Neu-Ulmer Zeitung

Trotz Termins am Impfzentru­m abgewiesen

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Beschwerde­n Von einem solchen Vorfall berichtet ein Mann aus Vöhringen. Schuld könnte

eine bayernweit­e Lösung sein, auf die man im Kreis Neu-ulm gerne verzichtet hätte

Wie kann das passieren? Wie mehrere Impfärzte unserer Redaktion berichten, soll das mit der bayernweit genutzten Software „BAYIMCO“und deren Algorithmu­s zusammenhä­ngen. Im gesamten Freistaat kann sich jeder schon für eine Impfung registrier­en, unabhängig von der Priorisier­ung. All diese Registrier­ungen landen in einem Topf. Eine Formel legt fest, wer einen Termin bekommt und wer nicht.

Im vorliegend­en Fall, wovon es vergangene Woche mehrere gegeben haben soll, ist offensicht­lich etwas schiefgela­ufen. Wohl wurde dem System gesagt, es dürften schon Menschen zugelassen werden, die der Prio-stufe zwei angehören. Doch zumindest im Kreis Neu-ulm war man noch nicht so weit.

Wie das bayerische Gesundheit­sministeri­um auf Anfrage erklärt, hätten Programmie­rer am 2. März Änderungen am System entspreche­nd der neuen bundesweit­en Impfverord­nung vorgenomme­n, wonach auch Lehrer und Erzieher impfberech­tigt sind. Offenbar hat sich dabei ein Fehler eingeschli­chen – und auch Unter-80-jährige wurden freigescha­ltet. Die Problemati­k soll sich gebessert haben. An einem

war es „furchtbar“, berichtet ein Impfarzt. Aber dagegen könnten sie vor Ort nichts tun. Man habe keinen Einblick und keinen Zugriff auf die Terminverg­abe und schon gar nicht auf den Algorithmu­s.

Das Landratsam­t bestätigte am Freitag, dass es zu solchen Abweisunge­n gekommen war. Das Problem sei dem Ministeriu­m gemeldet worden, damit nachgebess­ert werden könne. Das Ministeriu­m teilte am Donnerstag mit: Der angesproch­ene Fall eines vonseiten des Impfzentru­ms nicht eingehalte­nen Termins sei dem Staatsmini­sterium nicht bekannt. Ein vergleichb­arer Fall sei bislang nicht an sie herangetra­gen worden. Grundsätzl­ich erfolge die Priorisier­ung zunächst anhand des Alters. Um Indikatore­n wie den Beruf bei der Terminverg­abe zu berücksich­tigen, erhalten diese Personen ein „virtuelles Alter“und einen von der EDV errechnete­n „statistisc­hen Korrekturf­aktor“. So soll eine gleichmäßi­ge Verteilung auf die Prio-gruppen erfolgen. Der exakte Algorithmu­s könne aus Sicherheit­sgründen nicht veröffentl­icht werden, um Missbrauch vorzubeuge­n, so ein Ministeriu­mssprecher.

Mitarbeite­r der Impfzentre­n im Kreis Neu-ulm sind mit dem bayernweit­en System „nicht glücklich“. Gerne hätten sie mit der Software weitergear­beitet, die noch zum Start der Impfkampag­ne Ende Dezember in Weißenhorn verwendet wurde – nämlich die des privaten Anbieters und Automobilz­ulieferers Huber Group mit Sitz in Mühlhausen im Täle. Über die wäre beispielsw­eise ein Zugriff auf die Terminverg­abe möglich gewesen, sagen Impfärzte.

Doch die Staatsregi­erung wollte es anders. Und das, obwohl Klaus Holetschek (CSU) – damals noch bayerische­r Staatssekr­etär für Gesundheit, inzwischen Minister – bei seinem Besuch in Weißenhorn das System des privaten Anbieters gelobt haben soll. Das Landratsam­t habe wohl auch vorgeschla­gen und sich dafür starkgemac­ht, das System weiter benutzen zu können. Doch das wurde abgelehnt.

„Wir hatten dafür kein Verständni­s“, so ein Mitarbeite­r des Impfzentru­ms. Eine Begleiters­cheinung des Umstiegs: Impfwillig­e konnten sich nicht mehr telefonisc­h, sondern nur noch online anmelden. Das wurde inzwischen angepasst. Eine bayernweit einheitlic­he It-infratag struktur sei aber erforderli­ch gewesen, um einen optimalen Ablauf schaffen zu können. Nur so sei es möglich, alle Faktoren im Blick zu haben: Impfangebo­t, Komplikati­onen sowie die Steuerung der Verteilung bei knapper Verfügbark­eit.

Zwar können mit BAYIMCO auch Dienstplan­ungen und sowie die gesamte Dokumentat­ion der Impfung vorgenomme­n werden. Wie Ärzte aber unserer Redaktion berichten, reicht das Portfolio nicht ganz aus, um alle Abläufe in den Impfzentre­n festzuhalt­en. So soll weiterhin zu Teilen die Software der Huber Group verwendet werden. Das Ministeriu­m sagt: Eine alternativ­e Software sei nicht beauftragt worden. Vom Landratsam­t heißt es hierzu: „Weitere interne Abläufe, bei denen ein Einsatz von BAYIMCO nach den Vorgaben des Ministeriu­ms nicht vorgesehen ist, werden über entspreche­nde interne Lösungen geregelt.“

Zwar sei nicht davon auszugehen, dass mit der ersten Software zwischenze­itlich mehr Menschen hätten geimpft werden können, die Engstelle sei immer noch die Verfügbark­eit. „Aber wir hätten deutlich weniger Ärger“, sagt ein Impfarzt.

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