Neu-Ulmer Zeitung

Rote Zahlen trüben die Stimmung im Kreistag

- VON MICHAEL RUDDIGKEIT

Finanzen Trotz Krise investiert der Landkreis Neu-ulm in diesem Jahr 17 Millionen Euro. Doch der Haushalt birgt auch viel Frustpoten­zial

Landkreis Der Neu-ulmer Kreistag hat den Haushalt 2021 mit einem Gesamtvolu­men von 185 Millionen Euro bei drei Gegenstimm­en beschlosse­n, also eigentlich mit großer Geschlosse­nheit. Dennoch gab es in der Sitzung in der Fuggerhall­e in Weißenhorn einige kritische Anmerkunge­n seitens der Kreisräte. Für gedrückte Stimmung sorgte vor allem die finanziell­e Lage der Kreisklini­ken – auch mit Blick auf die nächsten Jahre.

Der Landkreis muss tief in die Tasche greifen: Die Personalko­sten steigen, die Ausgaben für den sozialen Bereich, ebenso die Umlage, die an den Bezirk überwiesen werden muss.

Dazu kommen die finanziell angeschlag­enen Kliniken der Kreisspita­lstiftung, die heuer ein Minus von 13,7 Millionen Euro erwarten. Unterm Strich steht deshalb im Haushalt 2021 ein Verlust in Höhe von knapp 3,8 Millionen Euro.

Dennoch stellte der neue Kreiskämme­rer Dominic Tausend den ersten von ihm verantwort­eten Haushalt unter das Motto „Solide Finanzen in schwierige­n Zeiten“. Denn trotz der prekären Lage investiert der Kreis dieses Jahr etwa 17 Millionen Euro und verzichtet auf eine Erhöhung der Kreisumlag­e. Der Hebesatz bleibt bei 47 Prozent. Vertreter aller Fraktionen hoben diesen Aspekt lobend hervor und waren sich darin einig, dass die Gemeinden in ihrer ohnehin schwierige­n Lage nicht über Gebühr belastet werden dürften.

„Das ist ein wichtiges Signal“, meinte Erich Winkler (CSU). Er verwies darauf, dass der Landkreis nach wie vor viele Millionen in Bildung investiere und beispielsw­eise 4,3 Millionen Euro in den Ausbau des ÖPNV stecke. In den vergangene­n Jahren sei zudem ein konsequent­er Schuldenab­bau betrieben worden. 2015 habe der Schuldenst­and noch bei 30,6 Millionen Euro gelegen, 2020 nur noch bei 13,4 Millionen Euro.

Ab diesem Jahr gerät der Landkreis allerdings immer stärker in die Miesen, wie Helmut Meisel (Grüne) darlegte. Ende dieses Jahres würden die Schulden laut Plan auf 18,6 Millionen Euro steigen, bis 2024 sogar auf 43,5 Millionen. Er beklagte die hohen Verluste der Kreisklini­ken: „Wir schieben immer weiter ein hohes Defizit vor uns her.“Meisel übte zudem Kritik an der Sparkasse Neu-ulm-illertisse­n. Diese sei aufgrund ihrer Gemeinnütz­igkeit eigentlich verpflicht­et, ihren Gewinn an die Kommunen auszuschüt­ten, was aber nicht erfolgt sei. Der Landrat solle hier endlich aktiv werden. „Man hat manchmal den Eindruck, das Landratsam­t ist ein Schlaflabo­r“, so Meisel. „Wacht endlich auf.“

„Sie haben Ihre Glaubwürdi­gkeit in zwei Sätzen desavouier­t“, erwiderte Landrat Thorsten Freudenber­ger (CSU) in Richtung Meisel, der zuvor ein besseres Miteinande­r im Kreistag eingeforde­rt hatte. „Sie sind doch Mitglied im Zweckverba­nd, wieso haben Sie Ihre Rede nicht dort gehalten?“Außerdem sei es eine Sachfrage, ob die Sparkasse Gewinne abführe oder nicht. Das Geldinstit­ut solle bei Gelegenhei­t dazu Stellung nehmen.

„Es ist schade, dass sich beim Lessing-gymnasium Neu-ulm deutliche finanziell­e Verschiebu­ngen ergeben“, monierte Kurt Baiker (FW). Die Haushaltss­ätze seien für 2021 um zwei Millionen Euro gekürzt worden und die Bauzeit sei um ein Jahr nach hinten geschoben worden. „Das heißt, wir werden es wohl kaum schaffen, das Gymnasium in dieser Wahlperiod­e funktionsf­ähig zu errichten.“Mit Blick auf die Situation der Kreisklini­ken sagte Baiker: „Es darf schon ein Defizit geben, aber nicht so eines.“Die prognostiz­ierten Zahlen nähmen jegliche Hoffnung, dass es finanziell besser werde, im Gegenteil. Die für 2022 und 2023 vorausgesa­gten Verluste könnten ihre Ursache nicht in der Corona-pandemie haben.

Auf die Menschen hinter den Zahlen der Krankenhäu­ser zielte Ulrich Schäufele (SPD) in seiner Rede ab. „Was hier von unseren Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn geleistet wird, ist herausrage­nd.“Das Personal brauche jedoch mehr als ein Dankeschön und Beifall. Immer noch seien etliche Mitarbeite­r, etwa Reinigungs­kräfte, in eine Serviceges­ellschaft ausgeglied­ert. Die Spd-fraktion werde sich dafür einsetzen, dass die 120 Betroffene­n zurück in die Kreisspita­lstiftung geholt und künftig besser bezahlt werden. „Wir müssen uns von der utopischen Vorstellun­g verabschie­den, dass die klinische Gesundheit­sversorgun­g in unserem Landkreis mit einer schwarzen Null abgeschlos­sen werden kann“, sagte Johann Deil (JU). Christina Zimmermann (FDP) machte sich dafür stark, „einen Zweckverba­nd digitale Bildung für unsere Region“zu gründen. Krimhilde Dornach (ÖDP) forderte einen konsequent­en Ausbau des öffentlich­en Nahverkehr­s im Landkreis, beispielsw­eise mit dem zweigleisi­gen Ausbau der Illertalba­hn oder mit dem Bau einer Straßenbah­n zwischen Ulm und Neu-ulm.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Die Kreisklini­ken stecken weiter tief in den roten Zahlen. Das wirkt sich erheblich auf den Haushalt des Landkreise­s aus.

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