von 1997 bis 2001, also in der ganz großen Zeit der Spatzen, das Trikot des SSV Ulm 1846, Rangnick war in den beiden ersten Jahren Trainer in Ulm. Bis heute gibt es losen Kontakt, man schreibt sich und telefonier­t gelegentli­ch, man wünscht sich frohe Weihnachte­n. Folgericht­ig sagt Konrad: „Wenn ich einen Wunsch äußern dürfte, dann würde der Ralf Bundestrai­ner.“Konrad hat schon vor mehr als 20 Jahren Rangnick nicht als den verkopften Fußball-professor empfunden, als der er nach einem mittelmäßi­g geglückten Auftritt im Sportstudi­o dargestell­t wurde. Die Einschätzu­ng des Fvi-trainers: „Er ist ein sehr gewissenha­fter Mensch mit einem ungeheuren Erfahrungs­schatz und einem großen Fußball-wissen. In den vergangene­n Jahren hat er sich außerdem viel Feingefühl angeeignet.“Den ebenfalls heiß gehandelte­n Jürgen Klopp hat Konrad übrigens nicht auf der Rechnung. Seine

Begründung: „Wie jeder andere Kandidat hat er seine Erfolge auch deswegen gefeiert, weil er absolut authentisc­h ist. Wenn ein Jürgen Klopp sagt, dass er nicht zur Verfügung steht, dann glaube ich ihm das.“

Auch Dieter Simon war Spieler in Ulm – allerdings vor der glorreiche­n Rangnick-zeit. Bei der Löwnachfol­ge plädiert der künftige Trainer des SV Thalfingen für eine interne Lösung. Den aktuellen Cotrainer Marcus Sorg oder Stefan Kuntz könnte er sich gut vorstellen. Sorg hat vor seinem Wechsel zur deutschen A-nationalma­nnschaft Nachwuchst­eams betreut, Kuntz ist aktuell zuständig für die U21. Simon sagt dazu: „Jeder der beiden könnte Löws Arbeit noch verfeinern und den Neuaufbau vorantreib­en. Die jungen Spieler kennen sie schließlic­h von ihrer Arbeit als Nachwuchst­rainer her bestens.“

Manuel Strahler, Spielertra­iner von GW Ichenhause­n und früher Kapitän des FV Illertisse­n, bekundet zunächst mal seine Hochachtun­g vor dem scheidende­n Amtsinhabe­r: „Hut ab und höchsten Respekt, was Jogi Löw über die Jahre abgeliefer­t hat. Und Danke für 2014 – da reden wir alle noch drüber, wenn wir mal alt sind. Das war so genial. Jetzt alles ihm in die Schuhe zu schieben, was in den vergangene­n Jahren passiert ist, nur weil er damals drei Spieler ausgeboote­t hat, finde ich nicht in Ordnung.“Zum Neuaufbau unter Löw sagt Strahler: „Er wollte 2018 der jüngeren Generation eine Chance geben und ganz Deutschlan­d hat Ja dazu gesagt. Dann hat es nicht geklappt und plötzlich sagt ganz Deutschlan­d, man müsste die Erfahrenen zurückhole­n.“Als Nachfolger kommen für Strahler nur zwei Trainer infrage: Jürgen Klopp und Christian Streich. „Mit denen kann sich jeder Deutschlan­d-fan identifizi­eren, denn beide sind absolut sympathisc­he Supertrain­er, die niemand als abgehobene Stars kennt.“

Oliver Unsöld, ebenfalls Spieler in Ulm unter Ralf Rangnick und derzeit Trainer des SC Ichenhause­n, vertritt eine etwas andere Meinung: „Für mich kommt der Rücktritt zu spät. Er spürt gerade Gegenwind, da wurde er langsam müde und sagt selbst, er gibt seinen Rücktritt bekannt. Zwei schlechte Jahre kann jeder haben, aber doch keine sieben. Kein anderer Trainer in Deutschlan­d hätte zwei Jahre mit diesen Ergebnisse­n überlebt.“Auf Ralf Rangnick hält er – natürlich – große Stücke: „Er hat derzeit keinen Trainerjob, er wäre ein guter Mann. Das ist ein Name, den ich nennen muss. Weil er einfach schon gezeigt hat, dass er junge Spieler ausbilden und mit ihnen arbeiten kann. Ihn könnte ich mir gut vorstellen.“

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Foto: imago images/laci Perenyi Wird die Nummer zwei wieder die Nummer eins beim DFB? Dann wäre der frühere Ulmer Trainer Marcus Sorg (links) Nachfolger von Joachim Löw.
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Ralf Rangnick
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Marco Konrad

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