Rote Zahlen trüben die Stimmung im Kreistag
Finanzen Trotz Krise investiert der Landkreis Neu-ulm in diesem Jahr 17 Millionen Euro. Doch der Haushalt birgt auch viel Frustpotenzial
Landkreis Der Neu-ulmer Kreistag hat den Haushalt 2021 mit einem Gesamtvolumen von 185 Millionen Euro bei drei Gegenstimmen beschlossen, also eigentlich mit großer Geschlossenheit. Dennoch gab es in der Sitzung in der Fuggerhalle in Weißenhorn einige kritische Anmerkungen seitens der Kreisräte. Für gedrückte Stimmung sorgte vor allem die finanzielle Lage der Kreiskliniken – auch mit Blick auf die nächsten Jahre.
Der Landkreis muss tief in die Tasche greifen: Die Personalkosten steigen, die Ausgaben für den sozialen Bereich, ebenso die Umlage, die an den Bezirk überwiesen werden muss.
Dazu kommen die finanziell angeschlagenen Kliniken der Kreisspitalstiftung, die heuer ein Minus von 13,7 Millionen Euro erwarten. Unterm Strich steht deshalb im Haushalt 2021 ein Verlust in Höhe von knapp 3,8 Millionen Euro.
Dennoch stellte der neue Kreiskämmerer Dominic Tausend den ersten von ihm verantworteten Haushalt unter das Motto „Solide Finanzen in schwierigen Zeiten“. Denn trotz der prekären Lage investiert der Kreis dieses Jahr etwa 17 Millionen Euro und verzichtet auf eine Erhöhung der Kreisumlage. Der Hebesatz bleibt bei 47 Prozent. Vertreter aller Fraktionen hoben diesen Aspekt lobend hervor und waren sich darin einig, dass die Gemeinden in ihrer ohnehin schwierigen Lage nicht über Gebühr belastet werden dürften.
„Das ist ein wichtiges Signal“, meinte Erich Winkler (CSU). Er verwies darauf, dass der Landkreis nach wie vor viele Millionen in Bildung investiere und beispielsweise 4,3 Millionen Euro in den Ausbau des ÖPNV stecke. In den vergangenen Jahren sei zudem ein konsequenter Schuldenabbau betrieben worden. 2015 habe der Schuldenstand noch bei 30,6 Millionen Euro gelegen, 2020 nur noch bei 13,4 Millionen Euro.
Ab diesem Jahr gerät der Landkreis allerdings immer stärker in die Miesen, wie Helmut Meisel (Grüne) darlegte. Ende dieses Jahres würden die Schulden laut Plan auf 18,6 Millionen Euro steigen, bis 2024 sogar auf 43,5 Millionen. Er beklagte die hohen Verluste der Kreiskliniken: „Wir schieben immer weiter ein hohes Defizit vor uns her.“Meisel übte zudem Kritik an der Sparkasse Neu-ulm-illertissen. Diese sei aufgrund ihrer Gemeinnützigkeit eigentlich verpflichtet, ihren Gewinn an die Kommunen auszuschütten, was aber nicht erfolgt sei. Der Landrat solle hier endlich aktiv werden. „Man hat manchmal den Eindruck, das Landratsamt ist ein Schlaflabor“, so Meisel. „Wacht endlich auf.“
„Sie haben Ihre Glaubwürdigkeit in zwei Sätzen desavouiert“, erwiderte Landrat Thorsten Freudenberger (CSU) in Richtung Meisel, der zuvor ein besseres Miteinander im Kreistag eingefordert hatte. „Sie sind doch Mitglied im Zweckverband, wieso haben Sie Ihre Rede nicht dort gehalten?“Außerdem sei es eine Sachfrage, ob die Sparkasse Gewinne abführe oder nicht. Das Geldinstitut solle bei Gelegenheit dazu Stellung nehmen.
„Es ist schade, dass sich beim Lessing-gymnasium Neu-ulm deutliche finanzielle Verschiebungen ergeben“, monierte Kurt Baiker (FW). Die Haushaltssätze seien für 2021 um zwei Millionen Euro gekürzt worden und die Bauzeit sei um ein Jahr nach hinten geschoben worden. „Das heißt, wir werden es wohl kaum schaffen, das Gymnasium in dieser Wahlperiode funktionsfähig zu errichten.“Mit Blick auf die Situation der Kreiskliniken sagte Baiker: „Es darf schon ein Defizit geben, aber nicht so eines.“Die prognostizierten Zahlen nähmen jegliche Hoffnung, dass es finanziell besser werde, im Gegenteil. Die für 2022 und 2023 vorausgesagten Verluste könnten ihre Ursache nicht in der Corona-pandemie haben.
Auf die Menschen hinter den Zahlen der Krankenhäuser zielte Ulrich Schäufele (SPD) in seiner Rede ab. „Was hier von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern geleistet wird, ist herausragend.“Das Personal brauche jedoch mehr als ein Dankeschön und Beifall. Immer noch seien etliche Mitarbeiter, etwa Reinigungskräfte, in eine Servicegesellschaft ausgegliedert. Die Spd-fraktion werde sich dafür einsetzen, dass die 120 Betroffenen zurück in die Kreisspitalstiftung geholt und künftig besser bezahlt werden. „Wir müssen uns von der utopischen Vorstellung verabschieden, dass die klinische Gesundheitsversorgung in unserem Landkreis mit einer schwarzen Null abgeschlossen werden kann“, sagte Johann Deil (JU). Christina Zimmermann (FDP) machte sich dafür stark, „einen Zweckverband digitale Bildung für unsere Region“zu gründen. Krimhilde Dornach (ÖDP) forderte einen konsequenten Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im Landkreis, beispielsweise mit dem zweigleisigen Ausbau der Illertalbahn oder mit dem Bau einer Straßenbahn zwischen Ulm und Neu-ulm.