Wenn das Auto einmal selbst zum Waschen fährt
Technik Die Experten des Augsburger Waschanlagenherstellers Washtec denken weit in die Zukunft
Augsburg Visionen für die Zukunft gibt es beim Waschanlagenbauer Washtec in Augsburg einige. Jüngst hatte man dort während einer Veranstaltung mit Studenten überlegt, ob autonom fahrende Autos sich irgendwann einmal auch selbstständig auf den Weg in die Waschanlage machen. Vielleicht nachts, wenn der Besitzer sein Fahrzeug nicht braucht. Schon schlossen sich weitere Gedankengänge an: Muss die Fahrt durch die Waschstraße noch ein Erlebnis sein, so wie es heute mit Lichttechnik und buntem Schaum geboten wird? Denn der Kunde liegt im Bett, während sich sein Auto wäscht, und er bekommt nichts mit. Was bedeuten solche Überlegungen nun für Washtec?
„Das ist natürlich sehr, sehr weit in die Zukunft gedacht und tatsächlich nur ein Gedankenspiel“, sagt Vorstandsvorsitzender Ralf Koeppe, auch wenn die Digitalisierung und das Durchdenken von Zukunftsszenarien bei Washtec wichtige Faktoren sind. Seit fünf Jahren bereits sind die Maschinen aus Augsburg in der Cloud, also virtuell vernetzt. Der Zugriff ist von überall auf der Welt möglich. Das Unternehmen hat sich zudem ein digitales Leitbild gegeben und hierfür die bestehenden Strukturen im Unternehmen durch hierarchieübergreifende Teams ersetzt. So soll der Transformationsprozess weg vom reinen Maschinenbauer – wie er sich vor 135 Jahren noch unter dem Namen Kleindienst gegründet hat – hin zu einem modernen und digitalen Maschinenbauunternehmen gelingen.
Dabei geht es Koeppe, der seit Mitte 2019 an Bord ist, und seinem Team nicht nur um den Einzug der Digitalisierung in den Maschinenund Anlagenbau, sondern auch um digitale Geschäftsmodelle und Plattformen. Dazu gehört unter anderem die „Easycarwash“-app, mittels dieser der Kunde seine Autowäsche schon jetzt online buchen und kontaktlos bezahlen kann.
Vergangene Woche war Washtec zudem Partner der Ideation Week, einer Veranstaltung, bei der sich 25 Studierende der Universitäten Bayreuth und Augsburg sowie der Hochschule Augsburg mit der digitalen Zukunft der Autowäsche beschäftigt haben. „Es braucht mehr Differenzierung, als nur ein Spezialmaschinenbauer zu sein. Digitale Elemente werden zunehmend die einzige Möglichkeit, sich von Mitbewerbern abzuheben“, ist Anna-maria Oberländer, Habilitandin der Universität Bayreuth und Leiterin der Digitalen Innovationswerkstatt der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer FIT, überzeugt. Sie hat gemeinsam mit Christoph Buck, dem Initiator der Ideation Week, an der Universität Bayreuth das Projekt begleitet.
Für Koeppe eine spannende Zusammenarbeit: „Die Ideen der Studenten reichten von Vorschlägen für die noch stärkere Individualisierung der Autowäsche bis hin zu Konzepten, die dem Autofahrer noch mehr Sicherheitsgefühl beim Durchfahren der Waschstraßen geben.“Konkrete Projekte, die auch umgesetzt werden sollen, will das Unternehmen bald vorstellen. Aus Sicht der Unternehmensleitung erweitert die Digitalisierung die Möglichkeiten für den Kunden und erhöht im Idealfall die Umsatzzahlen für Washtec.
Im zurückliegenden Geschäftsjahr litten die Erlöse unter der Corona-krise. Der Umsatz sank von 436 Millionen in 2019 auf 379 Millionen Euro in 2020. Der Gewinn vor Steuern und Zinsen (Ebit) ging um rund 16 Millionen auf etwa 20 Millionen Euro zurück.
Im Rekordjahr 2018 lag das Ebit noch bei knapp 52 Millionen Euro. „Das sind keine Zahlen, die uns jubeln lassen, aber angesichts der Umstände sind wir mit diesem Ergebnis zufrieden“, sagte Koeppe. Mit einer bereinigten Ebit-rendite von 6,8
Prozent (2019: 8,8 Prozent) könne man leben. Nun ginge es darum, die Zeit nach der Krise für den Aufschwung zu nutzen. Dabei sollen nicht nur zuletzt entwickelte digitale Maschinen und Geschäftsmodelle dem Unternehmen einen Schub verleihen, sondern Washtec will auch am straffen Kostenmanagement festhalten. 2019 hatte sich das Unternehmen einen Sparkurs verordnet und auch Personal abgebaut. „Das ist abgeschlossen, wir werden uns aber bei jeder frei werdenden Stelle genau überlegen, ob wir sie wieder besetzen wollen“, räumt Koeppe ein.
Für das Gesamtjahr 2021 und vor dem Hintergrund der durch eine anhaltende Corona-pandemie bedingten Wirtschaftskrise geht Washtec von einer stabilen Umsatzentwicklung bei einem deutlichen Anstieg des Gewinns vor Steuern und Zinsen aus. Mittelfristig will der Augsburger Waschanlagenbauer aber wieder eine zweistellige Rendite erzielen.