Wenn ein Küken auf dem Sofa sitzt
Tiere Kuchen zum Geburtstag und gemeinsames Fernsehen auf dem Sofa: Huhn Ketchi genießt ein besonderes Hühnerleben inmitten seiner Familie in Pfaffenhofen. Wie es zu dieser kuriosen Geschichte kam
Pfaffenhofen Ketchi ist kein Huhn wie jedes andere. Statt auf der Stange im Stall zu sitzen, macht die Henne es sich gerne im Wohnzimmer auf dem Sofa bequem. Ketchi pickt auch nicht nach Körnern, sondern bekommt am Kaffeetisch in Pfaffenhofen frischen Hefezopf zu essen. Aber was hat ein Huhn auf dem Sofa verloren, wenn im Garten ein Hühnerstall steht? Dahinter steckt eine kuriose Geschichte.
Familie Arican aus Pfaffenhofen hat schon seit Langem Hühner. Vor vier Jahren brütete eins der Tiere und vier Küken schlüpften aus. Die Henne verließ mit ihren Kleinen das Nest, aber ein Ei blieb zurück. Nicole Arican schaute sich das näher an, spürte, wie schwer es ist, versuchte ihr Glück und tatsächlich: Nach zwei Tagen im Brutapparat schlüpfte der kleine Vogel. Am ersten Tag setzte Nicole Arican das Tierchen in eine Tupperdose und nahm es sogar mit ins Bett. Dann zog sie Ketchi unter einer Rotlichtlampe in einem Karton auf. Bald darauf schlief sie am liebsten auf der Mikrowelle oder hinter dem Mülleimer in der Küche.
Am Anfang fütterte Arican ihr Küken mit Quark aus einer kleinen Spritze, alle zwei Stunden – auch nachts. „Das ist wie mit einem kleinen Baby“, sagt Ketchis Ersatzmutter. Das Küken hatte erst noch ganz verdrehte Füßchen, inzwischen stakst es aber ganz stolz durch die Wohnung. Wie eine Glucke ihrem Nachwuchs das Picken beibringt, musste die Hühnerbesitzerin ihrer Ketchi auch das eigenständige Fressen zeigen. „Ein Schnabel ist mir aber noch nicht gewachsen“, sagt sie und lacht. Deshalb wurde die Famikreativ und kaufte einen Plüschvogel, mit dem sie Ketchi zeigte, wie man pickt.
Es funktionierte: Nach zwei Wochen konnte sie selbstständig fressen. Ihre erste feste Mahlzeit waren Tomaten, daher kommt auch ihr Name „Ketchi“, als Abkürzung für
Ketchup. „Tomaten liebt Ketchi bis heute noch. Sie mag nur keine grüne Nudeln, aber die mag ich auch nicht“, sagt Arican. Auch sonst muss das Tierchen nicht darben, es bekommt Reis, Müsli, Joghurt und Quark.
Nach vier Monaten kam das kleilie ne Huhn in den Stall zu den anderen Tieren. Aber aller Anfang ist schwer und das war er ganz besonders für Ketchi. In der Wohnung kennt sie sich aus und fühlt sich wohl. Anfangs im Stall hingegen fiepte das Huhn nach seiner Pflegemutter. Auch der fiel die Trennung schwer und sie holte das Federknäuel schnurstracks wieder ins Haus. Mit der Zeit gewöhnte sich Ketchi aber an den Stall und die anderen Vögel. „Und inzwischen ist sie der Boss unter den Hühnern“, sagt Nicole Arican.
Obwohl Ketchi im Stall wohnt, kommt sie jeden Tag ins Haus. Dort hat sie ihren festen Platz in der Küche. Wie für Katzen oder Hunde steht dort ein Napf für sie bereit, gefüllt mit Müsli, ihrer Leibspeise. „Katzen und Hunde sind ja auch süß, aber Ketchi ist was ganz Besonderes“, sagt Arican.
Inzwischen ist das Vögelchen ein festes Familienmitglied geworden. Wie Eltern die ersten Schritte ihrer Kinder festhalten, gibt es Videos von dem Huhn, wie es als kleines Küken durch die Wohnung flitzt. Auch das erste Ei wurde fotografiert. Heute ist Ketchi dreieinhalb Jahre alt, thront auf dem Sofa und feiert am 9. Mai ihren vierten Geburtstag mit Kuchen. Auch an Weihnachten bekommt das Huhn Geschenke.
Doch Ketchi ist auch ein sehr eigensinniges und gelegentlich freches Haustier, ihre pinkfarbene Hühnerwarnweste mag sie zum Beispiel nicht so gern tragen. Im Sommer flatterte das Huhn einmal auf die Hollywoodschaukel und pickte dort nach dem Eis am Stiel, das Nicole Aricans Mutter gerade essen wollte. Sie kommentiert die Erinnerung an dieses Ereignis schmunzelnd mit den Worten: „Ketchi ist einfach verfressen und verwöhnt.“
Aber die Familie lässt sie gewähren, denn Ketchi ist für sie ein ganz besonderes Haustier. Und deshalb darf sie, wenn es im Winter kalt wird, auch aufs Sofa hüpfen und mit fernsehen.