Ein Dach der ungeahnten Möglichkeiten
Sanierung Energieberater der Verbraucherzentralen zeigen, was Hausbesitzer tun können, um Energie zu sparen.
Das schont den Geldbeutel und das Klima. Bereits mit wenigen Mitteln sind spürbare Veränderungen möglich
Augsburg/graben So viele Fragen. Rüdiger Landto will eigentlich Antworten hören. Doch jetzt muss er Energieberaterin Monika Gebhard erst einmal selbst antworten: Wie viele Personen wohnen im Haus? Wann wurde es gebaut? Wie groß ist es? Wie viel Strom verbraucht die Familie Landto im Jahr? Wie viele Elektrogeräte hat sie? Wie viel Wasser verbraucht sie? Und so weiter. Monika Gebhard nickt immer wieder und tippt die Daten in ihren Computer ein. Im Nachgang wird sie eine Art Gutachten mit Empfehlungen erstellen, wie Familie Landto möglichst effizient Energie sparen kann. Dann geht es endlich los.
Wie viele Verbraucher überlegt der Familienvater, das Eigenheim der vierköpfigen Familie in Graben bei Augsburg zu sanieren und mit klimafreundlicher Technik auszustatten. Die Energieberaterin helfe bei der Entscheidung, sagt Landto. Der Gebäude-check ist eine Aktion des Energie- und Umweltzentrums Allgäu (EZA) in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen. Er dauert etwa zwei Stunden und kostet 30 Euro. Für Landto ein willkommenes Angebot: „Man liest ja über erneuerbare Energien und Sanierungen. Aber so richtig informiert, was ich selbst tun kann, hatte ich mich noch nicht.“
Zwar ist das Haus, in dem Landto mit seiner Ehefrau und zwei Kindern lebt, erst 20 Jahre alt. Doch energetisch ist es keineswegs auf dem neuesten Stand. „Als wir gebaut haben, war das Thema Klimaschutz noch nicht so präsent. Wir haben einfach so gebaut, wie damals alle gebaut haben“, sagt Landto. Konkret heißt das: etwa 200 Quadratmeter beheizte Wohnfläche, fast 7000 Kilowattstunden Stromverbrauch im Jahr.
Erster Stopp auf dem gemeinsamen Rundgang durch das Haus jetzt erst einmal: die Heizung. Energieberaterin Gebhard hat schon wieder Fragen: Um wie viel Uhr heizt der Wasserboiler auf? Wann schaltet der Brenner ab? Jeder müsse selbst entscheiden, wie viel Komfort er braucht, sagt Gebhard. „Wir Energieberater wollen nur anregen, nichts vorschreiben.“Eine gute Nachricht hat sie schon jetzt: Mit vergleichsweise geringen Mitteln könne man spürbar Energie- und Heizkosten sparen. Alte, ineffiziente Heizungspumpen etwa zählen oft zu den größten Verbrauchern im
Haushalt. Auch der Austausch von Tür- und Fensterdichtungen kann Heizkosten sparen. In Landtos Fall zieht kalte Luft von außen ins Wohnzimmer. „Die Schiebetür schließt nicht mehr richtig“, entdeckt die Beraterin. Bei der Begehung weiterer Zimmer legt sie Landto den Austausch von Halogenstrahlern mit Led-leuchten nahe. In der Küche ein kurzer Blick auf die Geräte. Alte Stromfresser mit modernen Geräten auszutauschen, sei oft sinnvoll, sagt Gebhard. „Gerade in Zeiten von Homeoffice lohnt es sich umso mehr, genauer auf die einzelnen Verbräuche zu schauen.“
Weiter geht es in den Garten. Die beiden werfen einen Blick von unten auf das Dach. Zu sehen sind schwarze Dachplatten. Gebhard sieht mehr: eine ungenutzte Chance. Landtos Dachfläche sei prädestiniert für Solar-panels oder Solarthermie-kollektoren. Bei Sonnenkollektoren, also thermischen Anlagen für den Warmwasserkreislauf, fördert der Staat bis zu 30 Prozent.
Eine sogenannte Erneuerbareenergien-hybridheizung, also eine Kombination von zum Beispiel Solar, Wärmepumpe und Biomasse, wird bis zu 35 Prozent gefördert.
Wegen stark gesunkener Preise von Photovoltaikmodulen ist selbst auf dem Dach produzierter Solarstrom sehr beliebt. Laut EZA kostet eine Kilowattstunde aus Eigenproduktion zehn bis 14 Cent und liegt damit bei nur etwa einem Drittel der marktüblichen Strompreise. Moderne Batteriespeicher ermöglichen eine hohe Eigenverbrauchsquote, manche Haushalte sind sogar beim Strom autark. Überschüssigen Strom kann man ins Netz einspeisen und bekommt dafür Geld.
In Deutschland gehen etwa 30 Prozent des Verbrauchs fossiler Brennstoffe auf das Beheizen von Wohnraum zurück. Investitionen in die Gebäudedämmung hat daher ein hohes Einsparpotenzial. Landto überlegt sich, nachzubessern. Wegen Abgaben auf Co2-emissionen wird Heizen mit Öl und Gas perspektivisch immer teurer. Ob Wärmepumpe, Pellets, Fernwärme oder Solarthermie – ein Heizungstausch kann langfristig Geld sparen und wird ebenfalls vom Staat bezuschusst. Beim Austausch einer Ölviel heizung mit einer umweltschonenden Alternative bis zu 45 Prozent. Gebhard nennt eine Grundregel: Eine Anlage müsse zum Gebäude und seinem Standort passen, ein allgemeingültiges Erfolgsrezept gebe es nicht. Auch weil Kommunen in ihren Bebauungsplänen eigene Richtlinien aufstellen. Unabhängige, von Verbraucherzentralen beauftragte Energieberater kennen lokale Umstände und beraten individuell. Bevor man ein Unternehmen beauftragt, sollte der Förderantrag gestellt werden.
Für Rüdiger Landto hat sich der Gebäude-check mit Beraterin Gebhard gelohnt. Die Familie plant nun, mittelfristig eine Thermie- und Solarstromanlage auf der Südseite des Dachs zu bauen. Die Heizungskammer muss dafür baulich vergrößert werden, weil ein größerer Boiler und Stromspeicher Platz braucht. Strom vom eigenen Dach ist für Landto auch deshalb interessant, weil er in absehbarer Zeit ein Elektroauto kaufen will.
Ein Patentrezept für den Erfolg gibt es nicht
Beratung Die EZA hat unter www.ezaenergieberatung.de diverse Checks im Angebot. Wegen Corona müssen Interessierte für einen Termin mit einer gewissen Vorlaufzeit rechnen.